Millionenkosten für Anlieger: Muss die Stadt gar nicht kassieren?
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Sonntag, 20. Januar 2019
Wird die kostenträchtige Entscheidung doch noch revidiert? Ministerin Huml (CSU) fordert die Stadt dazu auf, eine einvernehmliche Lösung zu suchen.
Können die Anlieger der oberen St.-Getreu-Straße hoffen, von den horrenden Kosten einer so genannten Ersterschließung bis zu 150 000 Euro pro Grundstück doch noch verschont zu werden? Zumindest bekommen sie prominente Schützenhilfe.
Nur zwei Tage nach unserem Bericht vom Freitag, 19. Januar, "Ein Vermögen für den Ausbau" fordert die bayerische Staatsministerin Melanie Huml die Stadt in einem Schreiben dazu auf, das Gespräch mit den Anwohnern zu intensivieren. "Es sollten Möglichkeiten einer einvernehmlichen Lösung geprüft werden", erklärt Huml. D er Abschluss der betroffenen Erschließungsmaßnahmen durch die Kommunen sei nicht verpflichtend.
Wie berichtet, hat der Freistaat 2016 das Kommunalabgabengesetz geändert. Dabei wurde festgelegt, dass ab April 2021 für so genannte Altanlagen keine Erschließungsbeiträge mehr erhoben werden dürfen, wenn seit Beginn der erstmaligen technischen Herstellung 25 Jahre vergangen sind.
Genau das ist bei der St-Getreu-Straße der Fall. In der seit Jahrzehnten bewohnten Straße sind zwar alle Hausanschlüsse vorhanden, doch es fehlt an einem Regenwasserkanal und einem ordentlichen Straßenunterbau. Um das Defizit zu beseitigen und den Stadtsäckel zu schonen, hat der Bausenat in seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch den Ausbau der St.-Getreu-Straße beschlossen - mit fatalen Folgen für 23 Anwohner, die aufs Grundstück umgerechnet vor Kosten bis zu 150 000 Euro stehen. Ingesamt handelt es sich um Kosten über 1,5 Millionen Euro.
Als Grund für die Entscheidung nannte Bambergs Baureferent Thomas Beese vor allem das Prinzip der Gleichbehandlung aller Grundeigentümer, die von einer Erschließung betroffen sind. Sollte diese nicht bis zum Stichtag abgerechnet werden könnten, müssten im Falle der St.-Getreu-Straße statt der Anlieger die Steuerzahler einspringen. Außerdem sei man von der Rechtsaufsicht gehalten, die Gesetzesänderung umzusetzen.
Dem widerspricht nun Staatsministerin Melanie Huml, die das Gesetz 2016 mit beschlossen hatte. Es sei gar nicht verpflichtend für die Kommunen, alle Maßnahmen bis zum Auslaufen der Frist abzuschließen.
Doch warum wurde das Gesetz 2016 überhaupt erlassen? Hört man Huml, ging es darum, "Hängepartien" zeitlich zu befristen. "Wer ein Haus in einem neu erschlossenen Gebiet baut, muss die auf ihn zukommenden Kosten auch kalkulieren können. Wenn sich eine Gemeinde mit einer Baumaßnahme jahrzehntelang Zeit lässt, bedeutet das für die Anwohner, dass sie jahrzehntelang nicht wissen, wann sie hierfür welchen Erschließungsbeitrag bezahlen müssen", erläutert die Ministerin.