Mietpreisbremse: Warum Bamberg davon ausgenommen ist
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 07. August 2015
Anders als in 144 Städten und Gemeinden Bayerns gilt in Bamberg keine "Mietpreisbremse". Bambergs Wohnungsmarkt ist laut Staatsregierung "nicht angespannt". Experten bezweifeln das. Nun will die Stadt den Freistaat vom Gegenteil überzeugen.
Ein politischer Dauerbrenner: Seit Monaten muss sich die Stadtspitze Vorwürfe anhören, sie verfolge die Nutzbarmachung der weit über 1000 früheren US-Wohnungen nicht entschlossen genug, der Bamberger Wohnungsmarkt sei knapp und hochpreisig - da verleiht die Staatsregierung jenen Auftrieb, die sagen, das Gegenteil sei der Fall.
Auslöser für die überraschende Einstufung Bambergs ist die Mietpreisbremse. Für 144 Städte und Gemeinden Bayerns mit angespannten Wohnungsmärkten gilt seit 1. August dieses Regulativ, das bei Neuvermietungen im Bestand eine Zehn-Prozent-Klausel vorschreibt. Doch nicht in Bamberg, dessen Wohnungsmarkt angeblich gar nicht angespannt ist.
Das erfahren wir zumindest aus dem bayerischen Justizministerium, das sich dabei auf eine umfangreiche Daten-Erhebung stützt. 2056 Städte und Gemeinden Bayerns hatten 2014 die Möglichkeit, Angaben zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu machen. In dem Fragenkatalog ging es um statistische Kennziffern wie das ortsübliche Mietniveau, Bodenrichtwerte, Wartezeiten für Sozialwohnungen, die Belastung der Haushalte durch Mieten sowie die Neubautätigkeit.
Im Ergebnis kommt das Ministerium zu der Feststellung, dass Bamberg nicht zu den Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt in Bayern gehört - anders als etwa Würzburg, Bayreuth, Fürth, Nürnberg, Erlangen, Regensburg und Dutzende auch kleinere oberbayerischen Städte und Gemeinden. Dort dürfen Neuvermietungen von Bestandswohnungen nur noch bis zu zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Das Fazit der Staatsregierung steht im bemerkenswerten Gegensatz zum Stadtentwicklungsplan Wohnen, in dem 2013 noch von einem gewaltigen Nachfrageüberhang die Rede war. Es widerspricht auch der Selbsteinschätzung der Stadt Bamberg, die am Anfang des Verfahrens das Urteil abgegeben hatte, dass Bamberg mit seinem angespannten Wohnungsmarkt in die Gebietskulisse für die Mietpreisbremse aufzunehmen sei. Freilich: Als im April 2015 die Stadt erneut angehört wurde, hat sie, so das Justizministerium, die Gelegenheit verstreichen lassen, das konträre Fazit des Freistaats durch neue Angaben zu entkräften.
Preise haben "massiv zugelegt"
Bei der Interessenvertretung von 3400 Bamberger Mietern löst die Einschätzung des Freistaats Unverständnis Thomas Kliemann vom Mieterverein erinnert an die vielen bei Gericht anhängigen Mietrechtsprozessen, in denen sich Mieter gegen aus seiner Sicht überzogene Mietforderungen zu Wehr setzen. Von einem entspannten Wohnungsmarkt könne in Bamberg keine Rede sein. Vor allem Familien sind laut Kliemann die Verlierer auf einem Wohnungsmarkt, der sich durch das starke Wachstum der Universität massiv verteuert habe.
Keinen Grund für eine Regulierung in Form einer Mietpreisbremse sieht dagegen der Verein "Haus und Grund Bamberg". "Überhitzte Verhältnisse wie in München haben wir nicht im Ansatz", sagt Geschäftsführerin Martina Bauerschmitt, was sich schon an den Leerständen auf der der Erba-Insel zeige. Aus Sicht der Immobilienbesitzer in Bamberg "nützt die Bremse letztlich wenig", weil sie auch nicht für Neubauten gelte. Für die meisten Vermieter in Bamberg sei die Zehn-Prozent-Hürde kein Problem: "Da liegen wir drin."
In der Bamberger SPD-Fraktion hat die Nachricht, dass eine attraktive Unistadt wie Bamberg keine Preisbremse bekommt, Verwunderung ausgelöst. "Die Gründe sind für uns schwer nachvollziehbar", sagt SPD-Stadtrat Heinz Kuntke. Gemeinsam mit Karin Gottschall (SPD) fordert er, dass dieses Instrument nun auch in Bamberg Anwendung findet.
Ob der Vorstoß von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten. Einerseits geht man in der Stadt tatsächlich davon aus, dass die Erfolge einer regen Neubautätigkeit, kombiniert mit dem Abzug der Amerikaner, zu einer "gewissen Entlastung" geführt hätten. Andererseits will OB Andreas Starke (SPD) eine zweite Frist zur Anhörung der Kommunen nutzen, um die Staatsregierung davon zu überzeugen, dass auch Bamberg eine Mietpreisbremse bekommt. "Wir verfolgen das Ziel, dass das Instrument auch hier angewendet wird, um den angespannten Wohnungsmarkt in Bamberg zu entlasten."
Kommentar des Autors:
Die Politik muss endlich liefern
Ein griffiges Wort, ein neues Gesetz. Die Politik wirft sich für die Mieter in die Bresche, um sie vor der Willkür eines unbezahlbar gewordenen Wohnungsmarktes zu schützen. Doch Euphorie ist fehl am Platz.
Die Mietpreisbremse kann Übertreibungen vermeiden, sie gilt aber nicht bei Neubauten, nicht nach Sanierungen und sie dürfte bei der Umsetzung auf Schwierigkeiten stoßen. Vermieter haben ja die Wahl. Noch wichtiger in einem Langfrist-Markt: Mit der Preisbremse ist nicht ein einziges neues Haus gebaut, von bezahlbaren Wohnungen ganz zu schweigen. Dass Bauen so teuer geworden ist, hat mit dem Rückzug des Staats zu tun und immer neuen Auflagen, beschlossen von denselben Politikern, die jetzt auf die Bremse treten.
Bamberg hat es da besser. Es hält den Schlüssel für bezahlbare Wohnungen in den Händen. Der liegt nicht in einer bürokratischen Fessel, sondern in der Nutzbarmachung von hunderten leer stehenden Wohnungen auf US-Gelände. "Günstiger Wohnraum" ist längst zum viel beschworenen Politik- Ziel in Bamberg geworden. Bisher blieb es aber nur bei Worten.
