"Man muss entscheiden können"
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Dienstag, 19. März 2019
Seine Urteile verändern Leben: Als Vorsitzender Richter am Landgericht trägt Markus Reznik Verantwortung. Im Interview spricht der 41-Jährige über seinen Traumberuf - und über Fälle, die ihn lange beschäftigen.
Wie fühlt sich diese große Verantwortung als Richter an? Markus Reznik: Es ist eine Herausforderung, mit der Verantwortung umzugehen. Denn man entscheidet über das Schicksal von Menschen - und wie sich deren Leben teilweise für die nächsten Jahre gestaltet. Die Verantwortung kann auch eine Last werden, wenn es knifflige Fälle sind.
Können Sie sich an einen besonders schweren Fall erinnern? Es gibt Fallkonstellationen, die eher dazu geeignet sind, dass man sowas mit nach Hause nimmt. Und das sind vornehmlich Sexualdelikte. Aus dem ganz einfachen Grund, weil meistens die Beweislage schwierig ist.
Aussage gegen Aussage... Genau. Und weil es für die Betroffenen von größter Reichweite ist und meistens auch höhere Strafen im Raum stehen. Hier überlegt man schon: Kann man dem Opfer jetzt glauben? Kann man dem Täter glauben? Gerade bei sexuellem Missbrauch von Kindern belastet einen das als Mensch auch persönlich.
Es passiert also, dass man auch daheim noch über schwierige Fälle nachgrübelt?
Wie wichtig ist es, die Distanz einzuhalten? Wenn man einen Fall zu nahe an sich heranlassen würde, bestünde die Gefahr, dass man seinen objektiven Blick verliert und dann irgendwelche persönlichen Befindlichkeiten in den Vordergrund treten.
Distanz ist das eine - die Urteilsgabe das andere. Man muss ein Mensch sein, der in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen. Der Richter kann sich nicht drücken und sagen, ich will keine Entscheidung treffen. Manchmal fällt die wirklich nicht leicht.
Gab es einen Moment des Zweifelns, ob das Richteramt wirklich das Richtige für Sie ist? Nein. Wie haben Sie gemerkt, dass Sie das können? Bei mir war die Rechtswissenschaft schon in der Schulzeit mein Traumberuf.