Sarah Straub und Konstantin Wecker traten im Kulturboden in Hallstadt erstmals wieder vor (handverlesenem) Publikum auf.
Bis Anfang März waren Ulf Schabacker, Wolfgang und Gaby Heyder samt ihrer Crew vom Veranstaltungsservice Bamberg frohen Mutes. Es hatte sich das beste Jahr in der über 30-jährigen Firmengeschichte abgezeichnet, rund 100 000 Tickets waren im Vorverkauf schon abgesetzt, neue Festival-Locations aufgetan worden. Dann kam Corona. Seitdem geht in der Musik-Szene gar nichts mehr.
Umso stärker erhellten sich die Mienen am Freitagabend, als im Rahmen der "BAnefiz"-Veranstaltungsreihe im Kulturboden erstmals wieder Liveklänge vor Publikum zu hören waren: Zusammen mit Radio Bamberg und weiteren Werbepartnern fand ein Internet-Konzert wieder mit Zuhörern im Saal statt. Handverlesen, 35 an der Zahl, vermummt, aber verzückt von dem, was die Liedermacherin Sarah Straub zusammen mit ihrem Vorbild und Mentor Konstantin Wecker fast zwei Stunden lang bot. Ein intimes, dafür extrem intensives Konzert. Ein Hoffnungsschimmer am Ende eines langen Tunnels für Künstler, Besucher und Veranstalter.
Sie wollen die Flammen hochhalten. "Es war unsere Intention, die Liveevents nicht in Vergessenheit geraten zu lassen", umschreibt Wolfgang Heyder die Idee, im Kulturboden zwölf Streaming-Konzerte, Kinder- und Musikveranstaltungen aufzuziehen. Das erfordert einen enormen technischen Aufwand, wofür allein fünf Kameras im Einsatz waren. "Das war durch einige Sponsoren möglich", zeigt sich Heyder dankbar. Über die begleitenden Spendenaufrufe kamen 9000 Euro zusammen, die in die Bamberger Kulturszene geflossen sind. Der Veranstaltungsservice hat daran nichts verdient.
Bis zu 20 000 Clicks gab es an heimischen Computern und Handys an den jeweiligen Abenden. Diesen Rekord verzeichnete man bei den Dorfrockern aus Kirchaich. Auch am Freitag bei Sarah Straub rechnete Fabian Hollet von Radio Bamberg mit einer fünfstelligen Einschaltquote.
Jede Menge Ärger
Auf derlei Besucherzahlen hatten sich die Heyders und Schabackers an den Eingangskontrollen ihrer Sommerfestivals gefreut. Stattdessen: Mehrarbeit durch Stornierungen, Umbuchungen, Rückforderungen. Jede Menge Ärger und endlose Telefonate. "Wir haben seit Anfang März kein Ticket mehr verkauft, definitiv keine Einnahmen und wenig Hoffnung, dass sich bis Ende des Jahres daran etwas ändert", schaut Gaby Heyder voraus. "Selbst wenn wir die Genehmigung bekämen, den Kulturboden für 150 Leuten zu öffnen, lässt sich so kaum eine Veranstaltung wirtschaftlich aufziehen", so Heyder. Sie redet derzeit mehr mit Agenturen und Managern denn mit Künstlern, so Gaby Heyder.
"Zum Glück waren die meisten mit den Verlegungen ins nächste Jahr einverstanden und sehr kooperativ. Wir sitzen ja alle im selben Boot." Von den 150 Konzerten, die bislang für 2020 im Kalender standen, werden nur zehn auch mit Verspätung nicht stattfinden. Die "Toten Hosen" gehören dazu, die die Zusammenarbeit mit klassischen Musikern nicht ins nächste Jahr übertragen konnten. Die monatelange Werbung, die Zeitungsanzeigen und Plakate? "Kannst in die Tonne treten." Gaby Heyder spricht von einem "Berufsverbot".
Weil bereits erworbene Karten ihre Gültigkeit behalten, blieben die Verluste bislang im überschaubaren Rahmen. "Die Kampagne, die Karten zu behalten, hat gezogen und auch die Entscheidung der Regierung, dass der Rückgabewunsch mit einem Gutschein erfüllt wird, erhält uns die Liquidität", gesteht Wolfgang Heyder ein und umreißt damit ein Umsatzvolumen von rund 4,5 Millionen Euro. "Für die großen Festivals haben wir die Künstler ja schon bezahlt und auch die komplette Technik, Bühnen, Licht und Sound vorfinanziert." Die war auch beim Auftritt von Sarah Straub und Konstantin Wecker am Freitagabend perfekt abgestimmt. "Ausverkauft mit 35 Plätzen", scherzte Moderator Fabian Hollet. Mehr war aufgrund der Lockdown-Lockerungen nicht möglich gewesen. "Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es mich freut, vor richtigen Menschen zu spielen. Es ist einfach kein Vergleich zu diesen Online-Konzerten, wenn ein Lied endet und keiner klatscht", umschrieb die attraktive Schwäbin, im Hauptberuf diplomierte Psychologin am Uniklinikum Ulm, ihre Gemütslage. "Seit März mache ich Musik nur auf Distanz. Ihr seid nicht viele, aber Ihr seid da und Ihr seid laut", schätzte sie sich glücklich.