Druckartikel: Mit "Gretel" auf und hinter der Bühne glücklich

Mit "Gretel" auf und hinter der Bühne glücklich


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Montag, 11. März 2013

Noch als Schüler übernahm Wolfgang Herrnleben die Puppenbühne seines Großvaters. Und brachte den Bamberger Kasperl auf Trab, der bald auch im Radio und Fernsehen für Kids sang. Dafür wurde der Franke mit der Bundesverdienstmedaille geehrt und sprach mit uns über das Leben als Puppenspieler.
Wolfgang Herrnleben (Mitte) 1978 mit dem Gründer der Bamberger Puppenbühne, Hans Herrnleben (links), und Dietmar Herrnleben  Foto: pr


"Man hat's im Blut", meint Wolfgang Herrnleben zum Puppenspieler-Dasein. Umringt von Kasperl, Seppl, Gretel und all den anderen holzköpfigen Helden wuchs der heute 56-Jährige in eine Welt der Abenteuer, Märchen und fantastischen Geschichten. Seit der Spross der Bamberger Puppenspieler-Dynastie Bühnenluft schnupperte, "wusste ich, das würde mein Leben bestimmen", so Herrnleben, der für sein jahrzehntelanges kulturelles Engagement gerade die Bundesverdienstmedaille erhielt: "Eine Auszeichnung, die für mich auch darum von großer Bedeutung ist, weil sie das Wirken meiner verstorbenen Frau würdigt."



Ja, Elisabeth Herrnleben war die "Gretel" an der Seite des "Kasperl"-Spielers. "Hinter und auf der Bühne waren wir verbandelt", meint der Bamberger, der seine Frau als Dozent eines VHS-Puppentheaterkurses kennenlernte. Eine Romanze entspann sich zwischen dem Bühnenleiter und der jüngsten Tochter des damaligen Domkirchners.

Der Schritt vor den Traualtar folgte - und die vierte Puppenspieler-Generation erblickte das Licht der Welt: Martin und Florian Herrnleben, der die Bamberger Puppenbühne von seinem Vater übernahm, während seine Eltern 2006 nach Garmisch-Partenkirchen zogen.


Erste Bühnenerfahrungen als Knirps
Hin und wieder aber kehrt Wolfgang Herrnleben in die alte Heimat zurück, der er aus gesundheitlichen Gründen den Rücken kehrte. Und schlüpft in den Kasperl, dem er ab 1979 Beine machte. Von klein auf hatte der Franke schließlich das Puppenspieler-Handwerk gelernt: "Stolz stand ich auf einem Stuhl und ließ einen Hund oder andere Tiere hampeln", erinnert sich der kreative Kopf. "Zur ersten größeren Rolle wurde der verwunschene Prinz aus ,Schneeweißchen und Rosenrot', nachdem ich mit 14 Jahren von meinem Großvater die organisatorische Leitung der Bühne übernommen hatte."

Weil sein Vater aus beruflichen Gründen nicht für den erkrankten Hans Herrnleben einspringen konnte, stellte sich Wolfgang der Herausforderung - damals noch Realschüler, der dem Kasperl fortan eigene Abenteuer auf den Leib schrieb. Als Nachwuchsmusiker hatte der Enkel der Puppenbühnen-Pioniere Stücke längst auch zum Klingen gebracht. "Mandoline, Geige, Gitarre, Akkordeon - ich lernte ein Instrument nach dem anderen, um Inszenierungen mit Kinderliedern zu untermalen."


Schon beim Großvater im Publikum
Ein Traum zieht sich eben wie ein roter Faden durch die Geschichte der Puppenspieler-Dynastie: "Wir möchten Märchen und traditionelle Kinderlieder von Generation zu Generation weitergeben", so Wolfgang Herrnleben. Dementsprechend fasziniert sah er zuweilen Großeltern oder gar Urgroßeltern bei Vorstellungen des Bamberger Kasperls, die als Kinder im Publikum des Puppenbühnen-Gründers saßen - "und nun mit ihren Enkeln oder Urenkeln kommen".

Hand in Hand mit Elisabeth, die zur Spielerin, Sprecherin, Autorin, Bühnenleiterin, Bühnenbildnerin und Kostümbildnerin avancierte, wagte Wolfgang Herrnleben in den 80er-Jahren den Sprung ins Profigeschäft. Fast 800 Hörspielepisoden des Paares wanderten von Bamberg aus über den Äther. Dem Erfolg der "Gute-Nacht-Geschichten" bei "Radio Regnitzwelle" folgten Fernsehauftritte, ein Teamwork mit Antenne Bayern und dem Bayerischen Rundfunk. "Wir waren im Freistaat sicher die einzigen Puppenspieler, die gleichzeitig mit beiden Konkurrenzunternehmen arbeiteten."


Die nächste Puppenbühne
Der Abschied von Bamberg kam für die Herrnlebens 2006, nicht aber der Abgang von der Puppenbühne. In ihrer Wahlheimat stellten die Franken kleinen und großen Zuschauern den "Partenkirchner Kasperl" vor und beehrten das Publikum bis zum plötzlichen Tod von Elisabeth Herrnleben im Oktober 2011 wöchentlich. Auch als Autoren hatten sich die Puppenspieler weiterhin ausgezeichnet, die den Bamberger Kasperl fürs Bayerische Umweltministerium zum "Umweltaktivisten" machten. Dafür und vieles mehr wurde Wolfgang Herrnleben nun ausgezeichnet, begleitet von seinem Sohn Florian. "Florian führt die Puppenbühne glücklicherweise ganz in unserem Sinne weiter. Denn der Bamberger Kasperl darf nicht sterben."

Nein, der Kinderliebling lebt weiter und dominiert die Puppentruppe, die Knirpse an der Regnitz schon in der Nachkriegszeit bannte. Wer sonst sollte alle Jahre wieder auch die Sandkerwa eröffnen als der Held mit roter Zipfelmütze und frechen Sprüchen auf den Lippen, wie ihn Volksschauspieler und Humorist Hans Herrnleben ersann.