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Lichteneiche-Prozess: Brandwunden früher zugezogen


Autor: Anette Schreiber

Lichteneiche, Freitag, 22. November 2019

Im Verfahren gegen eine 77-Jährige, die im Frühjahr in Lichteneiche verschiedene Müllcontainerhäuschen und Keller angezündet haben soll, kam ein weiterer Gutachter der Rechtsmedizin zu Wort.
Auch weitere Zeugen brachten nicht viel Licht in die Verhandlung um eine Reihe von Brandstiftungen in Lichteneiche. Anette Schreiber


"Die Schlesienstraße ist ein Dorf." Das stellte eine der Zeuginnen als Randbemerkung im Unterbringungsverfahren gegen eine 77-Jährige fest, der eine Reihe von Brandstiftungen zu Jahresbeginn in der Schlesienstraße in Lichteneiche zur Last gelegt werden. In dem von Vorsitzendem Richter Manfred Schmidt geleiteten Verfahren der Zweiten Strafkammer am Landgericht Bamberg brachten weitere Zeugen am Freitag wiederum nicht viel mehr Licht in die Angelegenheit. Vor allem eben nicht in Bezug darauf, was Regina S. (Name geändert) hier getan haben könnte, an welchem Brandort und wie lange sie gewesen sein könnte.

Zur Last gelegt werden ihr Müllcontainerhaus-Brände in der Schlesienstraße 125 und 123. Ebenfalls ein großer Kellerbrand in der Schlesienstraße 123 am 12. Februar. Sie soll auch für einen Müllcontainerbrand in der Schlesienstraße 68 am 14. Februar verantwortlich sein und am gleichen Tag an der gleichen Adresse im Keller eine Decke angezündet haben, sowie 18. Februar den Sichtschutz an einer Kellertür in Brand gesetzt haben. Ebenfalls in der Schlesienstraße 68. Dort wohnte die Frau auch.

Insbesondere zum letzten Fall wurde nun ein Gutachter der Rechtsmedizin Erlangen gehört. Es ging um die Alkoholisierung und Verletzungen an den Händen der Frau. Von der Entnahmezeit zur Tatzeit zurückgerechnet, hatte sie maximal 2,04, aber "wahrscheinlich 1,61 Promille". Die Verletzungen an ihren Händen rühren von thermischen (Hitze-) Verletzungen und sind keinesfalls durch Schnitte entstanden, wie sie zu Protokoll gegeben hatte. Freilich könnte eine der noch gefüllten Brandblasen auch vor dem Brand entstanden sein, "dass sie nicht gerötet ist, spricht dafür". Eine getrocknete Blase hingegen war eindeutig eine ältere Verletzung.

Feuer flammte auf

Wie man auf Regina S. als mögliche Brandstifterin gekommen ist, sollten die Schilderungen einer 82-Jährigen aus dem Nachbarhaus zeigen. Sie hatte vor den letzten drei Bränden einen Menschen beim Müllcontainerhäuschen gesehen und "dann ist dreimal Feuer aufgeflammt." Es war jemand mit schwarzen Haaren oder schwarzer Mütze mit dunklem Trainingsanzug mit roten Streifen. Von der Beobachtung erzählte sie ihren Nachbarn, eine davon die Tochter Svetlana J., in deren Keller in Schlesienstraße 68 es am 18. Februar brannte. "Die Nachbarn haben entschieden, dass es Regina war", ließ sie über die Dolmetscherin erklären. Wann dieses Gespräch jedoch stattgefunden hatte, konnte sie nicht eindeutig zuordnen. Was aber sehr wichtig wäre, wie Schmidt verdeutlichte.Einer vorherigen Aussage zufolge wollen Svetlana J. und ihr Mann Regina S. beim letzten Brand auf der Kellertreppe begegnet sein und gesehen haben wie sie unter anderem ein Feuerzeug hatte. Regina S. wiederum soll dabei Svetlanas Mann für das Feuer verantwortlich gemacht haben.

Weitere Zeugen aus der Schlesienstraße 123 (der große Kellerbrand) konnten kaum Angaben zu Regina S. im Zusammenhang mit den verschiedensten Bränden machen, berichteten aber, dass bisweilen Hausschlüssel, die für die Haustüre, Kellertüre und Müllhäuschentüre passen, verloren gegangen waren.

Eine weitere Zeugin, deren Mutter im Nachbarhaus (125) wohnt, berichtete von einem anderen Vorkommnis am Abend des großen Brandes. Demnach trafen sie und ihre Mutter im dunklen Hausgang auf einen unbekannten jungen Mann mit Kapuze. Der ging dann hinüber zu Nummer 123, zündete sich wohl unter einer Laterne eine Zigarette an. Nur wenig später brannte es in Nummer 123.

Unterschiedlich fielen Zeugenaussagen zur Anwesenheit der Beschuldigten beim großen Brand (12. Februar, Schlesienstraße 123) aus. Nahezu alle der 78 Bewohner wurden über Leitern und die Balkone aus dem stark verrußten Gebäude gerettet. Auf der Freifläche vor dem Haus versammelte sich die Nachbarschaft. Einige wollen hier auch Regina S. gesehen haben. Andere nicht. Einige behaupten, sie habe hier Ausländerfeindliches gerufen.

Auf einige Zeugen verzichten

Am Ende dieses Verfahrenstags waren sich Richter Manfred Schmidt, Staatsanwalt André Libischer und Verteidiger Andreas Dräger darin einig, dass man auf die Aussagen weiterer Zeugen aus dem Haus Nummer 123, "die gerettet, aber nicht verletzt wurden", verzichten kann.

Nicht verzichtet wurde darauf, die Schwester des Hauseigentümers von Nummer 123 und Nummer 125 zu hören. Sie ist für ihren in Moskau lebenden Bruder in der Hausverwaltung tätig. Für die Objekte in Lichteneiche und weitere, wie Richter Schmidt auf Nachfrage erfuhr. Seit 2008 gehören die Häuser in Lichteneiche dem Bruder der Zeugin. An Sachschäden entstanden durch die Brände etwa 70 000 bis 80 000 Euro, für Reinigung wurden weitere 200 000 Euro fällig.

Versicherungstechnisch stehe man kurz vor Abschluss der Angelegenheit. Da die Mieter zwischen Februar und Juni das Haus nicht bewohnen konnten, habe man auch Mietausfälle, die aber nicht komplett von der Versicherung gedeckt sind, so die Zeugin auf Nachfrage Schmidts. Er wollte auch wissen, ob der Eigentümer zu Jahresbeginn möglicherweise in finanziellen Schwierigkeiten (die Kredite zu bedienen) steckte. "Wir zahlen monatlich", erwiderte die Zeugin. Bis auf drei, vier Familien seien wieder alle Mieter in die Schlesienstraße 123 zurückgekehrt.

Die Verhandlung wird am Montag, 2. Dezember, um 9 Uhr fortgesetzt.