Mit diesen Innovationen wollen Bamberger Unternehmen der Autokrise trotzen
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Freitag, 07. Februar 2020
Die Bamberger Autozulieferer müssen aktiv Forschung betreiben, mahnt ein Experte. Auf welche Zukunftstechnologien setzen die Firmen?
Georg Roth kennt als Professor für Maschinenbau und Automobiltechnik an der Hochschule Coburg die heimischen Auto-Tüftler wie kaum ein Zweiter. Er sieht die Zukunft für die Bamberger Zulieferbetriebe mittelfristig durchaus optimistisch. "Ich glaube aber, die Branchensituation wird kurzfristig noch problematischer." Die weltweiten Überkapazitäten seien enorm, drückten die Rendite - und würden auch weiterhin zu Stellenabbau führen, prognostiziert Roth.
Er verweist auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts, wonach von 400 000 gefährdeten Arbeitsplätzen in der deutschen Autobranche nur rund 180 000 durch neue Technologien zu retten seien. "Zulieferer-Insolvenzen nehmen im Moment zu. Die Zulieferer stehen sehr unter Druck", sagt der Professor - Metallbetriebe stärker als Kunststoffspezialisten.
Für weitere ein bis drei Jahre sieht Roth dunkle Wolken aufziehen. Dann kämen positive Entwicklungen zum Zug. E-Mobilität und Brennstoffzelle: "Klappt die anspruchsvolle Green Mobility mit allen Facetten und Möglichkeiten?", stellt Roth die entscheidende Frage. Forschung spiele die Schlüsselrolle: "Bosch als Beispiel ist in vielen Technologiefeldern sehr innovativ, Brose ebenfalls, zum Beispiel was Tür- und Sitzsysteme angeht, aber auch Komponenten für das autonome Fahren." Roth hält es für wichtig, aktiv Forschung zu betreiben und den Herstellern Ideen anzubieten. Denn Zulieferer erbringen Ingenieurleistung: "Bei manchen Autos stammen bis zu 80 Prozent aller Wertschöpfungen von den Zulieferern. Wenn produktionstechnisch etwas entwickelt wird, ist das meistens eine Leistung aus der zweiten und dritten Reihe. Das Entwicklungs-Know-how liegt oftmals ganz stark bei ihnen."
Auch wenn die überwiegende Zahl der Entwicklungsprojekte mit den Herstellern abgesprochen sei, seien größere Zulieferer wie Brose "sicher gut beraten, auch größere Entwicklungen im Fahrzeugbau selbstständig voranzutreiben". Es gelte, führende Rollen beim Wissen auszubauen, eigene Wettbewerbspositionen zu erarbeiten, um sich weniger abhängig von einzelnen Kunden zu machen. Der Professor hält dabei auch Kooperationen mit Hochschulen für hilfreich. Auch die Politik müsse die Zulieferer stärker als innovative Impulsgeber fördern. Roths Rat an Unternehmen: Sich regional vernetzen, Technologie-Cluster bilden!
Welche Ideen haben die Firmen?
Welche Technologien sollen die Zukunft prägen? Auf Nachfrage stellen fünf der zehn größten heimischen Auto-Firmen hier ihre Projekte vor.
BOSCH
Nicht weniger als das Herzstück der Brennstoffzelle wird bei Bosch entwickelt: der sogenannte Stack. Wegen des Bamberger Know-hows in der Keramik soll dieser hier für die mobile und stationäre Brennstoffzelle zur Serienreife gebracht werden. "Der Stack generiert elektrische Energie und besteht aus einem Stapel aus Brennstoffzellen. In jeder dieser in Serie geschalteten Zellen wird die chemische Reaktionsenergie des kontinuierlich zugeführten Wasserstoffs und Luftsauerstoffs in elektrische Energie umgewandelt", erklärt Bosch. "Als Reaktionsprodukte entstehen nur Wasser, Strom und Wärme." Die besten Chancen für einen breiten Einsatz der nachhaltigen Energieform sieht Bosch im Nutzfahrzeuge-Markt. Die Brennstoffzelle soll die Öko-Boliden über weite Strecken antreiben. Eine Kooperation mit dem schwedischen Hersteller von Brennstoffzellen-Stacks, Powercell Sweden AB, soll einen Serienstart 2022 ermöglichen. Im Bereich der stationären Brennstoffzelle entstehen kleine Kraftwerke, die Rechenzentren oder auch E-Ladestationen speisen.