Druckartikel: Lustbilder lustvoll präsentiert

Lustbilder lustvoll präsentiert


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Montag, 13. März 2017

In der Sammlung Ludwig Bamberg stellt der Nürnberger Künstler Manfred Hürlimann seine Bilder den Porzellanobjekten gegenüber.
Das Modell Truthahn - wie Manfred Hürlimann es geschaffen hat. Foto: Museen der Stadt Bamberg


Aus diesem umgestülptem Nachtgeschirr tropft nicht etwa Urin. Zartrosa Blumen rieseln herab. Jedenfalls auf einem Bild, auf dem Manfred Hürlimann die pikante Geschichte um den französischen Jesuiten Louis Bourdaloue (1632-1704) aufgreift. Der Nürnberger Künstler ließ sich in der Sammlung Ludwig Bamberg von dem seltenen Objekt "Bourdalou" aus Meißner Porzellan (um 1740) inspirieren: ein längliches ovales Nachtgeschirr mit einem Henkel, das ausschließlich für den Gebrauch von Frauen gedacht war. Und zwar in der Kirche, in der die lang andauernden, beliebten Predigten des Jesuiten in Bedrängnis brachten.

"Lust und Verlust" titelt die Sonderausstellung in der Sammlung Ludwig im Alten Rathaus, für die Kuratorin Eva Schurr nahezu sämtliche Porzellane und Fayencen neu arrangiert hat. 39 spannungsreiche Bilder korrespondieren mit den zerbrechlichen Objekten und lassen diese in einem ungewohnten Licht erscheinen. Manfred Hürlimann, der die Sammlung Ludwig häufig besucht hat, schuf eine Bilderserie zu den porzellanenen Figuren, Kannen, Schaugerichten und Tischfontänen, die die Welt des frivolen Rokoko für heutige Zeitgenossen erschließt.

In Hürlimanns Bildern geht die Lust unmittelbar dem Verlust voraus, sie lassen das Ende in der mitunter morbiden Farbigkeit der grau-grünen Körper ahnen. Diese stehen im Kontrast zum weißen und rosa angehauchten Porzellanteint der Figuren des 18. Jahrhunderts, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Bildern erlebbar sind. Einen möglichen Verlust der fragilen Exponate lassen gemalte Gefäße erahnen, die am Abrutschen scheinen, kippelig an der Tischkante stehen oder in der Luft schweben. Da fliegen schon einmal elegante Damenschuhe in die Höhe - oder sogar Handgranaten.


Gedanken in Schwung bringen

"Die Bilder sollen ambivalent sein und Gedankengänge eröffnen", sagt Künstler Hürlimann über seine Werke, "ich möchte eigene Assoziationen wecken." Tatsächlich müssen die Anklänge an antike Mythen und aktuelle Erscheinungen von dem Betrachtenden im Geiste ergänzt werden. Hürlimann deutet nur an, lässt die Inhalte anspielungsreich im Raum schweben. Deswegen bleibt das starkfarbige Bildzentrum oft leer, damit die je eigene Fantasie Spielraum bekommt.

Die an sich stille Welt des Porzellans wird auf diese Weise hörbar, ja laut. Sichtbar sind Hände, die wie aus einem anderen Bildraum hereinragen, die an Fäden zupfen, Entenhälse umklammern oder eben Nachtgeschirre ausleeren. Listig wie der Fuchs, der sich an den Truthahn anschleicht, führt Hürlimann allerlei verstörende Elemente ein, um zu irritieren. Er verschlüsselt das Offensichtliche, verunklärt Zeit und Raum, indem er innerhalb eines Bildes mehrere Ebenen einführt.


Anschauen als Vergnügen

Diese Komplexität macht das Anschauen seiner Bilder zu einem Vergnügen. Wie überhaupt die gesamte lustvolle Präsentation eine Entdeckung selbst für diejenigen ist, die die Sammlung Ludwig schon gut zu kennen meinen. Denn nicht alle Hürlimann-Bilder ruhen in Vitrinen unmittelbar neben dem Modell aus Porzellan. Großformatige Leinwände auf Bierkästen (!) sind geradezu Suchbilder: Welches gestaltete Detail entspricht einem aus Porzellan? Da wird etwa ein winziger Kopf als Deckelknauf einer Butterdose zur alttestamentlichen Judith stilisiert.

Manfred Hürlimann wurde 1958 in Oberstaufen im Allgäu als Schweizer Staatsbürger geboren. Er absolvierte eine Lehre als Kirchenmaler und studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Der Meisterschüler blickt auf zahlreiche Einzelausstellungen und Auszeichnungen zurück. Gleichwohl hat Hürlimann nach eigenen Worten mit den Arbeiten für die Sammlung Ludwig Neuland betreten: "Es war eine Herausforderung", die ihn einige Jahre in Atem gehalten habe.

Die Ausstellung "Lust und Verlust" Bilder von Manfred Hürlimann in der Sammlung Ludwig Bamberg (Altes Rathaus, Obere Brücke) ist bis zum 12. November Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16.30 Uhr zu sehen. Am Mittwoch, 22. März, führen Manfred Hürlimann und Kuratorin Eva Schurr durch die Präsentation. Anmeldung über VHS: Telefon 0951 / 871108, www.vhs-bamberg.de.