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Mord lässt diese Puppen tanzen


Autor: Petra Mayer

, Donnerstag, 09. Juli 2009

"Ten Little Baby Dolls" nennt sich das mörderische Bühnenprojekt der Bamberg University English Drama Group. Am 13. Juli feiert das Stück im Gewölbekeller des E.T.A.-Hoffmann-Theaters Premiere. Wir sprachen mit Regisseur Uli Spies.
Dir Gruppe auf einen Blick: (hinten, von links) Dirk Müller, Oliver Danner, Davis Härtl und  Nikola Kraus (vorne, von links): Lisa-Maria Volk, Anna Sophie Roth, Janet Giehl       Foto: Martina Seckendorf


„Ten Little Baby Dolls“: Das klingt nach Spiel, Spaß und Spannung für Kinder und Erwachsene. Auf ein gruseliges Stück, das einem Schauer über den Rücken jagt, lässt der Titel nicht schließen. Aber genau das hat Regisseur Uli Spies im Sinn, wenn er bei dem Suspense-Drama in englischer Sprache ab 13. Juli im Gewölbekeller des E.T.A.-Hoffmann-Theaters die Puppen tanzen lässt. Wir baten ihn zum Gespräch.

Mit der irischen Tragikkomödie „Sive“ trat die University English Drama Group zuletzt 2007 in Erscheinung. Nach einjähriger Pause kredenzt man dem Publikum nun ein Drama frei nach Agatha Christie. Warum ausgerechnet Christie?
Uli Spies: Das Stück lehnt sich an Christies Thriller „Und dann gab’s keines mehr“ an. Den habe ich gelesen und wollte sofort diese unheimlich düstere Atmosphäre auf die Bühne bringen, die am Theater eben verhältnismäßig selten zu erleben ist. Der Gedanke reizte mich.

Kann man von den „Little Baby Dolls“ Parallelen zu Chucky, der Mörderpuppe, ziehen? Bauen Sie auf ähnliche Weise Ihre düster-schaurige Atmosphäre auf? 
Genau, „Chucky“. Ins richtige Licht gesetzt und entsprechend positioniert, können Babypuppen durchaus gruselig wirken. Erklingt dann noch das Kinderlied „Ten Little Baby Dolls“ im Stil des Soundtracks von „Rosemaries Baby“ – wobei es am Ende jedes Refrains einen Toten mehr gibt – dann ist das nichts für schwache Nerven.

Dabei steht jede Puppe für einen Protagonisten. Und die rafft’s im rasanten Tempo dahin. In welchem Kontext siedelten Sie das mörderische Spektakel an?
Zehn Leute werden auf eine Insel eingeladen. Sie alle blicken auf ein skandalöses Leben zurück. Die letzte Fähre legt ab. Aber der Gastgeber bleibt verschwunden. Er überlässt es einem Tonband, jeden Einzelnen des Mordes zu beschuldigen. Fortan kämpfen alle Beteiligten ums Überleben. Wer aber ist der Drahtzieher im Hintergrund? Und wo versteckt er sich? Das sind die zentralen Fragen.

Ähnlich wie bei der Krimikomödie „Eine Leiche zum Dessert“, in der auch Christies strickende Meisterdetektivin „Miss Marple“ karikiert wird. Halten Sie die Werke der Autorin mit leicht angestaubtem Charme noch für zeitgemäß?
Wir haben das Stück aus diesem Grund bewusst ins 21. Jahrhundert gesetzt. Von den Dialogen bis hin zur Kostümierung kann von „angestaubt“ also keine Rede sein.

Gibt es eine zentrale Botschaft, die Sie Besuchern über die „Baby Dolls“ vermitteln möchten?
Mir ging es darum, dem Publikum zu zeigen, in welchen Situationen Menschen zu Mördern werden, und wie Menschen mit Schuld umgehen.

Was haben Sie ganz persönlich über das Stück gelernt? Was beschäftigte Sie besonders?
Die Mechanismen, die in Menschen ablaufen, die schwere Schuld auf sich geladen haben. Bei vielen setzt Verdrängung ein, dann möglicherweise eine Schuldzuweisung an andere bis hin zur völligen Projektion. Zuletzt kommt es bei manchen zum Schuldeingeständnis – im Stück zumindest bei denen, die lange genug überleben.

Klingt nach psychologischem Sachverstand. Welche Fachrichtungen sind eigentlich in der University English Drama Group vertreten?
Ja, auch Psychologen gehören zu uns. Unsere Gruppe ist offen für alle Interessenten – egal welcher Studienrichtung. Die meisten Darsteller aber sind Anglisten.

Welchen Background haben Sie selbst? Sind die „Baby Dolls“ Ihr Regiedebüt?
Das Stück ist tatsächlich meine erste Regiearbeit. Ich habe zwar schon als Akteur auf der Bühne gestanden, aber noch keine Erfahrungen als Regisseur gesammelt. Als Student der Anglistik und Theaterwissenschaften im letzten Semester verbinde ich über die Drama Group eben zwei Interessen, die mir besonders am Herz liegen.

Am13. Juli findet im Gewölbekeller des E.T.A.-Hoffmann-Theaters nun ab 20.30 Uhr die Premiere von „Ten Little Baby Dolls“ statt. Wie lange hat die Gruppe auf diesen Moment hingearbeitet?
Das ganze Semester lang – jede Woche etwa vier Stunden.

Und wie bekämpfen Sie als Regisseur, der sein erstes Stück präsentiert, Ihr Lampenfieber?
Ich lenke mich mit viel Arbeit ab. Schließlich muss ich ganz nebenbei noch aufs Staatsexamen lernen.

Na dann: Toi toi toi!