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Kulmbacher Komiker will Bamberg aufmischen


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Samstag, 09. November 2013

"Aufwachen!" tönt "Das Eich": Ein Kulmbacher Komiker, der nun auch die Bamberger aufrütteln will. Was aber ist die Mission des sonst so "entspannten Franken", der am 23. November die Haas-Säle aufmischen möchte? Wir stellten den 38-Jährigen zur Rede.
Stefan Eichner alias "Das Eich"  Foto: pr


"Franken - Krone der Schöpfung", prangt auf seinem Shirt. Was Patrioten mit entsprechendem Nationalstolz lesen. Schon aber wetzt "Das Eich" die Messer, um dem Publikum "knallhart" die Meinung zu sagen. Die grassierende "Volksverdummung" prangert der 38-jährige Kulmbacher an, der nun auch Bambergern den Spiegel vorhalten möchte. Lassen wir uns vom "Eich" alias Stefan Eichner aber aus der heilen Welt der Ahnungslosigkeit reißen? "Aufwachen!", heißt's am 23. November in den Haas-Sälen. Wir stellten den Kabarettisten vorab zur Rede.

Der Weckruf ist angekommen. Wie aber können Sie's wagen, nun auch gegen friedliche Zeitgenossen wie Nordic Walker, Volksmusikfans oder Falsche-Wimpern-Träger zu wettern, ja sie verbal abzuwatschen?
Das Eich: Ich watsche niemanden von oben herab ab (weil ich mich selbst ja nicht ausnehme), nur von der Seite her und auch gerne mal durchs

Hintertürchen. Es ist ja eine Herausforderung, Franken überhaupt aus der Reserve zu locken. Selbst wenn's im Publikum keine Reaktionen gibt, ist's fürs "Eich" aber kein Problem. Schließlich ist der Franke ein Meister darin, sich einen ganzen Abend lang nach innen zu freuen.



Wie kamen Sie eigentlich dazu, dem "galoppierenden Schwachsinn" ein eigenes Bühnenprogramm zu widmen?
In unserer Gesellschaft ist der Schwachsinn für alle allgegenwärtig. Ich sehe neben der offenkundigen aber auch noch eine unterschwellige Idiotie, an die jeder so gewöhnt ist, dass sie keiner mehr wahrnimmt. Wenn einem im Werbefernsehen beispielsweise der neue Publikumshit von Kylie Minogue präsentiert wird, der erst Tage später in den Handel kommt. Oder die Amerikanisierung so weit voranschreitet, dass man auf einer Packung Erdnüsse den Hinweis findet: "Kann Spuren von Nüssen enthalten."

Darüber lacht das Publikum und ist doch machtlos, sofern es sich nicht völlig abschotten will. Warum also immer wieder Salz in die Wunde streuen?
Ich möchte, dass Menschen Dinge kritischer hinterfragen. Nur für Schenkelklopfer-Humor zu sorgen, lehne ich ab. So packe ich auch unbequeme Themen an, wie den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche oder die Behandlung von Kindern mit Ritalin: Man verordnet ihnen Pillen gegen eine Krankheit, die's gar nicht gibt. Kabarett muss zuweilen schmerzen. Das zeigte mir auch die Reaktion eines Lehrers, der Schüler unterrichtet, die auf Ritalin sind: Er war froh, dass ein Komiker das Problem so offen ansprach.



Ihre Message hämmern Sie dem Publikum aber nicht mit harten Beats ein. Warum softe Gitarrenklänge?
Ich bin nun mal ein Liedermacher-Fan, der sich in der Tradition von Reinhard Mey sieht. Neben der akustischen Gitarre setze ich in meinem neuen Programm auch aufs Klavier. Die Musik ist für mich eine Möglichkeit, Stimmungen zu vermitteln.Auch reizt es mich, Dinge in Reimform gegenüber dem Publikum zum Ausdruck zu bringen.

Inwieweit sind Ihre Texte außerhalb von Franken zu verstehen? Brauchen Nordlichter Übersetzungshilfen?
Nein. Meine Songs sind weitestgehend frei von Mundart, obwohl ich des breiten Fränkischs mächtig bin. Als "entspannter Franke" muss ich unsere Sprache, Bräuche und Traditionen auch nicht in die Welt hinaus tragen. Obwohl ich nach der aktuellen Glücksstudie doch zeigen möchte, dass es sehr wohl Franken gibt, die vor Glück strotzen.

Vor fünf Jahren wurde aus Stefan Eichner "Das Eich", das dem Publikum mittlerweile auch via Radio und Fernsehen zusetzt. Welche Reichweite haben Sie auf diese Weise? Und wo finden alle das "Eich", die davon nicht genug kriegen können?
Ein- bis zweimal pro Jahr stolpert "Das Eich" über die Mattscheibe, beispielsweise im "Kabarett aus Franken". Man kennt mich mittlerweile aber auch jenseits des Weißwurstäquators, nachdem ich den NDR-Comedy-Contest gewann und den niederösterreichischen Kabarettpreis. Darüber hinaus gibt's jeden Freitag in der Morning-Show von Radio 1 Coburg "Das Eich der Woche". Mein Hauptding aber bleiben die Bühnenauftritte - bis zu 150 Konzerte pro Jahr von Wien bis Hamburg, bei denen ich solo oder mit anderen Künstlern zu erleben bin.

Sie stilisieren sich als "entspannter Franke": Brachten Pannen "Das Eich" auf der Bühne je in Panik ?
"Das Eich" fürchtet keine Pannen: Weil alles, was passiert, im Handumdrehen zum Teil des Programms wird. Ein heftiger Niesanfall beispielsweise. Oder ein Zuschauer in der ersten Reihe, der nichts kapiert und immer an der falschen Stelle lacht. Darauf reagiere ich. Schließlich sollen sich die Leute über sich selbst amüsieren können, ebenso wie ich mich am liebsten über mich selbst amüsiere.



Aber zum Schluss kommt der Tod, heißt's in Ihrem dritten Programm: Der Tod fürs "Eich", das den "galoppierenden Schwachsinns" nicht länger erträgt? Oder für "Heile-Welt-Utopisten", denen Sie angesichts ihrer Unbelehrbarkeit den Kragen umdrehen?
Weder noch. Mit dem Lied "Wer weiß schon, wann ich komme" versuche ich Menschen wieder die Spur einzustellen: Menschen, die den Blick fürs Wesentliche verloren haben - nicht anders als ich selbst zuweilen, wenn ich mich wieder auf das besinnen muss, worum es im Leben wirklich geht. Dann heißt's für mich: "Aufwachen!"


Tickets im Vorverkauf erhältlich
Stefan Eichner alias "Das Eich" kommt mit seinem dritten Soloprogramm nach Bamberg. "Das dritte Eich" gibt's am 23. November, 20 Uhr, in den Haas-Sälen. Tickets sind im Vorverkauf bei den FT-Geschäftsstellen, telefonisch unter 0951/23837 oder online über den Kartenkiosk erhältlich.