Kuscheltier mit hartem Kern
Autor: Sabine Christofzik
Bamberg, Donnerstag, 16. Februar 2017
Lange vor dem Steiff-Teddy hat die Firma Bing schon Bären zum Spielen hergestellt. Aus Bamberg kommt die Idee für eine Jubiläumsausgabe.
Anschmiegsam war er nicht, aber er hatte ein ein Plüschfell. Und bewegliche Arme. Sein Körper bestand innen aus Blech. Der Name Teddybär stand noch in den Sternen.
Doch er war schon ein Spielzeug in Bärenform, viele Jahre bevor die Firma Steiff ihren - später nach dem amerikanischen Präsidenten Theodore "Teddy" Roosevelt benannten - Petz auf den Markt brachte.
Die Firma Bing aus Nürnberg hat 1882 das Urmodell von Kunz Weidlich entwerfen lassen. Das weiß Eric Kluge, der zusammen mit seiner Frau Margot 1992 die Arbeitsmaterialien und die Rechte für Bing-Spielzeug erworben hat.
Dieser Zweig des Unternehmens, das 1932 in Konkurs ging, wurde in der Bamberger Zwerggasse revitalisiert. Er lebt weiter bei "Spiel und Technik Kluge" und in der Puppenklinik, die Eric Kluges Eltern 1939 von Agathe Damm übernommen haben. Auch diese Institution hat 1882 als Gründungsjahr.
Zum 135. Jubiläum des Ur-Bärenmodells hat Eric Kluge eine besondere Editition des Spielkameraden mit dem schlicht gestalteten Gesicht auflegen lassen.
Untergang der Titanic überstanden
Ein solcher Bär ist 1912 sogar, ganz am Rande, in die Geschichte eingegangen, erzählt der Spielzeugfachmann. Er hat den Untergang der Titanic überstanden. Der Restaurantleiter des 1912 gesunkenen Luxusdampfers der ihn bei sich trug, jedoch nicht. Als die Leiche von Gaspare Gatti geborgen wurde, hat man in seinem Tabakbeutel einen Bing-Bären mit Blechkörper gefunden.Das später Gatti-Bär genannte Exemplar genoss aber nur einen Teil der Aufmerksamkeit, die einem "Kollegen" aus dem Hause Steiff zuteil wurde. Dieser Eisbär, Eigentum des Sohnes einer amerikanischen Familie, die gerettet wurde, avancierte zur Hauptfigur eines Kinderbuchs. Daisy Spedden, die Mutter des kleinen Bärenbesitzers, hat 1913 die Schiffskatastrophe aus der Sicht des Stofftiers geschildert. Erst Jahrzehnte später wurde das Manuskript gefunden und veröffentlicht.
Groß von sich reden gemacht haben Bing-Bären dagegen bei der Weltausstellung 1893 in Chicago. Die Firma erhielt für ihre Waren und die Präsentation eine Goldmedaille.
"Urahn aller Plüschbären"
"Der Gatti-Bär ist der Urahn der Plüschbären weltweit und zugleich Vorbild für die neue Generation", sagt Eric Kluge. "Der Trend geht wieder zu dieser ursprünglichen Körperform, während man lange Zeit quasi die Karikatur eines Bären bevorzugt hat."Für die heutigen Spielzeuge der Marke Bing gibt es keine feste Fertigungsstätte. Eric Kluge arbeitet mit vielen Spezialfirmen zusammen - meistens Familienbetrieben. "Hier können meine Vorstellungen umgesetzt werden, hier wird vieles noch in Handarbeit gemacht."
Wie so viele andere Schätze aus den "Jugendjahren" der Spielzeugproduktion, lagern auch die originalen Stanzformen für die Bären-Blechkörper aus der letzten Bing-Produktion in Bamberg.
Die Jubiläumsbären werden in Sonneberg von der Firma Martin hergestellt. Vertrieben werden sollen sie - mit Partnern - weltweit. Die Auflage ist auf 1350 Stück limitiert. 1882 und in den folgenden Jahren wurde der Ur-Plüschbär in einer Größe ab acht Zentimetern angefertigt. 135 Jahre später ist er auf 18 Zentimeter gewachsen.
Noch ein Jubiläum
Und an ein weiteres Jubiläum erinnert Eric Kluge: 1922, vor 95 Jahren, begann die Firma Bing mit der Produktion von Modell-Eisenbahnen der Spurweite H0. Als Idee aus der Bierstadt Bamberg gewissermaßen, wurden auf Waggons aufsetzbare kleine Container angefertigt, in die in einer Aussparung ein Bierflaschen-Kronkorken (per Magnet) befestigt werden kann. "So kann jeder Modelleisenbahnfreund, der auch Bierliebhaber ist, seinen Container mit dem Verschluss seines Lieblingsbiers bestücken - und immer wieder auswechseln."
Diese Entwicklung für die H0-Modelleisenbahn hatte bei der Spielwarenmesse 2017 Premiere. Es gibt sie auch für Modell-Lkw, die mit Federwerk fahren.