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Lösung im Streit um die Stromtrassen


Autor: Günter Flegel

Bayreuth, Mittwoch, 21. Januar 2015

Im Streit um die Energiewende zwischen München und Berlin wurde ein Kompromiss ausgehandelt, mit dem Horst Seehofer sich als Sieger präsentieren kann. Gebaut wird nur die Südlink-Leitung. Ober- und Mittelfranken werden von neuen Stromleitungen verschont - vorerst.
Trasse Symbild Foto: Günter Flegel


Bayern hat bei der Umsetzung der Energiewende einen Teilerfolg erzielt: Die umstrittenen neuen Stromtrassen werden nicht wie geplant verwirklicht. Gebaut wird zunächst nur die Südlink-Trasse durch Unterfranken; Ober- und Mittelfranken bleiben trassenfrei.

Das ist einer der Eckpunkte, der sich im Streit um die Energiewende zwischen Berlin und München abzeichnet. Bayern wird zwar keinen Sonderweg bei der Energiewende gehen, wie führende CSU-Vertreter als Ziel ausgegeben hatten. Trotzdem wahrt Ministerpräsident Horst Seehofer sein Gesicht, der sich an die Spitze der Anti-Trassen-Bewegung gestellt hat. Zumindest gewinnt der Landesvater Zeit, ohne dass die Energiewende weiter verzögert wird.

Das hatten Spitzenvertreter der bayerischen Wirtschaft kritisiert, die Seehofer den Schwarzen Peter bei einem drohenden Strom-Blackout zuschoben.

Gabriel und Seehofer im Clinch

Für die sich abzeichnende Einigung im Stromstreit gibt es keine offizielle Bestätigung: Aus dem Haus der bayerischen Energieministerin Ilse Aigner (CSU) kommt ein Verweis auf den Abschluss des Energiedialogs Ende Januar; danach werde die Ministerin das neue bayerische Energiekonzept erläutern.

Ebenso zurückhaltend äußert sich das offizielle Berlin, nachdem sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Seehofer jüngst öffentlich abgewatscht hatten: Der SPD-Chef hatte den CSU-Vorsitzenden zu einer raschen Entscheidung für die neuen Stromtrassen gedrängt, Seehofer ebenso vehement gekontert, Bayern werde sich von Berlin nichts vorschreiben lassen.

Bleibt das neutrale Bonn, Sitz der Bundesnetzagentur. Hier hier gibt man sich salomonisch: Die Bundesnetzagentur mache keine Politik, sie vollziehe Gesetze. Unmissverständlich sagen die Netzexperten aber, was auch in Bayern jetzt akzeptiert wird: Die Stromversorgung braucht ein bundes- und europaweit verknüpftes Netz, und ohne neue Leitungen geht es nicht, die den im Norden reichlich produzierten Windstrom zu den Verbrauchern im Süden bringen.

Umsetzung in Stufen

Dabei will Bayern einen Stufenplan: Gebaut werden soll zunächst die Stromtrasse "Südlink" von Hamburg über Grafenrheinfeld ins Schwäbische; ungeachtet der Bürgerproteste vor allem in Unterfranken. "Wir werden wohl das Opfer dafür sein, dass entlang der Südost-Trasse mehr Wähler wohnen", sagt Markus Stockmann von der Bürgerinitiative "Gegenstrom" in Elfershausen.

Ob die zweite Trasse (Südost) durch Ober- und Mittelfranken überhaupt noch gebraucht wird, soll geprüft werden, wenn der Strom durch Südlink fließt. Den fehlenden Atomstrom sollen ein bis zwei Gaskraftwerke liefern, die ähnlich wie die Erneuerbaren Energien öffentlich gefördert werden müssten. Auch hier setzt Bayern auf kleine Schritte: Laufen soll zunächst das aktuell unrentable Gaskraftwerk Irsching; bei Bedarf könnte ein zusätzliches Werk gebaut, möglicherweise in Franken.