Kunstverein zeichnet die Textilkünstlerin Heidrun Schimmel aus
Autor: Dieter Grams
Bamberg, Montag, 25. November 2013
Die in Bamberg geborene Textilkünstlerin Heidrun Schimmel wurde vom Kunstverein mit dem Berganza-Preis ausgezeichnet. Seit mehr als 35 Jahren heftet sie weiße Fäden auf schwarze Organzastoffe.
Der Hund Berganza, ein schwarzer Bullenbeißer, und dabei ein sehr alter poetischer Hund mit geistreichen Augen, ist eine Kopfgeburt des spanischen Dichters Miguel de Cervantes. In der "Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza" von E.T.A. Hoffmann begegnet man dem sprechenden Bullenbeißer wieder.
1989 hatte er einen weiteren Auftritt - als Namenspate für den Kulturpreis des Kunstvereins Bamberg, der seither jährlich vom Verein verliehen wird. Die Preisträgerin 2013 ist die in Bamberg geborene Textil-Künstlerin Heidrun Schimmel.
Auszeichnung verbunden mit einer Ausstellung
Die Preisverleihung, verbunden mit der Eröffnung einer Ausstellung mit Werken der Künstlerin, fand in der ehemaligen Wohnung von Dr. Adalbert Friedrich Marcus auf der Altenburg statt. Marcus, ein "Reingeschleifter" wie sein Dichter-Freund E.T.A. Hoffmann, hatte die Burg 1801 erworben.
Mit der Verbindung von Marcus und Hoffmann, dem Hund Berganza, dem Kunst- und dem Altenburgverein schließe sich hier ein Kreis. "An einem Faden hängend gegen den Strich. Alles genäht, geheftet und gestickt. Sogar ich schaue mir das an", so Hipelius. Auf die ganz am Rand gestellte Frage, warum es keinen neuen Bären auf der Altenburg gebe, erwiderte der Burgherr ein wenig grimmig, er habe keine Lust, 30 Jahre lang im Gefängnis zu sitzen.
MIt 2500 Euro dotiert
Barbara Kahle, die Vorsitzende des Kunstvereins, bedankte sich ausdrücklich bei der VR-Bank und deren Vertreter Michael Igel für die nunmehr 24-jährige Unterstützung. Der Berganza-Preis ist mit 2500 Euro dotiert und wird von der VR-Bank gestiftet, ohne dass der Sponsor dabei Einfluss auf die Entscheidungen des Kunstvereins nimmt, der nach wie vor keine eigene Bleibe hat. "Da gibt es wohl so manchen unbeweglichen Geist in Bamberg", sagte Kahle.
In der Entscheidungsfindung für Heidrun Schimmel heißt es: "Seit mehr als 35 Jahren stickt, besser gesagt, heftet sie weiße Fäden auf schwarze Organzastoffe, dies in ruhig konzentrierter Aufmerksamkeit und fast zeitloser Einheit mit ihrem Tun. Material und Arbeitsprozesse werden bis an ihre Grenzen ausgelotet - bis der Faden reißt oder die Nadel bricht." Feministische Trotzkunst oder kunsthandwerklicher "Frauenkram" sei das gewiss nicht. Gerade in der heute digitalisierten Welt, der Dominanz von PC und Internet, scheine das Gespür für textile Sinnlichkeit neu erwacht. "Das Textile ist allgegenwärtig", sagte Kahle.
"Künstler passen in kein Schubfach"
Johann Schuierer nahm in seiner Laudatio den Faden wieder auf, humorvoll und mit verhaltener Leidenschaft. "Darf ich noch weitermachen oder soll ich abkürzen?" Nein, sollte er nicht. Der Kunstpädagoge und freischaffende Künstler spannte einen weiten Bogen. Von den altnordischen Nornen Urd, Werdani und Skuld, jenen Schicksalsgöttinnen, die den Menschen die Lebensfäden spinnen, über den Faden der Ariadne, die den geliebten Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus befreite, bis hin zu dem aktuellen Forschen nach unbekannten textilen Eigenschaften. "Wo ist da eigentlich die Kunst?", fragte Schuierer. "Ich schmecke es zwar schon, aber ich habe die Wörter noch nicht." Möglicherweise gebe es diesen zementierten Begriff "Kunst" in folgenden Generationen gar nicht mehr. Eins jedoch werde bleiben: "Künstler sind nicht geeignet für eine Schublade." Und der Begriff "Textilkünstlerin" schmeckt ihm gar nicht.
Heidrun Schimmel sei er zum ersten Mal in der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste in München begegnet. Sie habe damals, in jenem Zeitalter der Karteikarten und mühsamen Recherche, die Studenten mit unerschütterlicher Ruhe bedient. Die jetzt eröffnete Ausstellung sei eine Retroperspektive ihres Lebens, und es sei ein Glücksfall, dass sie stets unabhängig gewesen sei.
Die Künstlerin selbst hat damals Textilgestaltung und Malerei studiert, und wurde für ihre Arbeiten weit weg von zu Hause, besonders in Japan und auch in Amerika, für ihre Arbeiten geehrt. Auch in ihrer Heimatstadt Bamberg hat sie mit der Altenburg jetzt den höchsten geografischen Punkt erreicht - und nicht nur diesen.