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Lichteneiche: War 77-Jährige der Feuerteufel?


Autor: Anette Schreiber

Lichteneiche, Freitag, 08. November 2019

Das Verfahren gegen eine Frau, die Anfang des Jahres Brände gelegt haben soll, wurde eröffnet. Auf Anraten ihres Anwaltes machte sie keine Angaben.
78 Menschen wohnten in diesem  Haus in der Schlesienstraße, in dessen Keller ein Brand gelegt worden war.Archivbild: News5/Merzbach


Es sind überraschend wenig Zuhörer gekommen: Abgesehen von einer Besucherin, sind es Familienangehörige und zwei Freunde, die am gestrigen Freitag zur Eröffnung des Sicherungsverfahrens gegen Regina S. (Name geändert) gekommen sind. Dabei hatte doch eine ganze Serie von Brandstiftungen in Lichteneiche Anwohner und Öffentlichkeit Anfang des Jahres in Aufruhr versetzt. Die 77-Jährige soll für sechs derartige Taten verantwortlich sein. Weil sie wegen angenommener Schuldunfähigkeit in einer Klinik untergebracht wurde, geht es nun um ein Sicherungsverfahren.

Sichtlich mitgenommen und in Begleitung zweier Beamter wird Regina S. in den Gerichtssaal gebracht. Sie nimmt neben ihrem Pflichtverteidiger Andreas Dräger Platz. Weil sie derzeit in der Einrichtung in Taufkirchen untergebracht ist, liegt eine weite Anreise hinter ihr. Sie ist schon seit vier Uhr auf den Beinen "Der Zeitdruck war sehr groß", stellt deswegen ihr Verteidiger fest und: "Wir machen keine Angaben, auch nicht zur Person", lässt er die Mitglieder der Zweiten Strafkammer am Landgericht Bamberg und Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt wissen.

Während die Antragsschrift verlesen wird, greift die 77-Jährige immer wieder zum Taschentuch, wischt sich die Augen, schüttelt den Kopf. Vorgeworfen werden ihr Sachbeschädigung in vier Fällen, davon zwei Fälle in Tateinheit mit Brandstiftung, schwere Körperverletzung mit vorsätzlicher Körperverletzung in sechs Fällen sowie eine versuchte schwere Brandstiftung.

Es geht um Fälle, wo Müllcontainer angezündet wurden, beim schwersten um einen Brand, in einem Haus mit 78 Bewohnern, mehreren Verletzten und Sachschaden im sechsstelligen Bereich, sowie um eine brennende Strickdecke im Keller des Hauses, in dem S. lebt. Alles in der Schlesienstraße.

"Verstehen Sie mich?", will Manfred Schmidt wissen. Regina S. fragt nach, aber eher wegen der Lautstärke. Die Frage, wie es ihr in Taufkirchen gehe, beantwortet sie: "Taufkirchen ist gut." Das letzte Mal, dass sie an diesem Tag das Wort ergreift. Obwohl es sie scheinbar doch öfter dazu drängt, etwas zu äußern. Verständnisloses Kopfschütteln ist alles, was ihr bleibt.

Da Sachverständiger Christoph Matern kurzfristig verhindert ist, kommt nur ein Zeuge zu Wort. Ein Sachbearbeiter bei der Kriminalpolizei Bamberg und Mitglied der Sonderkommission zu den Bränden. Zusammen mit einem Kollegen hat er die 77-Jährige nach ihrer Festnahme vernommen.

Die Festnahme ist insbesondere auf der Aussage zweier Zeuginnen erfolgt, die der 77-Jährigen auf der Kellertreppe begegneten, als es im Keller dieses Hauses brannte, in dem sie auch wohnte. Dabei soll die Frau ein Feuerzeug in der Hand gehabt haben. In der Vernehmung hatte sie gesagt, dass sie es zum Rauchen mit nach draußen und wieder hinein genommen hatte, und dass sie im Keller nachsehen wollte, ob Platz für ihr Rad sei.

Wunde an der Hand

Von Bedeutung ist auch eine Wunde an der rechten Hand, die sich die 77-Jährige beim Pansenschneiden für ihren Hund zugezogen haben will. Laut einem Gutachten kommen aber auch thermische Einwirkungen dafür in Frage. Eine Frage, die auch Staatsanwalt André Libischer interessierte.

Weitere Zeugen hatten sie bei einem anderen Brandvorkommnis bei Müllcontainern gesehen, die später brannten. Es werden noch eine ganze Reihe Zeugen zu Wort kommen.

Richter Schmidt, der immer wieder aus der Vernehmungsaufnahme zitierte, wollte von dem Kriminaler wissen, ob die Beschuldigte jemals den Brand in ihrem Haus oder die Brände in den anderen Fällen eingeräumt habe, was der Zeuge verneinte. DNA von ihr wurde an mehreren Brandorten gesichert, erfuhr der Staatsanwalt auf Nachfrage. Die Untersuchung ihrer Kleidungsstücke (vom Brandtag in ihrem Wohnhaus) hingegen blieb ohne Ergebnis.

Auf ein mögliches Motiv angesprochen musste der Zeuge passen. Ebenfalls verneinen musste er die Frage, ob es Zeugen gebe, die gesehen hätten, wie Regina S. "tatsächlich zündelt, etwas anzündet". Schmidt wollte weiter wissen, ob es noch Brände gab, nachdem die Beschuldigte untergebracht war. Das war der Fall, aber an anderer Stelle in der Schlesienstraße, gelbe Säcke. Aber das sei ein Jahr zuvor wohl ebenfalls der Fall gewesen und nicht aktenkundig geworden. Man habe dies nicht im Zusammenhang mit der Brandserie gesehen, so der Zeuge.

Räumliche Nähe

Bei den weiteren Bränden, unter anderem in der Gartenstadt in etwa dem gleichen Zeitraum wie die anderen Brände, hakte auch der Verteidiger nach, der hier doch eine räumliche Nähe erkannte. Er fragte auch nach, warum Regina S. gegen 22.35 Uhr abgeholt, aber erst um 2 Uhr vernommen worden war. "Was ist dazwischen passiert?" Die Frage blieb offen. Außer Frage steht jedoch, dass die Beschuldigte bei der Festnahme alkoholisiert war. Der Zeuge glaubt, sich an einen Wert von 0,92 Promille zu erinnern.

Das Verfahren wird am Mittwoch, 20. November, um 9 Uhr fortgesetzt.