Seit 1988 hat Dr. Winfried Strauch das staatliche Gesundheitsamt geleitet. Er blickt auf bewegte Jahrzehnte zurück.
Vor wenigen Tagen wurde Dr. Winfried Strauch (65) offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Tatsächlich ist er noch da und räumt aus. Mit ihm geht eine Institution. Denn der Leitende Medizinaldirektor hat die Behörde im Alter von 36 Jahren übernommen und bis jetzt geleitet. Ein Nachfolger ist im Moment noch nicht in Sicht.
Eigentlich wollte der gebürtige Düsseldorfer nach dem Abi am Bamberger Theresianum aufgrund seines guten technischen Verständnisses Maschinenbau studieren. Doch ein schwerer Unfall während der Bundeswehrzeit, bei dem er sich als Helfer einbrachte, wurde zum medizinischen Schlüsselerlebnis: "Ich wollte danach was mit Menschen statt mit Maschinen machen."
Während des Studiums in Würzburg kamen ihm politische Reaktionen auf den Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst zugute: Studenten, die sich für diesen Zweig "verpflichteten", erhielten ein Stipendium, erklärt der Pragmatiker. Praktika führten Strauch ans Bamberger Gesundheitsamt, die weitere ärztliche Ausbildung ans alte Bamberger Krankenhaus. Strauch arbeitete am Bamberger Gesundheitsamt, wurde von da ans Medizinalreferat der Regierung nach Bayreuth berufen. Parallel dazu leitete er das Gesundheitsamt Pegnitz. Bis in seinem - nicht nur wegen der von hier stammenden Ehefrau - geschätzten Bamberg die Amtsleiterstelle frei und er "überraschenderweise" genommen wurde.
So zog die sechsköpfige Familie von Bayreuth nach Bamberg. Das Amt wiederum zog im Lauf der Amtszeit Strauchs von der Kapuzinerstraße in die Ludwigstraße. Dies und viele Wechsel unterschiedlichster Art kennzeichnen Strauchs lange Berufsjahre als Behördenleiter.
Was verbirgt sich hinter der abstrakten Behördenbezeichnung eigentlich? Das staatliche Gesundheitsamt ist Fachbehörde für die Stadt Bamberg und den Landkreis, als Fachbereich Gesundheitswesen am Landratsamt angesiedelt und in Oberfranken das größte seiner Art. Oberster Chef des Amtsleiters ist die Gesundheitsministerin, der Bamberger Landrat wiederum disziplinarischer Vorgesetzter.
Oft gewechselt
Bei Strauchs Amtsantritt gehörte das Gesundheitsamt zum Innenministerium, dann zum Sozialministerium, danach zum Gesundheits- und Verbraucherschutz, im Anschluss zu Umwelt und Soziales und im Moment eben zum Gesundheitsministerium.
34 Mitarbeiter sind im Gesundheitsamt tätig. Neben Strauch, der den Titel Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen führt, arbeiten hier weitere sechs Ärzte, dazu Krankenschwestern, Sozialpädagogen, Hygieneinspektoren und Verwaltungskräfte.
Welche Aufgaben hat das Gesundheitsamt? "Es beobachtet und bewertet die Verhältnisse in seinem Bereich unter gesundheitlichen Gesichtspunkten." Im Laufe seiner Dienstjahre hätten sich zu den Aufgaben der "Gesundheitspolizei" die Bereiche Prävention und Gesundheitsförderung gesellt.
Ein Großteil der Arbeit im Amt entfällt auf die Erstellung von Gutachten für Behörden - wenn etwa Beamten eingestellt werden oder auf Reha sollen. Das Amt ist auch für Umwelthygiene zuständig. Dazu zählt beispielsweise die Überwachung der Trinkwasserverordnung, also ob bei den Gemeinden die vorgeschrieben Kontrollen erfolgen; oder die fachliche Beratung bei Problemfällen, wenn Verunreinigungen auftreten.
Bei Fällen von Umweltverschmutzung bekommt das Amt Untersuchungsergebnisse und erlässt entsprechende Anordnungen, "aber meistens reichen Empfehlungen".
Freilich bildet der Vollzug des Infektionsschutzgesetzes eine Kernaufgabe. Hier laufen die Meldungen von Ärzten zu ansteckenden Krankheiten ein, werden dokumentiert und weitergeleitet, aber auch Maßnahmen angeordnet, wie schlimmstenfalls die Schließung von Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten.
Eine Arztstelle mehr
Als "ziemlich aufwendig" gestalte sich auch die Betreuung der AEO. "Dafür haben wir eine Arztstelle mehr bekommen." Jeden Vormittag finden dort Untersuchungen nach dem Asylverfahrensgesetz statt.
Im zunehmendem Maß wirke das Amt auch bei der Kommunalen Heimaufsicht mit. Jedes der 50 Heime in Stadt und Landkreis wird einmal jährlich (unangemeldet) besucht. Auch nach Beschwerden gehe das Amt in Heime und schaue sich im Gegensatz zum MDK nicht Papiere und Dokumentationen, sondern die Menschen an.
Den Amtsarzt sieht Strauch als Generalisten, der genau deswegen nicht alles wissen kann und das auch ruhig zugeben darf, um sich im Anschluss schlau zu machen. Die große Bandbreite seiner Tätigkeit habe ihn zu Beginn gereizt und würde ihn heute wieder so entscheiden lassen.
Weniger gefalle ihm allerdings der Ärger mit dem Personal: Strauch musste viele Stellenstreichungen übermitteln oder Einsparmaßnahmen verkünden.
Auf was hätte der Behördenleiter gerne verzichtet? Auf eine Schlagzeile in der Bild-Zeitung: "Gelbsucht Skandal! Was wusste der Amtsleiter?". 2005 ging der Fall eines mit Hepatitis C infizierten Chirurgen am Klinikum durch die Presse. Dass er aber nachweislich keinen Operierten angesteckt hatte, war Bild keine Zeile wert. Aber Strauch kartet nicht nach.
Keine Zeit für Langeweile
Was macht er im Ruhestand: Vier Söhne, drei Enkel, Reisen als Hobby und obendrein viele Ehrenämter - "mir wird nicht langweilig". Bis ein Nachfolger gefunden ist, wird die Behörde kommissarisch geleitet - "ich hatte bisher ja auch einen Stellvertreter", so Strauch gelassen.