Moderne Kunst von Weltrang für Bamberg?
Autor: Timo Stöhr
Bamberg, Sonntag, 10. März 2019
Nach seiner Renovierung könnte im Schloss Geyerswörth ein Museum für zeitgenössische Kunst von Weltrang untergebracht werden. "So eine Chance kriegt Bamberg nie wieder", meint der Bamberger Kunsthistoriker Wolfgang Brassat.
Schloss Geyerswörth. Ein Schmuckstück im Herzen der Stadt, das jetzt für sehr viel Geld - 17 Millionen Euro - aufwändig renoviert wird, und von dem noch nicht klar ist, wie es in Zukunft genutzt werden soll. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) kann sich gut vorstellen, aus dem Rathaus Geyerswörth ein Museum für moderne Kunst zu machen. Teile der Münchener Sammlung Goetz sollen in dem Residenzschloss untergebracht werden. Prompt gibt es Kritik. Schon im prachtvollen Alten Rathaus auf der Oberen Brücke sei mit dem Porzellanmuseum "Sammlung Ludwig" eine Ausstellung untergebracht, für die viele Bamberger nichts übrig hätten. Müsse nun auch noch Schloss Geyerswörth als Provinz-Dependance herhalten für eine Sammlung, die es nicht in die Münchner Museen geschafft habe?
"So ist das nicht", widerspricht Wolfgang Brassat, Professor an der Uni Bamberg und Inhaber des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, insbes. Neuere und Neueste Kunstgeschichte. Ingvild Goetz, 78, Tochter des Unternehmers Werner Otto (Otto-Versand), habe Kunstwerke von Weltrang gesammelt, von denen die Öffentlichkeit einige noch nie zu Gesicht bekommen habe.
Vorgeschmack 2020?
Von der größten Privatsammlung zeitgenössischer Kunst in Deutschland ist die Rede. Sie umfasst Gemälde und Skulpturen, Fotografien, Arbeiten auf Papier, Installationen, Filme und Videos. "Warum sollte man nicht die sich bietende Gelegenheit nutzen, eine Auswahl aus diesen Beständen dauerhaft, gegebenenfalls auch in Wechselausstellungen, in Bamberg zu präsentieren?", wirbt Brassat.
Es gibt, so Brassat, Überlegungen, die Sammlung Goetz im Sommer 2020 in einer Ausstellung in der Villa Dessauer zu präsentieren, "dann könnten die Bamberger Bürger einen Eindruck von ihrer herausragenden Qualität und Vielfalt gewinnen". Nachfolgend ein Interview mit Professor Wolfgang Brassat.
5000 Kunstwerke, die ausgestellt werden möchten
Herr Brassat, Ihr Kollege Professor Wilfried Krings, Historiker, hält nichts davon, aus Schloss Geyerswörth ein Museum zu machen. Schon gar keines, in dem dann Teile der Münchener Sammlung Goetz zu sehen sein sollen. Für Bamberg als Kulturstadt, so Krings, wäre eine Nebenstelle mit entbehrlichen Werken aus einem Münchener Privatmuseum keine Aufwertung. Bamberg besitze selbst genügend schlummernde Kulturschätze, die nicht angemessen präsentiert würden, und ein neues Museum sei nicht erstrebenswert.
Prof. Dr. Wolfgang Brassat: Dem ist entschieden und mit guten Gründen zu widersprechen. Der kulturelle Reichtum unserer Weltkulturerbe-Stadt steht außer Frage, doch er beruht zum größten Teil auf dem Erbe vormoderner Zeiten. Bamberg, immerhin eine Universitätsstadt mit einer wachsenden Zahl von mehr als 75 000 Einwohnern und dynamischer Wirtschaftsstandort, droht im Kern zu einer Museumsstadt zu werden. Die zeitgenössische Kunst ist hier völlig unterrepräsentiert und vielen Bewohnern war es sicherlich aus dem Herzen gesprochen, als vor einiger Zeit Nora Gomringer in einer öffentlichen Veranstaltung erklärte: "Wir lechzen nach Moderne!" Die Sammlung Goetz in Bamberg wäre ein enormer Gewinn für die Stadt, eine hochkarätige Bereicherung für ihr Kulturleben.