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Kompromiss für Erlaus Biogasanlage gefunden


Autor: Anette Schreiber

Erlau, Freitag, 14. Dezember 2018

Im Vorfeld zu dem in Erlau geplanten Vorhaben haben sich Interessengemeinschaft und Betreiber auf einen Weg geeinigt.
Der Walsdorfer Gemeinderat hat die Erweiterung der Biogasanlage bei Erlau "abgesegnet". Foto: Ronald Rinklef


Für den positiven Beschluss, der für die Erweiterung der bei Erlau bestehenden Biogasanlage notwendig war, benötigte der Gemeinderat gefühlte fünf Minuten. Zumal der Tenor lautete, es sei ja schon alles gesagt und bekannt. Bürgermeister Heinrich Faatz (CSU) stimmte als Beteiligter, das heißt als Vater des Antragstellers, nicht mit ab. Günther Hopf (Freie Liste) stimmte als Einziger (11:1-Votum) dagegen. Er bat, dies erklären zu dürfen und kritisierte,dass die Infoveranstaltung recht spät und alles "bissla überhastet" gewesen sei.

Zweiter Bürgermeister Werner Auer (Freie Liste), der die Sitzungsleitung zu diesem Punkt übernommen hatte, bedankte sich zunächst bei denjenigen, die im Vorfeld der Sitzung "die Kuh vom Eis geholt" und alles entschärft hatten. Im November nächsten Jahres werde man sich noch mal unterhalten und Resümee ziehen.

Der Sitzung war eine Infoveranstaltung vorausgegangen, zu der Stefan Faatz, Betreiber der Erlauer Biogasanlage, eine ganze Menge interessierter Zuhörer begrüßte. Architektin Gabriele Dyckhoff informierte darüber, was bei der 2011 errichteten und 2014 erweiterten Anlage nun geplant ist. Die Maßnahmen bedeuten für den Betreiber mehr Flexibilität. Sie geht davon aus, dass sie für die Anwohner den Nebeneffekt weniger Lärm und weniger Geruchsbelästigung haben werden.

Treffen vor der Versammlung

Nachdem es im Vorfeld der geplanten Entscheidung zur Erweiterung bei Anwohnern gegärt hatte, hatten sich am Dienstag dieser Woche und noch vor der Infoveranstaltung Vertreter der Interessengemeinschaft "Beruhigtes Wohnen", Gemeinderäte und Anlagenbetreiber getroffen. Insbesondere die Bewohner des Schindholzweges hatten über die hohe Lärmbelästigung wegen der Fahrten von und zu der Anlage geklagt. Die bisherige Chronologie erläuterte für die IG Ulrich Eitel.

Er sprach nun von einem konstruktiven Gespräch, bei dem ein Ergebnis erreicht worden sei, "mit dem wir alle zufrieden sein können". Es sei davon auszugehen, dass nun trotz Erweiterung weniger Fahrten durch das Wohngebiet und verstärkt über die Flurbereinigungswege führen.

Von einer spürbaren Entlastung sprach namens der IG auch Stefan Zöcklein. Es sei bei dem Gespräch eine verpflichtende Vereinbarung unterzeichnet worden. Auch, nachdem Faatz mit einem Gespann vorgeschlagene Alterativ-Routen in der Praxis getestet hatte. "Ich habe Wege kennengelernt, die ich noch gar nicht kannte", gestand Faatz durchaus humorvoll in der Versammlung.

Die Biogasanlage wird künftig aus bestimmten Richtungen im Einbahnverkehr angefahren und ohne Last und damit geräuschärmer durchs Wohngebiet abgefahren.

Die Forderungen vereinzelter Anwohner, es mögen überhaupt keine Fahrten durchs Wohngebiet stattfinden, erklärten die IG-Sprecher für nicht realisierbar. Kritik Einzelner, man hätte vor der Unterzeichnung mit der über 50 Bürger starken IG Rücksprache nehmen müssen, wiesen die Sprecher zurück: aus Zeitgründen nicht machbar und gleichfalls unrealistisch.

Wer denn die Einhaltung der Vereinbarung mit der IG überprüfe, lautete eine Frage. Hier betonten die IG-Sprecher, dass man einfach einen Vertrauensvorschuss gewähren müsse. Sie arbeiteten aber auch das Entgegenkommen der Biogasanlagenbetreiber heraus. Ausgemacht sei schließlich, dass man sich in einem Jahr wieder trifft und die Erfahrungen bespricht, gegebenenfalls nachbessert. Die IG-Sprecher betonten aber auch, dass man bei auftauchenden Problemen gleich aufeinander zugehen solle.

Ein wesentlicher Aspekt, den eine Bürgerin ansprach, war, ob die örtliche Wehr darauf vorbereitet sei, wenn in der Anlage etwas passiert. "Explodieren tut es nicht", entschärfte Stefan Faatz. Dennoch wurde eine Begehung mit der Wehr als sinnvoll erachtet, ebenso wie entsprechenden Schulungen für Einsätze bei Biogasanlagen.

"Was Familie Faatz in Zusammenarbeit mit Ihnen erreicht hat, finde ich ziemlich beeindruckend" kommentierte die Architektin, zumal es sich bei vielem um eine freiwillige Leistung handle. "Sieben Minuten über der Zeit" beendete Stefan Faatz die Infoveranstaltung. Ein großer Teil der Besucher verließ den Saal angesichts der vielen Tagesordnungspunkte bis zur Biogasanlagen-Entscheidung, die nicht vorgezogen wurde. Ein eiserner Kern um die IG-Sprecher harrte aus, bis der Gemeinderat seinen Beschluss fasste.

KOMMENTAR

Klasse Lösung, aber

Wie die verschiedenen Interessen-Parteien den Konflikt um die Erweiterung der Biogasanlage angepackt haben, ist vorbildlich. Besser kann man es nicht machen, als aufeinander zuzugehen, die Sachlage emotionslos erörtern, Möglichkeiten andenken, sie auf ihre Praktikabilität überprüfen und dann einen Konsens finden. Super daran, man will im Gespräch bleiben und nach einem Jahr erörtern, ob und wenn an welchen Stellschrauben nachjustiert werden muss. Klasse, die Offenheit und auch das Verständnis füreinander.

Ganz anders dagegen das Vorgehen im Anschluss. Die Infoveranstaltung hatte eine Vielzahl Interessierter in den dann vollen Sitzungsraum bei der Feuerwehr gelockt. Geschätzte Dreiviertel der Besucher gingen mit Beginn der Gemeinderatssitzung. Obwohl Gemeinderäte angefragt hatten, ob man den Punkt mit der Biogasanlage vorziehen könnte. Offenbar war der Bürgermeister dazu nicht bereit. Nach einer eigentlich hervorragenden Ausgangslage, das Thema dann auch beschlussmäßig harmonisch abzuschließen, mussten sich die Verbliebenen durch zweieinhalb Stunden ödester Formalien quälen.

Das Argument, man könne das Vorziehen auswärtigen Referenten nicht zumuten, wirkt schal. Schließlich werden die Referenten entlohnt. Dass das Thema am Ende in gefühlten fünf Minuten durch war, ließ die Ausharrenden nicht gerade in guter Stimmung abziehen. Hier wurde eine Chance vertan. Schade. Denn ansonsten stehen die Zeichen für "Frieden" im Schindholzweg dank der geschickten Verhandlungsführer gut.

Dass Maximalforderungen von einigen, die jeglichen landwirtschaftlichem Verkehr aus ihrer Straße verbannen wollen, gerade auf dem Land utopisch sind, sollte die Stimmung nicht trüben. Jetzt gilt es, die Vereinbarungen in der Praxis zu testen.