Frensdorf: Landgasthof gibt Flüchtlingen ein Quartier
Autor: Werner Baier
Frensdorf, Donnerstag, 18. Februar 2016
Frensdorf sieht der Zuweisung von rund 40 Asylbewerbern aus Asien entgegen. Die Grundstimmung unter der Bevölkerung ist positiv.
Der renommierte Landgasthof Pickel wird eine "dezentrale Unterkunft" für bis zu 45 Asylbewerber, hauptsächlich aus Syrien, Irak und Afghanistan. Diese Nachricht, die in der Bürgerversammlung am Mittwochabend offiziell bekanntgegeben wurde, überraschte kaum noch jemanden im voll besetzten Saal der Museumsgaststätte: Seit Herbst letzten Jahres bereitet die Gemeindeverwaltung die Bürger schonend darauf vor, dass auch Frensdorf mit seinen 5000 Einwohnern seinen Teil zur Unterbringung der vor Krieg und Terror fliehenden Menschen leisten muss.
Einer, der dem Aufruf der Gemeinde folgte, geeignete Räume zur Verfügung zu stellen, ist der weithin bekannte Hotelier Josef Pickel. "Ich bin alleinstehend und mein Sohn will erst in ein paar Jahren unseren Betrieb übernehmen; allein schaffe ich ihn nicht", begründete der Gastronom seinen Entschluss, Restaurant und Hotel für zwei bis vier Jahre zu schließen. Am kommenden Sonntag, sagte er seinen Stammgästen im Versammlungsraum, könne man nochmal miteinander in seiner Gaststube anstoßen. Dann wird der Landgasthof nach Weisung des Landratsamtes auf seine Funktion als Flüchtlingswohnheim umgerüstet. Es müssen einige Auflagen erfüllt werden.
Gemischte Gefühle
Wie alle Frensdorfer nimmt auch Bürgermeister Jakobus Kötzner (AWL) den Entschluss von "Sepp" Pickel mit gemischten Gefühlen auf. Auf der einen Seite verliere die Gemeinde ein beliebtes Gasthaus, andererseits sei das Gebäude-Ensemble mit seinem Innenhof bestens zur Beherbergung von Asylbewerbern geeignet, räumte das Gemeindeoberhaupt vor den Bürgern ein.Und Frensdorf ist offensichtlich willens, die Neulinge gut aufzunehmen. 40 Helfer hatten sich schon bei der Gemeinde gemeldet, gut 20 weitere trugen sich bei der Bürgerversammlung in eine Liste ein. Etwa zwei Wochen vor der ersten Ankunft der Ausländer soll ein Helferkreis gebildet werden. Auch die Vereine hat Bürgermeister Kötzner inzwischen aktiviert. Sie seien gut vernetzt und schon immer mit ihren ehrenamtlichen Funktionären an einer intakten Dorfgemeinschaft beteiligt.
Gesondert informiert wurden die unmittelbaren Nachbarn des Landgasthofes und natürlich hat sich der Bürgermeister die Unterstützung der Polizeiinspektion Bamberg Land versichert. Kötzner hofft, dass die Polizei wegen der Flüchtlinge nichts in Frensdorf zu tun bekommt. "Wir wollen helfen," sagte der Bürgermeister, "denn es geht um Menschen, die in ihrer Heimat bedroht sind an Leib und Seele". Kötzner: "Miteinander wollen wir die Herausforderung meistern!"
Steffen Nickel, Geschäftsbereichsleiter "Zentrale Steuerung" am Landratsamt Bamberg, informierte, dass zur Zeit in 26 der 36 kreisangehörigen Gemeinden 1070 Flüchtlinge untergebracht seien. Wöchentlich weise die Regierung von Oberfranken dem Landkreis etwa 30 weitere Asylbewerber zu. Landrat Johann Kalb (CSU) wolle, dass "die Last auf möglichst viele Schultern verteilt" werde. Deshalb versuche die Kreisverwaltung, die Flüchtlinge dezentral zu beherbergen. Logistisch leichter zu bewältigen wäre die Aufgabe dann, wenn Massenquartiere verwendet werden.
Die Kreisverwaltung bemühe sich, dass nach Frensdorf "ein Gemisch aus Familien und Alleinstehenden" komme, versicherte Uta von Plettenberg, Geschäftsleiterin für Soziales am Landratsamt Bamberg. Die Asylbewerber erhielten finanzielle Unterstützung etwas unterhalb der Hartz-IV-Sätze. Sie müssten davon ihren gesamten Lebensunterhalt bestreiten, abgesehen von den Kosten der Unterbringung. Im Haushalt der Gemeinde sei für die Asylbewerber nichts zu berücksichtigen. Die Aufteilung der Kosten sei zwischen Staat, Bezirk und Landkreis geregelt.
Betrieben wird das Frensdorfer Asyl vom Migrationssozialdienst der Arbeiterwohlfahrt Bamberg. Deren Geschäftsführender Vorstand Werner Dippold verwies auf das gute Einvernehmen der Gemeinde und der Awo im Zusammenhang mit dem Kinderhaus. Er strahlte die Zuversicht aus, dass dies auch auf die Herberge übertragen werden könne.
Dippold freut sich, dass Josef Pickel weiterhin in seinem Haus wohnen bleibe, darauf aufpassen und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen wolle. Der Landgasthof werde überwiegend mit solchen Flüchtlingen belegt, die eine große Chance auf Anerkennung hätten. Deshalb empfahl Dippold den Frensdorfern, ins Gespräch mit den Neulingen zu kommen und bei der Integration zu helfen. Es sei erstrebenswert, dass sich die Flüchtlinge wohlfühlen und sich eine Existenz aufbauen können. Um das zu erreichen, würden verschiedene Angebote unterbreitet, die deutsche Sprache zu erlernen. Zur Erleichterung der Kontakte mit den Behörden in Bamberg stelle die Awo ihren Kleinbus zur Verfügung, kündigte Dippold an. Zu gegebener Zeit werde die Bevölkerung um Kleiderspenden gebeten.
Gute Erfahrungen
Von guten Erfahrungen mit den Flüchtlingen berichtete die evangelische Pfarrerin Angelika Steinbauer, die in ihrer Pommersfeldener Gemeinde seit dem Advent etwa 30 Asylbewerber betreut: "Es läuft gut von Anfang an!" Die anfängliche Skepsis und Unsicherheit der heimischen Bevölkerung sei inzwischen dem Gefühl einer Bereicherung durch die Flüchtlinge gewichen. Man betrachte sie inzwischen als Gäste und begegne sich mit "Grüß Gott!" Das Miteinander sei eine Chance, sich kulturell übergreifend und menschlich zu bereichern. Eine positive Erfahrung sei gewesen, dass die ersten nach Pommersfelden gekommenen Asylbewerber komplett zu einem Gottesdienst erschienen seien. Seitdem lasse die Gemeinde das Gotteshaus offen als einen Ort der Ruhe und Besinnung. Aus persönlicher Betroffenheit eines Flüchtlingskindes ermunterte der ehemalige Bauhofleiter Erhard Dotterweich seine Frensdorfer Mitbürger, den zu erwartenden Asylbewerbern zu helfen. Und dafür, dass es am örtlichen Badesee keine Übergriffe gibt, will Dotterweich persönlich sorgen. Denn da führt er nach wie vor die Aufsicht.
Harmonie und Zuversicht
Dass nicht jeder Frensdorfer glücklich über diesen Bevölkerungszuwachs ist, brachten einige Fragesteller zum Ausdruck. Einer hoffte gar - freilich vergebens - auf eine Haftungserklärung des Bürgermeisters für denkbare Eigentums- oder Sittlichkeitsdelikte. Und vereinzelt wurde versucht, das große politische Thema auf die lokale Agenda zu setzen. Indes: Der Versammlung stand der Sinn nach Harmonie und Zuversicht. So warb der Bürgermeister um die Bereitstellung von Arbeitsplätzen und vor allem um Vertrauen. "Habt nicht so viel Angst!", rief Kötzner seinen Mitbürgern zu. Und da hilft auch ein offener Umgang mit allen Fragen und Problemen. Dass an der Bahnhofstraße demnächst ein weiteres Asyl entstehe, bezeichnete Kötzner als frei erfundenes Gerücht. Allerdings schloss er nicht aus, dass in der Gemeinde weitere Wohnheime für Flüchtlinge entstehen könnten. Am Ende der knapp zweistündigen Versammlung gab es Beifall - keinen Misston.