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Kreiswehrersatzamt Bamberg wird ausgemustert


Autor: Hans-Werner Penning

Bamberg, Freitag, 23. November 2012

Zum 30. November wird das Kreiswehrersatzamt Bamberg offiziell aufgelöst. Schon zwei Mal - nach 1918 und nach 1945 - wurde nicht mehr gemustert. Jetzt ist die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht die Ursache.
Wo früher  in Bamberg die Wehrpflichtigen untersucht wurden, herrscht  jetzt gähnende Leere. Medizinalrätin  Heike Sebastian-Thiersch und  Regierungsdirektor Gerd Steiner  werden sich beruflich voraussichtlich  zu anderen Behörden verändern. Foto:  Ronald Rinklef


Abschiedsstimmung herrschte gestern im Kreiswehrersatzamt Bamberg. Ein letztes Mal hatten der Leiter, Regierungsdirektor Gerd Steiner, und Personalratssprecherin Maria Kestel die Mitarbeiter zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Dabei ging es nicht mehr um berufliche Perspektiven oder andere Belange der Mitarbeiter. "Das ist längst alles geregelt", sagt Maria Kestel. Dennoch seien "die meisten nicht glücklich gewesen". 25 Mitarbeiter, dazu Reservisten-Funktionäre und Wehrdienstberater, nahmen an dem Treffen teil.

Fest steht, dass das Kreiswehrersatzamt Bamberg als Nachfolgebehörde des ersten königlich-bayerischen "Bezirkskommandos" zum 30. November offiziell seine Pforten schließt. Mit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht endet vorläufig eine etwa 200 Jahre währende bayerisch-deutsche Militärtradition in Bamberg.

Wie lange es hier Einrichtungen für Wehrerfassung, Musterung und Einberufung von Soldaten zu einer Wehrpflicht-Armee gibt, das ist sicherlich in den Akten im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt gut aufgehoben. In Bamberg gibt es darüber keine Unterlagen.

"Es muss jedenfalls in den Jahren nach 1808 gewesen sein", sagt dazu der frühere Leiter des bayerischen Armeemuseums, Ernst Aichner. Die erste bayerische Verfassung von 1808 setzte auch die Wehrpflicht fest. "Und weil Bamberg eine bedeutende Garnison war, mit einem Infanterieregiment (Nr. 5), einem der ältesten Regimenter der baye rischen Armee, und dem 1. Ulanen-Regiment, war hier bestimmt ein Bezirkskommando." Darunter gab es "Ersatzkommandos", darüber die Oberersatzkommission. Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden per "Reichs-Militärgesetz" 1874 "Meldeämter" geschaffen; Bamberg dürfte damals ein "Hauptmeldeamt" erhalten haben.

In der Weimarer Zeit - von 1919 bis 1934 - gab es wegen des Verbotes von Mobilmachungsvorbereitungen im Versailler Vertrag keine Wehrersatz-Behörde. Eine erneute Zwangspause herrschte nach 1945, bevor im Jahr 1956 mit der Schaffung der Bundeswehr die neuen Kreiswehr-Ersatzämter gegründet wurden. Die ersten Monate war Breitengüßbach Sitz dieser Behörde, dann zog man am 17. September 1956 in die Weißenburgstraße nach Bamberg.

Seit 1988 hat das Kreiswehrersatzamt seinen Sitz im ehemaligen Landratsamt an der Promenade. Doch seit gut einem Jahr läuft die Auflösung, etwa 35 Mitarbeiter sind derzeit noch da. 22 haben das Haus bereits verlassen und sind meist bei anderen Behörden tätig.

Heuer noch 249 Untersuchungen

Die Zahl der Musterungen ist deutlich zurückgegangen. 6970 waren es noch im Jahr 2010, gerade mal 452 bei den Freiwilligen-Untersuchungen im Jahr darauf. Und heuer wird diese Uhr bei 249 endgültig stehen bleiben, weiß Gerd Steiner.

Für die Medizinalrätin Heike Sebastian-Thiersch bleibt da nicht mehr viel zu tun. Über 50 Kandidaten pro Tag waren es früher, jetzt kann sie sie an den Fingern einer Hand abzählen. "Ich mustere jetzt seit 23 Jahren", sagt sie. "Der Beruf hat mir immer viel Spaß gemacht, deshalb möchte ich auch keine andere Verwendung mehr annehmen." Ihre letzten Berufsjahre wird die 55-Jährige, die im Fichtelgebirge wohnt, in Nürnberg verbringen und auch dort, im neuen "Karriere-Center" der Bundeswehr, das Personal von morgen untersuchen. "Wegen der weiten Wege zur Arbeit habe ich fest vor, mit 60 in Pension zu gehen", sagt die Ärztin.

Jetzt wird die Behörde zwar aufgelöst, einige Restaufgaben aber sind zumindest noch eine Zeit lang weiterzuführen, sagt Regierungsdirektor Steiner. Etwa 18 Personen von ursprünglich um die 70 Beamten und Angestellten werden voraussichtlich bis Ende des Jahres 2013 noch Reservisten betreuen und die Dienstüberwachung wahrnehmen. Formal ist man dann eine Außenstelle Bamberg des Karrierecenters der Bundeswehr in Nürnberg.

Künftig nur Beratung

Danach wird es in Bamberg nur noch ein mit vier Personen besetztes Beratungsbüro der Bundeswehr geben, dessen Aufgabe die "wohnortnahe Erstberatung" sein wird.