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Mit 74 noch zu fit fürs E-Bike - Leseprobe von "Radeln rund um Bamberg"


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Montag, 09. Mai 2016

Margarete Schöll-Nagl ist eine Tourenradlerin, die jahrelang Volkshochschülern im Sattel die Reize der Region zeigte. Was spornt die 74-Jährige an?
Gut ausgerüstet und wetterfest: Margarete Schöll-Nagl  Foto: Ronald Rinklef


Wow: Margarete Schöll-Nagl ist in Form. Wer der 74-Jährigen auf dem Drahtesel durchs Bamberger Land folgt, muss sich mitunter ganz schön abstrampeln. Nein, keine Schwäche zeigen! Schließlich gilt es fit zu werden und den inneren Schweinehund zu überwinden - am besten mit Hilfe der Autorin, die "Radeln rund um Bamberg" schrieb.


Mit dem Gemüselaster

"Erste Touren ins Gebirge habe ich mit 16 gemacht", erinnert sich die Bambergerin mit einem Schmunzeln. Verhältnismäßig ruhig war's damals auf den Straßen, nachdem sich noch 1960 nur etwa jeder vierte Haushalt ein Auto leisten konnte. So stellte das Rad das günstigste Fortbewegungsmittel dar - auch im Urlaub. Wobei Margarete Schöll-Nagls erste große Tour nicht gleich von Bamberg aus startete. "Wir ließen uns von einem Gemüselaster samt unserer Fahrräder bis nach München mitnehmen." Erst danach ging's im Sattel weiter Richtung Salzburg. "In Jugendherbergen haben wir übernachtet, ernährten uns von Suppen und genossen die Natur." Ja, für die Natur begeisterte sich die Fränkin schon als Teenie - und daran hat sich bis heute nichts geändert. "Ich bin nie geradelt, um im Sattel sportliche Höchstleistungen zu vollbringen."


Zunächst nur leichte Strecken

Folgen wir der Genussradlerin also - ganz entspannt - auf einer leichten Strecke durchs Bamberger Land, die in ihrem Tourenguide beschrieben ist. Schwierigkeitsgrad 1 statt 2 oder gar 3. Womit Tour 6 ins Ellertal gestorben wäre ("gute Kondition Voraussetzung"). Lang anhaltende Steigungen, nein danke! Schade nur um die Sehenswürdigkeiten am Rande, die beispielsweise auf der "Fränkischen Straße der Skulpturen" zwischen Tiefenellern und Litzendorf auf Radler warten. Und schade erst um den Ziebeleskäs mit frisch gebackenem Brot, den die Brauerei Hönig bei der Gelegenheit bieten könnte.

Also stattdessen auf Richtung Aurachtal - über den Main-Radweg. Zumal es sich dabei um die erklärte Lieblingsstrecke von Margarete Schöll-Nagl handelt. Durch den Weipelsdorfer Wald geht's Richtung Lisberg - Burg Lisberg. Die letzten Meter erklimmt man als Sportmuffel aber lieber zu Fuß, um nicht zu arg ins Schwitzen zu kommen. "Vor der Burg lagerten die Schweden im Dreißigjährigen Krieg", berichtet die Autorin. Und erinnert an eine Legende, die sich damit verbindet. Demnach wandte sich Burgherr Hans Eynch von Münster kurz vor dem zu erwartenden Angriff mit einer Bitte an die Feinde: Ihr Hauptmann möge Taufpate seines gerade erst geborenen Kindes werden. Was Freund und Feind am nächsten Tag erst Richtung Schlosskapelle und später zu einer dementsprechenden Feier mit Bier und Wein führte. Womit der Täufling als Retter Lisbergs in die Welt der Sagen und Legenden einging.



Geschichte und Geschichten

Um Geschichte und Geschichten der Region ist Margarete Schöll-Nagl nicht verlegen. So organisierte sie ab 1992 auch Radtouren für die Volkshochschule. Und zeigte zahllosen Kursteilnehmern, warum es sich in Franken zu leben lohnt: "Nehmen wir Bamberg als historische Stadt, von der aus man nach wenigen Kilometern Wälder, idyllisch gelegene Seen, Burgen und Schlösser erreicht." Ins Schwärmen kommt die 74-Jährige, sobald sie über Franken spricht. Drum zog's die Autorin nach mehrjährigen Aufenthalten in den USA und England auch in die Heimat zurück, die sie als Kind aus dem Sudentenland zu schätzen weiß.

"Auf die Idee, einen Radwegeführer zu schreiben, brachten mich letztendlich meine Kursteilnehmer", erinnert sich Margarete Schöll-Nagl. Folglich brachte sie 23 Touren mit all den Sehenswürdigkeiten, Tipps und Infos zu Papier, die's zuvor nur mündlich gab. Ausflüge in die Vergangenheit (wie die Geschichte um die Schweden) machen den Guide , der gerade wieder aktualisiert wurde, besonders lesenswert. Und natürlich die Begeisterung fürs Radeln, die bei der Bambergerin mitschwingt: "Daraus ziehe ich meine Energie", sagt die Seniorin, die steile Anstiege noch immer locker bewältigt. "Schwierigkeitsgrad 3 ist kein Problem. Das E-Bike kann warten."

Zum Buch

23 Touren beschreibt "Radeln rund um Bamberg" von Margarete Schöll-Nagel (Heinrichs-Verlag). Auch über die FT-Geschäftsstellen ist der Radl-Führer (ISBN 978-3-89889-066-3) erhältlich.