Druckartikel: Laute Nachtschwärmer rauben Straßgiechern den Schlaf

Laute Nachtschwärmer rauben Straßgiechern den Schlaf


Autor: Stefan Fößel

Straßgiech, Freitag, 13. Oktober 2017

Für viele ist der "Giecher Bäck" Kult. Doch Anwohner klagen über Ruhestörungen, zerschlagene Scheiben und unschöne Hinterlassenschaften.
Foto: Ronald Rinklef


Es ist kurz nach Mitternacht und rund um die Baustelle in der Drosendorfer Straße hat das Kommen und Gehen erst langsam begonnen. Türen schlagen, ein junger Mann in Club-Trikot uriniert auf der Straßenmitte, viele fahren bis direkt an die Absperrungen heran oder stellen sich in Hauseinfahrten. Autos mit Haßfurter, Höchstadter und Kronacher Kennzeichen. Alle lockt der Leberkäs in vielen Varianten an, den der "Giecher Bäck" Friedrich Rahmer die ganze Nacht über verkauft.
Er hat damit offensichtlich eine Marktlücke aufgetan. Discogänger und hungrige Nachtschwärmer nehmen für die späte Mahlzeit zum Teil sehr weite Wege auf sich. Jedoch zum Leidwesen einiger Anwohner, die nachts nicht mehr schlafen können. "Am Sonntagfrüh um fünf, halb sechs ist es drunten wieder zugegangen", sagt Alfons Diller. "Ein paar völlig Besoffene haben sich mit dem Taxi herfahren lassen und haben laut herumgeschrien." So gehe das fast jede Nacht, selbst an Ostern und Weihnachten, immer wieder werde er durch den Lärm aus dem Schlaf gerissen. "Ich hab' auch schon 100 Autos in einer Nacht gezählt", sagt Diller. Friedrich Rahmer stand trotz zahlreicher Anfragen leider nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung.
"Am Anfang war's ja nur am Freitag und am Samstag", sagt Ortssprecher Ulrich Roth hinzu. "Dann auch wochentags. Und richtig extrem ist es geworden, nachdem er ein Vierteljahr vor Beginn der Baustelle intensiv im Internet geworben hat." Im Sommer sei dann die Baustelle zur Partymeile geworden, einige hätten zur nächtlichen Brotzeit Bierkästen aus dem Kofferraum geholt und die Musik laut aufgedreht. Allein bei Facebook "gefällt" die Seite vom "Giecher Bäck" mehr als 4600 Menschen, viele dokumentieren dort ihren nächtlichen "Tour-Abschluss", auf YouTube ist der "Giecher Bäck Song" zum Hit geworden, in dem es unter anderem heißt: "Die ganze Nacht is offen, auch wenn alles andre dicht ist. Irgendjemand wird schon fahren, auch wenn du mega dicht bist."
Die Nachbarn können darüber nicht lachen. "Ich hab' schon öfters mit ihm geredet, er wollte dazuhelfen, dass es besser wird", sagt Roth. Der Bäcker habe manchen Besuchern schon Hausverbot erteilt. "Aber wenn ich ihn dann frage, warum er manche Leute dann immer noch bedient, sagt er, die würden sonst noch lauter sein und ihm die Tür einschlagen." Diller sehe auch immer wieder Autos in falscher Richtung durch die Einbahnstraße fahren und als er einmal einen Fahrer darauf ansprach, habe er zur Antwort bekommen: "Das mache ich schon immer so, wenn ich zum Giecher Bäck fahr. Und jetzt geht ins Bett, ihr Alten."
Die Anwohner fühlen sich in Stich gelassen. "Der Bürgermeister hat uns ans Landratsamt verwiesen, die Polizei sagt, sie hat nicht die Kapazitäten, um jeder Störung nachzugehen. Und als ich in der Sprechstunde vom Herrn Landrat war, hat er gesagt, seinem Sohn gefällt es auch beim Giecher Bäck", sagt Diller. Eine Untersuchung durch das Landratsamt habe ergeben, dass durch Rahmers Imbiss-Konzession alles abgedeckt sei, viel konkreter wird das Antwortschreiben nicht. "Das ist ein Witz", findet Diller.
Bürgermeister Roland Kauper (CSU) kennt das Problem schon lange: "Das ist eine verfahrene Situation, ich verstehe den Ärger der Anwohner. Aber ich wüsste auch nicht, was man da machen kann. Gewerbe- und baurechtlich ist nichts zu beanstanden." Er sieht die Schuld nicht beim Betreiber, sondern bei einigen "schwarzen Schafen" unter den nächtlichen Besuchern. "Von genehmigungsrechtlicher Seite ist alles in Ordnung", sagt auch Harald Krug, Fachbereichsleiter beim Landratsamt Bamberg. "Ich will manche Dinge sicher nicht für gut heißen, aber man hat es nicht in der Hand. Wem er noch was verkauft, das ist seine persönliche Entscheidung." Die von den Anwohnern beklagten Ruhestörungen und vieles mehr fänden im öffentlichen Raum statt - und für den sei Rahmer nicht verantwortlich.


Schlafzimmer werden verlagert

Hans Gerner musste als direkter Nachbarn mehrfach Fensterscheiben ersetzen, die ihm zerschlagen worden waren - inzwischen hat er sie mit einem Bretterverschlag gesichert. "Und dann haben sie auch noch gesagt, das seien unsere eigenen Gäste gewesen, dabei ist unser Wirtshaus so spät gar nicht geöffnet."
"Wenn es eine konkrete Ruhestörung gibt und es beschwert sich jemand, gehen wir dem auch nach, soweit es einsatzmäßig möglich ist", sagt Helmut Fischer von der Polizei Bamberg-Land. Der "Bäck" sei ihm bekannt als Anlaufstelle für Nachtschwärmer. "In den letzen acht Wochen gab es dort keine entsprechenden Einsätze. Es kann höchstens sein, dass jemand angerufen hat und gerade alle verfügbaren Kräfte im Einsatz waren."
Der Ärger hat sich laut Roth über längere Zeit aufgestaut. "Manche Ältere sagen nichts und verlagern ihr Schlafzimmer. Ich weiß auch von Eltern, die ihre Kinder mit ins Bett nehmen, weil das Kinderzimmer auf der Straßenseite liegt und sie dort nicht schlafen können." Er selbst sei vor allem enttäuscht, dass all die Gespräche mit Rahmer nicht viel gebracht hätten. Dass weiterhin jeder, egal in welchem Zustand, auch noch in den Morgenstunden bedient werde. Dass die Nachbarn nachts um den Schlaf gebracht werden und morgens immer wieder auf unappetitliche Hinterlassenschaften stoßen.