Kultursommer in Bamberg: Wo spielt die Musik?
Autor: Markus Klein
Bamberg, Dienstag, 07. Juli 2020
Musikern und anderen Künstlern fehlen im Corona-Jahr die Bühnen. Hohe Einbußen sind die Folge. Kulturvertreter und Parteien fordern deshalb mehr öffentliche Auftrittsmöglichkeiten in Bamberg. Zunächst in der Fußgängerzone.
Ein Bein auf dem Boden, auf der Holzbank das andere. Darauf die Gitarre. Christina schließt die Augen, spielt eine einfache Akkordfolge und singt dazu kraftvoll exotische Klänge einer ungewohnten Sprache mit vielen langen Vokalen. Der Pfeiler der Kettenbrücke spendet der Münchnerin auf Durchreise ein wenig Schatten an diesem heißen Tag. Passanten lächeln. Verlangsamen den Schritt. Sehen sich um. Zögern. Und ziehen dann meist schnell weiter. Ein Mann bleibt eine halbe Minute stehen, wippt mit dem Fuß und wirft Kleingeld in Christinas Gitarrenkoffer. Zwei junge Frauen hören von der anderen Seite aus zu.
Straßenmusik. In Bamberg normalerweise kein seltenes, im Corona-Sommer aber ein ungewohntes Bild. Die Pandemie verunsichert: Darf die das? Darf ich stehenbleiben? "Zur Vermeidung von Menschenansammlungen werden derzeit keine Genehmigungen für Straßenmusik ausgestellt", heißt es von der Stadtverwaltung. Solche Genehmigungen gibt es für die Fußgängerzone, Hauptwachstraße, Kettenbrücke und Kettenbrückstraße. Sie müssen persönlich beim Stadtmarketing beantragt werden und sind kostenpflichtig. "Laute Instrumente" wie Schlagzeuge sind nicht erlaubt, zudem dürfen maximal drei Musiker zusammen spielen.
Bisher. Aufgrund der Krise soll sich das bald ändern: In einem Antrag mit dem Titel "Sommer der Straßenkunst" fordern Grüne, SPD, ÖDP und Volt unter anderem, dass das Gebiet erweitert, die Zahl der Künstler erhöht und die Genehmigung kostenlos sein soll. Laut SPD-Fraktionsvorsitzendem Klaus Stieringer werde gar eine Auftrittsprämie diskutiert. Zudem sollen nicht nur Musiker, sondern alle Kulturschaffenden auftreten dürfen - etwa auch Maler, Jongleure und Zauberer. Die Atmosphäre könne sich als Nebeneffekt auch auf den ebenfalls gebeutelten Einzelhandel positiv auswirken.
Wird der Antrag vom Stadtrat bewilligt, gelten die neuen Regeln bereits ab 15. Juli. Die Maßnahmen sollen nach dem Wegfall großer Feste wie Bamberg zaubert oder der Sandkerwa dafür sorgen, dass "ein Stück Normalität in die Stadt zurückkehrt", so der Stadtmarketing-Chef. "Die Kunstszene braucht unsere Hilfe." Die massiven, krisenbedingten Einbußen könne erweiterte Straßenmusik alleine aber nicht auffangen.
Das sieht auch Andreas Klenk von der Bamberger Jazz-Punk-Band "Dr. Umwuchts Tanzpalast" so: Bei einem Auftritt auf einem Festival oder einem Konzert in den Haas-Sälen käme ein vierstelliger Betrag zusammen. An einem sehr guten Straßenmusik-Tag ein dreistelliger. Auch die staatlichen Künstlerhilfen könnten nicht annähernd ersetzen, "was ein Sommer für einen Musiker bedeutet".
Auf den Straßen der Domstadt sind die Musiker bereits im Juni bei einer kleinen Version des jährlichen Straßenmusik-Festes "Fête de la Musique" in der Sandstraße aufgetreten. Initiiert von der Interessengemeinschaft (IG) Sand. "Die Leute sind ausgehungert und sehnen sich nach Kulturveranstaltungen", meint IG-Geschäftsführer Markus Schäfer. Und auch Künstler Klenk habe "große Euphorie empfunden", weil er endlich wieder vor Publikum spielen durfte.
"Allerdings bekommt man schnell das Gefühl: Es werden zu viele", meint Schäfer. So durften die drei Bands je nur drei Lieder und eine kleine Zugabe spielen. Die Zuschauer wurden teils mehrfach aufgefordert, die Abstände einzuhalten und sich nach den Mini-Konzerten wieder zu zerstreuen. "Anders hätte ich das nicht verantworten können." So lag ein dazugehöriger Video-Dreh im Fokus. "Um zu zeigen: Die Musiker sind noch da, die Fête ist noch da." Die Künstler bekamen eine kleine Gage - aber wieder "nur ein Tropfen auf dem heißen Stein". Wolle man den Künstlern wirklich helfen, brauche man mehr Platz.Auf der Jahnwiese etwa ließen sich die Abstandsregeln besser einhalten.