Kreuzwegstationen im Diözesanmuseum Bamberg mal anders
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Freitag, 06. März 2015
Das Diözesanmuseum zeigt unter dem Titel "Lema Sabachtani" 14 ungewöhnliche Kreuzwegstationen, die der Künstler Bernd Zimmer entworfen hat. Die Präsentation bietet mehr als bloßen Kunstgenuss.
In der Hauptstadt Berlin gehören über 50 Prozent der Einwohner keiner Kirche an. Nur wenige sind katholisch. Und doch wagte es der als Protestant in Bayern aufgewachsene Künstler Bernd Zimmer, die Öffentlichkeit mit einem urkatholischen Sujet im Jahr 2006 zu konfrontieren: Mit einem besonderen Kreuzweg, mit 14 großformatigen Holzschnitten in sogenannten City-Lights-Werbekästen an U-Bahnstationen. So war zum Beispiel das Leiden Jesu im Leuchtkasten am Checkpoint Charlie zu bestaunen.
Dieser Kreuzweg ist nun seit gestern im Bamberger Diözesanmuseum zu sehen. Schon in der Vernissage wurde deutlich, dass dieses zutiefst beeindruckende Werk von Bernd Zimmer nicht nur Kunstgenuss verspricht: "Man könnte sich vorstellen, dass Besucher diesen Kreuzweg andächtig abschreiten und beten", erklärte Museumschef Holger Kempkens.
Interpretation alter Traditionen
Für Kempken ist die Ausführung der 14 Stationen ein "Quantensprung in der Tradition, die weitergeht". Davon künden seiner Ansicht nach allein schon einige ausgewählte Exponate aus der Spätgotik, dem Barock und den 1930er-Jahren, die Jesu Passion zum Thema haben und dem Ausstellungsraum einen historisch bedeutsamen Rahmen verleihen.
Eine hohe physische Präsenz entsteht letztlich auch durch den Leuchteffekt im abgedunkelten Schauraum. Die einzelnen Blätter sind von hinten beleuchtet, sodass die Farben strahlend entgegentreten. Auf jedem Holzschnitt - gedruckt auf papierkaschiertem Buchbinderleinen - dominiert eine andere Farbe: englischrot, magenta, ultramarin, chromoxidgrün.... Zentrales Leitmotiv aller Bilder bleibt das Kreuz. Immer in Form des griechischen Tau-Kreuzes, das auf jedem Blatt seine Position verändert.
Die reduzierte Vereinfachung ermöglicht eine Doppelcodierung: Das Kreuz bietet die Lesform als Abendmahltisch, als Gerichtstisch, als Totenbahre oder leeres Grab. Ein weiteres wiederkehrendes Element ist ein leuchtend gelber, senkrechter Streifen. Er veranschaulicht die zentrale Lichtmetaphorik, die gerade im Blatt 12 "Der Tod" zu sprechen beginnt: Der gesamte Hintergrund erstrahlt im göttlichen, goldgelben Licht, das Kreuz ist weiß und leuchtet durch die eigene Strahlkraft.
"Das ist keine Verherrlichung dieses Geschehens, sondern die Stunde der Erkenntnis, die Geburt einer Weltreligion, die eigentlich erst Ostern mit der Auferstehung gefeiert wird", interpretierte der Künstler Bernd Zimmer selbst. Nicht das Leiden dominiere in seinen Werken. Sondern vielmehr "die Verwandlung Jesu vom menschlichen jüdischen Rabbi in ein göttliches Wesen", so Bernd Zimmer. Das Leiden Jesu, sein Zweifel, seine Anfechtungen als Mensch - auch das sei Kreuzweg. Der Titel "Lema Sabachtani" ist die aramäische Übersetzung der klagenden Frage: "Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?".
Barbara Kahle, Vorsitzende des Kunstvereins Bamberg, führte durch die Ausstellung. Dabei entfaltete sie auch die Kunstgeschichte der Passionsdarstellungen bis in die Neuzeit. Sie sparte nicht mit Kritik an so manchen Kreuzwegen in deutschen katholischen Kirchen, die "nicht selten zur Wanddekoration der als zu kahl empfundenen Seitenschiffwände verkommen" oder Formen eines "flauen, temperierten Expressionismus" seien.
Die Kunstexpertin stellte den im oberbayerischen Polling ansässigen Bernd Zimmer als Vertreter der Berliner Künstlerbewegung der "Jungen Wilden" vor, dessen Werke im nationalen wie internationalen Kunstgeschehen präsentiert werden. Die Arbeiten des 66-Jährigen seien in den wichtigsten deutschen Kunstmuseen sowie in den Repräsentationsräumen der Bundesregierung zu finden. Neben Darstellungen von Landschaft, Natur und Kosmos finden sich in Zimmers Gesamtwerk auch immer wieder religiös-philosophische Motive. So entstand nach Barbara Kahles Ausführungen gleichzeitig zu den Kreuzwegblättern das große Altarbild für die Sakramentskapelle des Mainzer Domes.