Mittagstisch für Senioren in Oberhaid - mit Kommentar
Autor: Anette Schreiber
Oberhaid, Sonntag, 18. Dezember 2016
Seit drei Jahren gibt es in der Gemeinde Oberhaid einen wöchentlichen Mittagstisch. Oft die einzige Gelegenheit für Ältere, sich einmal auszutauschen.
Mittwoch, halb zwölf. Vor der Alten Schule herrscht reger Verkehr. Die Garderobe ist schon dreiviertel voll. Im einstigen Schulsaal steht auf der Tafel fein säuberlich geschrieben: "Herzlich willkommen". Die Geräuschkulisse verrät entspannte Unterhaltung. Aus der kleinen Küche ziehen verführerische Duftschwaden in den Schulraum. Muss wohl auch, denn über 40 Senioren aus der Gemeinde sind zusammengekommen, um zu essen und Unterhaltung zu haben.
Für die sauber gedeckten Tische und die liebevolle Dekoration hat wie immer Hilmar Wedler gesorgt. Auch für den reibungslosen Hol-und Bringdienst. Persönlich begrüßt er jeden Gast und wuselt ansonsten scheinbar überall gleichzeitig herum, damit auch wirklich alles perfekt ist. Neben kleinen Zetteln mit Gebets- und Liedtexten findet sich immer auch ein kleines Blatt mit dem Konterfei einer älteren Dame: Maria Betz. Dank der nach ihr benannten Stiftung gibt es mit Hilmar Wedler einen "Kümmerer" in der Gemeinde. Einen, der sich um die Bedürfnisse der Älteren kümmert und 2013 den wöchentlichen Mittagstisch eingeführt hat. Augenscheinlich ein Segen für die älteren Herrschaften.
Irmgard Sperber (82) bezeichnet sich selbst als Gründungsmitglied, wie sie verschmitzt erklärt. Sie hat auch ihre Bekannte Gunda Heinrich (81) begeistern können. Und so freuen sich die beiden jede Woche auf den Mittwoch. "Viele hier sagen, das ist der schönste Tag der Woche", führt Irmgard Sperber dazu weiter aus. Gunda Heinrich nickt heftig. Viele hier habe man nur so vom Sehen gekannt und oftmals verkehrt eingeschätzt, weiß die 82-Jährige jetzt. Natürlich erfahre man hier auch Neues. Heute sitzen die Zwei unter anderem mit Hedwig Franzen (67), Eva Green (68), Hildegard Brödner (87), Ingrid Göhl (84) und Margarete Dorsch (87) am Tisch. Auch die sind nur voll des Lobes über die Einrichtung. "Sonst bin ich immer alleine. Hier komme ich wenigstens wieder unter Leute", sagt Eva Green. Das "prima Essen" lobt Margarete Dorsch und Ingrid Göhl ergänzt, "da bildet sich Kameradschaft, man kommt ja sonst nicht mehr fort."
Flotte ehrenamtlicher Fahrer
Damit die Senioren aus Oberhaid, Staffelbach und Unterhaid überhaupt zur dortigen Alten Schule gelangen, gibt es eine Flotte ehrenamtlicher Fahrer, so wie Gabi Neu (62). "Und wenn ich schon mal da bin, bleibe ich gleich selbst zum Essen." Sie macht das seit dem Frühjahr und erlebt hautnah, wie gerne die Senioren hierher kommen. Selber kochen schließlich die wenigsten für sich noch Mahlzeiten mit Suppe, Hauptgericht und Nachspeise, ist ihre Erfahrung.Dafür zeichnet das ehrenamtliche Küchenteam verantwortlich. Elisabeth Müller (65) kauft alles ein und bereitet es bei sich daheim zu. Hauswirtschaftsmeisterin Marietta Ruß (80) leitet in Bamberg gleichfalls "so einen Tisch, " wie sie es nennt. Sie hat hier sozusagen die "fachliche Leitung", während Friederike Remane (73) immer für Nachschub an sauberem Geschirr sorgt und Onon Murr (50) bedient und abräumt. Das Feedback der Gäste ist ihnen Lohn und Motivation zugleich. "Ein Tag Lachen und Sprechen, das ist wunderschön" kommentiert Murr ihre Beobachtungen im Speiseaal. Als "gut angelegte Zeit" empfindet die Bamberger Hauswirtschaftsmeisterin ihre Unterhaid-Dienste und die lustige Truppe in der Küche gefällt Spülfrau Remane. "Es macht einfach Spaß", strahlt Köchin Müller.
Die Stimmung ist prima, Hilmar Wedler als Wohlfühlfaktor auf zwei Beinen im Einsatz. Dafür, dass er sich noch intensiver um kümmern und organisieren kann, stockt die Gemeinde seine Wochenstunden von 20 auf 30 auf.
"Einzigartig und vorbildlich" lobt die Generationenbeauftragte des Landkreises Sina Wicht den Oberhaider Mittagstisch. "So was gibt es sonst nirgendwo im Landkreis." Wohl auch nicht die vielen Angebote für die Älteren, weshalb sich die aus Hof stammende Gisela Görtler (75) entschied, den Lebensabend hier zu verbringen. Bürgermeister Carsten Joneitis, der öfter den Mittwochs-Mittagstisch mit den Älteren verbringt, sieht den Kurs der Gemeinde bestätigt. Kein Wunder, dass ihn die muntere Runde mit einem Applaus verabschiedet.
Kommentar von Redakteurin Anette Schreiber
Ein gelungenes Modell
Von wegen nur schlechte Nachrichten seien gute Nachrichten. Seit drei Jahren gibt es für Oberhaids ältere Menschen einen wirklichen Hoffnungsträger und Heilsbringer: Hilmar Wedler. Sozusagen ein professioneller Kümmerer, finanziert über den Nachlass einer großherzigen Bäuerin und der nach ihr benannten Stiftung. Allein schon das ein Segen.
Weil die Arbeit für Wedler weit mehr als ein Job, sondern Herzensangelegenheit ja Mission ist, hat er ein feines Gespür für das, was ältere Menschen wirklich brauchen. Hilfe beim Schnee schieben, Einkäufen oder auch gegen die Einsamkeit. Eine geniale Eingebung die Idee mit dem Mittagstisch am Mittwoch. Das Highlight für viele Ältere und offenbar ein Volltreffer. Erschütternd, dass der Mittagstisch oftmals die einzige Gelegenheit darstellt, zu kommunizieren. Gut ist die Regelmäßigkeit der Veranstaltung, die auch eine gewisse Struktur gibt. Der Mittagstisch ist ein wichtiger Beitrag für die nicht mehr jungen Menschen, ein wertvoller Mosaikstein.
Dass noch Weiteres erforderlich ist und Wedler inzwischen genau weiß was und wo, hat die Gemeinde erkannt und sich finanziell mit eingebracht. Ein Modell, das gerne Schule machen darf.