Druckartikel: Landwirt aus Hirschaid: Angst um die Familientradition

Landwirt aus Hirschaid: Angst um die Familientradition


Autor: Peter Groscurth

Großbuchfeld, Freitag, 15. Januar 2016

Der Preisverfall beim Schweinefleisch macht Bauer Bernhard Kohlmann schwer zu schaffen. Der Umsatz seines Hofes ist im vergangenem Jahr eingebrochen und die Krise verhindert wichtige Investitionen.
Bernhard Kohlmann mit einem Ferkel auf dem Arm im heimischen Schweinestall in Großbuchfeld. Foto: Matthias Hoch


Die Landwirte in der Region leiden unter dem starken Preisverfall und machen immer weniger Gewinne. Zwar erreichte der Freistaat 2015 trotz des Russland-Embargos einen neuen Agrar-Exportrekord von rund 8,9 Milliarden Euro. Doch von dieser Bestmarke haben viele Bauern aufgrund sinkender Weltmarktpreise etwa für Milch oder Getreide aber wenig, klagt der bayerische Bauernverband (BBV): So sei das Einkommen der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Bayern im letzten Jahr um stolze 22,5 Prozent gesunken.

Bernhard Kohlmann ist Landwirt im Hirschaider Ortsteil Großbuchfeld, betreibt dort eine Ferkelaufzucht. Seit vielen Generationen lebt die Familie vom Ertrag der Felder und der Viehwirtschaft. Doch die Zeiten sind hart. In den Sommermonaten beträgt ein Arbeitstag bis zu 16 Stunden, sechs Tage die Woche. Aber all der Einsatz in den Ställen und draußen in der Flur lohnt sich allmählich nicht mehr. Im Betriebsjahr 2015 brach der Umsatz des Familienbetriebs, zu dem Ehefrau Theresia und Sohn Christian gehören, um 80000 Euro ein.

Wo liegen die Gründe? Kohlmann: "Für ein Qualitätsferkel bekommen wir jetzt beim Verkauf an den Mäster zur Zeit 44,50 Euro." 30 Kilogramm sind die kleinen Schweine dann schwer. "Mit Ach und Krach deckt das die reinen Produktionskosten", führt Kohlmann aus, der 2004 den Hof vom Vater übernommen hat. 60 Euro wären für den 49-Jährigen als Preis ideal. "Dann könnte ich auch wieder investieren." Zur Zeit sei das nicht möglich. Eigentlich wollten die Kohlmanns heuer einen neuen Schlepper anschaffen. Eigentlich, denn das Geld dafür ist einfach nicht da. 130000 Euro kostet ein 150 PS-starker Traktor. "Darauf werden wir wohl verzichten müssen", so Kohlmann.


Schmerzhafte Preisschlachten

Schuld am Einkommensschwund sei neben niedrigen Weltmarktpreisen vor allem der Preisdruck der großen Einzelhandelsketten, klagt Werner Nützel, Geschäftsführer des BBV im Landkreis Bamberg, wo es noch etwa 1700 Voll- und Nebenerwerbsbetriebe gibt.

So blieb etwa laut BBV der Erzeugerpreis für ein Kilogramm Schweinefleisch seit Anfang 2011 mit zuletzt 1,25 Euro fast konstant - während die Gewinnmarge der Supermarktketten in der gleichen Zeit von 4,10 Euro auf 4,71 Euro angewachsen sei. Diese Schlacht der großen Einzelhandelsketten mit den Landwirten sei kein nachhaltiger Umgang mit hochwertigen Lebensmitteln, kritisiert Nützel. "Die Rabatte müssen die Erzeuger, also die Landwirte stemmen. Das drückt viele Betriebe an die Wand." Und die Politik verweigere den Bauern bis heute einen Ausgleich.

"Wer will noch die kleine Landwirtschaft?", fragt sich daher Landwirt Kohlmann. Früh um 7 Uhr beginnt für ihn der Arbeitstag mit Arbeit im Schweinestall. Dort, wo sich die Ferkel tummeln, ist es hell, gut belüftet und sogar eine Fußbodenheizung sorgt dafür, dass sich die Tiere wohl fühlen und es warm haben.

"Wir haben doch großes Interesse, dass wir das Tierwohl ernst nehmen", erklärt Kohlmann. Die Wunschträume vieler Verbraucher, nach denen Kühe oder Schweine im Freien gehalten werden sollten, seien unrealistisch. "Zum Schutz vor gefährlichen Krankheiten müssen wir die Ställe absolut rein halten und regelmäßig desinfizieren. Das ist draußen nicht möglich. Und auch beim Antibiotika-Einsatz gehen wir sorgfältig damit um. Solche Präparate sind teuer und wir können es uns gar nicht leisten, weil wir gar nicht das Geld dazu haben." Die Vorwürfe von Tierschützern treffen den Landwirt aus Großbuchfeld. "Da gibt es viele Halbwahrheiten und immer kommen nur die Vorteile zur Sprache und nicht deren Nachteile."

Macht dem Bauern die Arbeit noch Spaß? Kohlmann kommt ins Überlegen und blickt in Richtung seiner zig Aktenordner, in denen sich Dokumente, Rechnungen und Nachweise befinden. Der Landwirt von heute wandelt sich tatsächlich immer mehr hin zu einem Agrar-Manager, der akribisch Buch führen muss, wann welches Mutterschwein wie viele Ferkel hatte und diese wiederum weiterverkauft wurden.

"Heute werden uns Landwirten nur noch Knüppel zwischen die Beine geworfen. Uns wird immer vorgehalten, was wir alles falsch machen. Das geht an die Nerven." Immer häufiger hört er daher die Sätze "Uns reicht's" oder "Ich höre auf" von Landwirten aus der Umgebung. Die Folge: Höfe verschwinden. Früher wurde in jedem Anwesen in Großbuchfeld Landwirtschaft betrieben. Heute sind nur zwei übrig geblieben. BBV-Geschäftsführer Nützel meint: "Unsere Landwirte hier in der Region arbeiten gewissenhaft, kümmern sich wirklich darum, dass ihren Tieren auch gut geht. Die Betriebe achten auch auf die Umwelt, pflegen unsere Kulturlandschaft und prägen so das Dorfleben."


Unsichere Zukunft

Leider ist die bäuerliche Zukunft längst nicht mehr gesichert. Da macht sich auch Bernhard Kohlmanns Sohn seine Gedanken. Er arbeitet auf dem Hof der Eltern mit, hat seinen Job dafür aufgegeben.
Die Arbeit in der Landwirtschaft macht ihm Spaß, aber ob das auch in ein paar Jahren so sein wird, weiß der 23-Jährige Christian nicht. "Es ist eben schwierig und es wird nicht besser. Wenn es nicht anders geht, muss ich wohl wieder als Elektriker arbeiten." Dann wäre es auch vorbei mit der langen Tradition der Landwirtschaft bei den Kohlmanns - ein für allemal.

Landwirtschaft rund um Bamberg
Bauernhöfe Gegenwärtig gibt es im Landkreis über 1700 landwirtschaftliche Betriebe, 342 davon werden laut Zahlen des bayerischen Bauernverbandes im Vollerwerb geführt. 73 Bauernhöfe sind sogenannte Ökobetriebe, deren Anteil liegt somit bei 4,2 Prozent.

Flächen Die meisten Landwirte bewirtschaften übrigens kleinere Flächen von bis zu 20 Hektar. Nur 56 Bauernhöfe sind mehr als 150 Hektar groß. Im Durchschnitt liegt die Größe eines Betriebs bei 28,8 Hektar. Die l Ackerfläche liegt insgesamt bei rund 40000 Hektar.

Tierhaltung Über 11000 Ferkel sowie 2500 Zucht- und Jungsauen stehen in den Ställen der Landwirte. Dazu kommen 10000 Milchkühe und fast 1300 Schafe. Eine kleinere Rolle spielt hingegen das Geflügel mit 433 Enten, 214 Gänsen, 84 Puten und 912 Masthähnchen im Jahr 2014.