Mit Beethoven atemlos über die Ziellinie gespurtet
Autor: Jochen Berger
Bamberg, Mittwoch, 14. November 2018
Wie die Bamberger Symphoniker Werke unter Leitung von Andrea Marcon Werke der Wiener Klassik interpretierten.
Wenn Barockmusik-Spezialisten am Pult eines klassischen Symphonieorchesters stehen, wissen die Zuhörer meist vorab schon recht genau, was sie erwartet. Dann tönen Mozart, Haydn und Beethoven mit schlankem Klang und geschärften Konturen.
"Über Hals und Kopf"
Mozarts sogenannte "Linzer Symphonie", 1783 "über Hals und Kopf" in aller Eile für ein spontan angesetztes Konzert in Linz entstanden, bildete den Auftakt beim Abo-Konzert der Bamberger Symphoniker unter Leitung ihres Gastdirigenten Andrea Marcon. Erstaunlich, dass diese "Linzer Symphonie" mit ihren vielen melodischen Schönheiten in Bamberg vier Jahrzehnte nicht auf dem Programm stand.
Barock-Spezialist am Pult
Maestro Marcon, bekannt geworden als Gründer und Leiter des Venice Baroque Orchestra, ließ die in mittelgroßer Besetzung agierenden Symphoniker mit schlankem Klang und stets transparent in der Stimmführung, aber wohltuend ohne dogmatische Strenge musizieren.
Nicht von Joseph Haydn
Mehr als nur ein Fragezeichen steht beim C-Dur-Konzert für Oboe und Orchester hinter dem Namen Joseph Haydn. Denn mit Sicherheit stammt die nicht im Autograph, sondern nur in Abschriften überlieferte Partitur nicht von Haydn - der Namenszug Joseph Haydn jedenfalls rührt definitiv nicht vom vermeintlichen Autor her. Auch stilistisch weist das mit Pauken und Trompeten prunkende Werk markante Unterschiede zur Tonsprache Haydns auf.
Geschmeidiger Oboenton
Gleichwohl ist das mit schönen Melodien, geschickter Instrumentierung und dankbar virtuosen Aufgaben für den Solisten lockende Konzert mit Recht durchaus beliebt. Andrey Godik, seit vergangener Spielzeit Solo-Oboist der Bamberger Symphoniker, beeindruckte das Publikum mit seiner feinsinnigen Gestaltung ebenso wie mit seiner mühelosen, geradezu beiläufigen Virtuosität.
Faszinierend, wie Andrey Godik mit seinem nuancenreichen Oboenton, schlank geführt und überaus geschmeidig, immer wieder den intensiven Dialog mit dem Orchester suchte. Gut, dass Andrea Marcon am Dirigentenpult Godik alle Freiheiten in der Gestaltung einräumte. Dafür gab es ebenso intensiven Beifall wie für eine sehr pointiert musizierte kleine solistische Zugabe.
"Apotheose des Tanzes"
Zum Abschluss Beethoven. Dessen 7. Symphonie, vor allem wegen ihres schwungvollen Finales mit den Worten Richard Wagners gerne als "Apotheose des Tanzes" bezeichnet, servierte Andrea Marcon vor allem in den raschen Ecksätzen in einer klanglich geschärften, bisweilen fast schroffen Lesart. Dabei achtete Marcon mit den elanvoll und sehr konzentriert agierenden Symphonikern durchaus auch darauf, delikate Details und wichtige Übergänge genau auszuleuchten.