Druckartikel: Kunstwerke in bester Gesellschaft

Kunstwerke in bester Gesellschaft


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Dienstag, 21. Juli 2020

Trotz Corona finden die 25. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen vom 24. Juli bis 24. August statt. Anlass geben auch die Geburtstage zweier Galerien.
Christian Eduard Franke-Landwers führt sein Antiquitätengeschäft seit 30 Jahren.  Foto: Marion Krüger-Hundrup


Das größte Museum im Weltkulturerbe kostet keinen Eintritt. Kunstbegeisterte und solche, die es werden wollen, können zu den Öffnungszeiten hineingehen, schauen, genießen - und eventuell eine eigene Sammlung an Kleinodien starten. Denn dieses Museum mit wertvollen Objekten aus sieben Jahrhunderten ist nichts anderes als das Antiquitätenviertel in der Altstadt. Hier am Fuße des Dombergs reiht sich Galerie an Galerie: die größte Dichte qualifizierten Kunsthandels außer vielleicht noch in Paris das Carré Rive Gauche. Seit nunmehr 25 Jahren steht denn auch dieses Bamberger Viertel im besonderen Fokus: Trotz Corona finden auch 2020 vom 24. Juli bis 24. August die vielbeachteten Kunst- und Antiquitätenwochen statt.

Regional verortet und international agierend haben die Händler Bamberg zum Eldorado für Liebhaber antiker Objekte gemacht. "Das ist den Bambergern bewusst, sie identifizieren sich mit uns Kunsthändlern in unserer schönen Altstadt", freut sich Christian Eduard Franke-Landwers. Seit genau 30 Jahren bietet der studierte Kunsthistoriker in seinen Geschäften - erst in der Karolinenstraße, seit 1991 in der Herrenstraße - die wertvollsten Pretiosen an. Und findet als "Dienstleister", als der er sich versteht, "kultivierte Kunden": Einzeltouristen aus aller Welt wie Einheimische, den Herrn im Nadelstreifenanzug wie den Radler im Sportdress.

Franke-Landwers Geschäftsjubiläum ist sicher ein Anlass für die Durchführung der Kunst- und Antiquitätenwochen in Zeiten der Pandemie. "Wir Händler sind vorbereitet und haben Top-Objekte zusammengetragen", sagt er und zeigt auf sein "Highlight im Angebot der Wochen 2020": ein Höfischer Aufsatzschreibschrank aus Dresden, datiert 1750 - erhältlich für 285 000 Euro. "Es gibt dafür Käufer", weiß der 55-jährige Antiquitätenhändler, der eine eigene Restaurierungswerkstatt mit drei Mitarbeitern unterhält.

Außergewöhnliche Stücke

Zwischen der Fülle an zumeist barocken Möbeln, an Leuchtern, Ölgemälden, Porzellan und mehr sticht in diesen Tagen ein weiteres außergewöhnliches Stück hervor: zwei goldene Wärmeglocken aus dem Besitz von August dem Starken (Augsburg, 1730), versehen mit den Nummern 11 und 12. "Es gab nur 15 davon", weiß Christian Eduard Franke-Landwers. Sieben dieser Wärmeglocken aus vergoldetem Silber befänden sich in Museen, drei seien in Kriegen verloren gegangen.

Eine Rarität bester Güte weist auch der nächste Jubilar im Antiquitätenviertel auf: eine Fayence-Deckelvase aus Ansbach um 1735, die zur berühmten "Grünen Familie" gehört. 48 000 Euro kostet dieses seltene Spitzenstück: "Qualität wird gekauft", betont Walter Senger, Nestor, "graue Eminenz", Motor der Bamberger Kunst- und Antiquitätenszene seit nunmehr 50 Jahren. Am 15. Juli 1970 übernahm er mit seiner Frau Marianne das alteingesessene Bamberger Antiquitätengeschäft Harasmus-Lorenz in der Karolinenstraße. Und schaffte es mit Sachkenntnis, Tatkraft und Disziplin, die Marke "Senger Bamberg Kunsthandel" auf internationalem Parkett zu etablieren. Vor allem sein Spezialgebiet gotische Plastiken sowie Gemälde alter Meister - darunter immer wieder Werke von Lucas Cranach - brachten Walter Senger zu einem unvergleichlichen Renommee.

Händler optimistisch

Vor wenigen Jahren hat er die Geschäftsführung an die junge Generation abgegeben. Seine Töchter Simone Kundmüller und Silvia Herzog sowie Schwiegersohn Thomas Herzog führen den Familienbetrieb mit all den neuen Medien- und Kommunikationsformen des 21. Jahrhunderts erfolgreich weiter. Ja, sie kombinieren in ihrem barocken Geschäftshaus am Geyerswörthplatz 1, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stammhaus, moderne Gegenwartskunst mit handverlesenen antiquarischen Objekten.

"Ich habe gute Nachfolger", freut sich Walter Senger, der mit Rat und Expertise weiterhin der Bamberger Kunst- und Antiquitätenwelt erhalten bleibt. Und die ist, wie auch Thomas Herzog hervorhebt, tadellos in Ordnung: "Es herrscht ein harmonisches Einvernehmen der Händler, das zeichnet uns aus in Bamberg." Es gebe "keine Berührungsängste mit der Konkurrenz". Gegenseitige Empfehlungen seien üblich, wenn ein Sammler nicht im eigenen Geschäft fündig werde. "Wir sind voller Hoffnung!", blickt Kunsthändler Herzog auf die 25. Kunst- und Antiquitätenwochen. Die Bamberger Schatzkammer - "eine Messe ohne Messehallen" - ist schließlich die einzige einschlägige, die live aufgesucht werden kann: "Es gibt sonst nur Online-Messen."

Interview "Bamberg ist die Antiquitätenstadt Europas" Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg ist seit zehn Jahren Sprecherin und Organisatorin der Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen. Im Interview mit unserer Zeitung gibt sie Einblicke in das Erfolgsgeheimnis dieses für viele Kunstliebhaber international bedeutsamen Ereignisses. 25 Jahre Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen sind eine beachtliche Zeitspanne. Wie hat sich dieses Event im Laufe der Jahre gewandelt? Fiona von Colberg: Die Anfänge bestanden in der schönsten Trittbrettsituation, die man sich vorstellen kann. Im Juli und August kam immer schon das Internationale Publikum der Bayreuther-Festspiele nach Bamberg. Und vor 25 Jahren haben sich Istvan Csonth, Walter Senger, Christian Eduard Franke-Landwers und Matthias Wenzel gemeinsam dazu entschlossen dieser positiven Situation einen Namen zu geben: "Die Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen". Und dieses Konzept hat sich bewährt.

Als ich die Antiquitätenwochen vor zehn Jahren übernommen habe, gab es ein sehr solides Fundament auf dem man gut aufbauen konnte. Heute schreiben alle großen Zeitungen über unsere Antiquitätenwochen, und wir sind nicht mehr die Trittbrettfahrer der Bayreuther Festspiele sondern eine absolut eigenständige Veranstaltung. Schauen Sie: In diesem Jahr finden keine Bayreuther Festspiele statt, aber es werden genauso viele Menschen zu den Antiquitätenwochen kommen, da wir eben nicht mehr abhängig von Bayreuth sind. Jubiläen werden üblicherweise gefeiert. Doch die Corona-Pandemie macht einen Strich durch die Rechnung. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Wochen in diesem Sommer zu verschieben, zumal ja auch das Begleitprogramm gestrichen werden muss? Nun, wir haben lange darüber nachgedacht, ob in diesem Jahr die Durchführung sinnvoll und angebracht ist. Aber vielleicht ist es gerade ein schönes Signal, wenn in diesem so schwierigen Jahr auch einmal eine positive Nachricht verkündet werden kann und nicht eine weitere Veranstaltung abgesagt werden muss. Und vielleicht sehnen sich die Menschen gerade jetzt nach der Tradition und Erfahrung unserer Vorfahren und besinnen sich ganz bewusst auf Historische Städtereisen innerhalb Deutschlands. Und da ist sicherlich unser Bamberg ein schönes Ziel. Unser Begleitprogramm war einfach im Vorfeld schwierig zu planen, da man ja nicht sagen konnte, wie sich die Situation verändern wird. Daher müssen wir einfach sehr spontan planen. Matthias Wenzel plant auf alle Fälle wieder einen Vortrag, das Datum werden wir dann kurzfristig bekannt gegeben. Stammkunden kamen bisher vor allem aus dem benachbarten Bayreuth, wo zeitgleich die Wagner-Festspiele liefen. Die fallen nun auch aus. Wo sollen die Interessenten jetzt herkommen? Wie eingangs schon erwähnt, sind wir nicht mehr abhängig von Bayreuth. Sicher ist mit etwas weniger internationalem Publikum zu rechnen wegen der Pandemie, aber mit um so mehr Kunden aus Deutschland. Einige haben sich bereits angemeldet, die auf den Bamberger Kunsthandel durch die Medien der letzten Jahre aufmerksam geworden sind und bisher nie die Zeit gefunden haben nach Bamberg zu kommen, es aber immer schon vor hatten. In diesem Jahr, machen sehr viele keine Auslandsreise, sondern ganz bewusst Reisen innerhalb Deutschlands an Kunsthistorisch interessante Orte. Wir haben also keine Sorge, dass das Festspielpublikum ausfallen wird, sondern wir freuen uns auf viele Menschen die gezielt zu den Antiquitätenwochen kommen. Bei dem Überangebot von Antiquitäten gerade auch in Bamberg kann wohl nicht mehr von sicherer Geldanlage und Wertbeständigkeit gesprochen werden. Warum soll sich jemand mit alten Objekten abgeben? An erster und wichtigster Stelle aus Liebe zu dem Objekt. Antiquitäten strahlen eine ganz besondere Atmosphäre aus- was ein neues Möbel gar nicht kann. Man taucht in die Geschichte ein und stellt sich vor, wo dieser Sekretär gestanden hat, wer hier welche Liebesbriefe geschrieben hat, und welche geheime Dokumente er verborgen haben mag.

Ein bisschen fühlt man sich beschützt durch die Vorfahren, wenn man deren Kunstwerke in den eigenen vier Wänden hat. Mit einer Antiquität, einem alten Gemälde und altem Silber lebt man. Moderne Stücke können sehr ästhetisch sein, sind aber meist eher kühl und strahlen weniger Wärme aus. Mit diesen lebt man nicht, sondern man benutzt beziehungsweise gebraucht sie.

Ob eine Antiquität eine Wertanlage ist, kommt sehr auf die Qualität an. Stücke, die kunstvoll verarbeitet sind, aus edlem Material und in gutem Erhaltungszustand, behalten natürlich ihren Wert, und dieser wird sich mit der Zeit auch steigern und kann somit natürlich auch als Geldanlage zu sehen sein. Das Qualitätssiegel in Bamberg wird belegt durch die Kunden. Denn nicht nur Privatleute kaufen hier ein, sondern auch sämtliche namhafte Museen der ganzen Welt gehören zu den wiederkehrenden Kunden. Seit zehn Jahren organisieren Sie die Kunst- und Antiquitätenwochen. Was fasziniert Sie so an dieser Aufgabe? Zunächst einmal sind da die sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten der einzelnen Kunsthändler. Der spielerische und charmante Christian Eduard Franke-Landwers, der so herzliche und engagierte Matthias Wenzel, und der Macher und Multiplikator Walter Senger, dem sicher gemeinsam mit den zuvor genannten zu einem großen Stück mit zu verdanken ist, dass Bamberg heute die Antiquitätenstadt Europas geworden ist.

Aber auch die anderen Kunsthändler wie zum Beispiel Julia Heiss und Joseph Schlosser habe ich in den letzten Jahren ins Herz geschlossen. Und es ist immer wieder eine Freude, sich mit Ihnen zu unterhalten. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten machen das Arbeiten immer abwechslungsreich und spannend und stellen mich auch immer wieder vor neue Herausforderungen.

Das Gespräch führte

Marion Krüger-Hundrup.