Motorrad-Raser sollen am Würgauer Berg nicht mehr wenden
Autor: Anna Lienhardt
Würgau, Dienstag, 02. Juni 2015
Am Montag ist ein 21-jähriger Motorradfahrer nach seinem Sturz am Würgauer Berg gestorben. Dabei hat die Stadt Scheßlitz die Strecke gerade erst baulich verändert, um Raser zu bremsen. Das Problem: Viele nutzen die Straße als Rennstrecke. Im Artikel finden Sie unter anderem Fotos der Baumaßnahmen.
Rauf und runter, immer wieder. Unten im Dorf ordentlich Gas geben, dann den Berg hochschüren, in die Kurven legen, oben auf der Würgauer Höhe umkehren und wieder ab durch den Wald bis nach unten in die Ortschaft.
Es ist ein Schauspiel, an das sich die Einwohner des Scheßlitzer Stadtteils Würgau jede Saison aufs Neue gewöhnen müssen: rasende Motorradfahrer, die den Berg vier, fünf Mal hintereinander fahren. "Wenn die aufdrehen, macht das einen Höllenlärm", sagt ein Würgauer, der nicht namentlich genannt werden möchte, und: "Das Rasen ist gefährlich."
So gefährlich, dass ein 21-Jähriger am Montag seinen schweren Verletzungen erlegen ist, die er sich bei einem Sturz mit seinem Motorrad am Sonntag zugezogen hatte. Es ist heuer der dritte registrierte Unfall, wie Peter Krauß von der Polizeiinspektion Bamberg-Land auf Anfrage mitteilt. "Zwei Unfälle mit Schwerverletzten plus einer mit Todesfolge. In allen Fällen waren die Motorradfahrer zu schnell", sagt der Polizeihauptkommissar.
Jede Saison stürzen Biker am Würgauer Berg. Doch manchmal steigen sie wieder auf und fahren weiter, nicht alle Fälle sind bekannt. So gab es vergangenes Jahr 16 registrierte Unfälle, 2013 waren es zehn. Der letzte tödliche Vorfall ist laut Polizeistatistik fünf Jahre her.
"Natürlich ist nicht jeder Motorradfahrer ein Raser. Es gibt auch die vernünftigen", sagt der Würgauer. Doch von denen, die noch mit 140 in den Ort brettern, gebe es genügend. "Wenn gegenüber auf dem Sportplatz eine Veranstaltung ist, drehen sie erst recht auf."
Immerhin: Die Warnbarken, die die Stadt am Ortseingang in einer trichterförmigen Einmündung aufgestellt hat, zeigen offenbar erste Wirkung. Laut des Würgauers könnten dort nun nicht mehr gleich 20 Biker halten, filmen oder wenden.
Verkehrsrowdys Spaß verderben
Auch für den weiteren Streckenverlauf hat sich die Stadtverwaltung überlegt, wie sie Rowdys den Spaß verderben kann. Bürgermeister Roland Kauper (CSU) erläutert die Maßnahmen, die bereits umgesetzt wurden: Die Warnbarken am Ortsausgang sollen im Laufe der Saison "durch etwas Festes" ersetzt werden.
Auf der Bergstrecke wurden bereits eine Einmündung, eine Feldwegzufahrt und eine Waldwegzufahrt "mit Erde aufgeschüttet, so dass sie verengt sind", erklärt der Bürgermeister. An der Einmündung des Waldweges in der sogenannten "Applaus-Kurve" gilt eh schon absolutes Halteverbot. Entlang der Kurve selbst soll im Herbst eine Hecke als Sichtschutz gepflanzt werden, damit es nichts mehr zu filmen gibt.
Nach einer Geraden kommt auf der rechten Seite ein Feld- und Waldweg, an dessen Einmündung oft Motorradfahrer stehen. Dort wurde das Schild "landwirtschaftlicher Verkehr frei" nach vorne versetzt. Oben auf der Würgauer Höhe gelangt man schließlich zu der Parkbucht, die komplett mit großen Steinen zugeschüttet ist. All diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass die Motorradfahrer weder halten noch wenden. "Das ist keine Rennstrecke mit Zuschauertribüne, kein Nürburgring - sondern der Würgauer Berg!", betont Kauper. Doch gerade durch den "Missbrauch" würden sich die Motorradfahrer "die Strecke selber kaputtmachen".
Den Vorwurf eines Bikers, dass die Straße nach der Wegnahme von Halte- und Wendemöglichkeiten noch gefährlicher geworden sei, bezeichnet der Bürgermeister als "unverschämt." "Warum muss man da überhaupt halten oder wenden? Das ist eine Straße, um von A nach B zu kommen." Kauper betont, dass er nichts gegen Biker habe, früher sogar selbst gefahren sei. Doch die Würgauer Bevölkerung sei teilweise der Verzweiflung nahe. Viele haben sogar schon Angst, mit dem Auto den Berg hinaufzufahren.
Strecke für Biker sperren?
Doch warum sperrt man die Strecke nicht einfach für Motorradfahrer? "Das ist rechtlich nicht zu machen", sagt Polizeihauptkommissar Peter Krauß. Da es sich um eine Autobahn-Umleitungsstrecke handle, habe jeder Verkehrsteilnehmer das Recht darauf, sie zu nutzen. Laut Bürgermeister Kauper habe man alles rechtlich mögliche getan, etwa den Großteil der Strecke auf Tempo 50 begrenzt. Außerdem sei die Polizei zu Kontrollen vor Ort und führe eine Verkehrszählung durch. Doch das Problem bleiben die Raser. "Das sind immer die, die verunglücken", sagt Polizist Krauß. "Solche Unfälle können wir nicht verhindern, wenn es diese Rennfahrer gibt."