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Komplizierter Bruch: Ist der Gaustadter Kunstrasen zur Gefahr geworden?


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Freitag, 10. Oktober 2014

Beim Training auf dem Gaustadter Kunstrasenplatz zog sich ein Fußballspieler einen komplizierten Bruch zu. Seine Mutter und der Trainer machen den Zustand des Platzes mitverantwortlich.
Jonas Reinfelder wird am Mittwoch Abend vom Trainingsplatz direkt ins Klinikum gebracht. Foto: privat


Keine drei Wochen ist es her, dass Daniela Reinfelder in einem Antrag an den Oberbürgermeister den schlechten Zustand des Gaustadter Kunstrasenplatzes beklagt und eine Erneuerung angemahnt hat. Jetzt hat es ausgerechnet den Sohn der BuB-Stadträtin und Vorsitzenden des Bürgervereins Gaustadt "erwischt": Beim Fußballtraining am Mittwoch Abend mit der DJK-Herrenmannschaft zog sich der 20-Jährige einen Knöchelbruch am rechten Bein zu.

Der Arzt soll bestätigt haben, was Mutter und Sohn vermuteten und Gaustadter Vereinsfunktionäre beklagen: Der Platz ist gefährlich hart geworden. Weil der Boden nicht mehr federt, könne jeder falsche Tritt schlimme Folgen haben: Die Energie könne nicht mehr in den Boden und gehe ungebremst ins Bein - mit großer zerstörerischer Kraft.

Seine Verletzungen sollen ausgesehen haben, "wie wenn man mit 120 km/h gegen eine Mauer fährt". So zitiert Jonas Reinfelder seinen Arzt.

Belag ist stark abgenützt

Der Kunstrasenplatz im Gaustadter Sportstadion ist über 20 Jahre alt und abgenutzt. Das weiß man auch bei der Stadt. Es gebe aber keine Fußangeln oder andere gefährliche Stellen, betonte auf Nachfrage Robert Neuberth, der Leiter des auch für den Unterhalt der städtischen Rasenspielplätze zuständigen Garten- und Friedhofsamts.

Er hat sich, wie er sagte, nach dem Anruf der Lokalredaktion am Freitag gleich vor Ort davon überzeugt.

Dass die Beschaffenheit des Untergrunds ursächlich für die schweren Verletzungen des 20-Jährigen gewesen sein sollen, mag Neuberth nicht so ohne Weiteres glauben.

"Wir bedauern den Unfall außerordentlich und wünschen einen guten Verlauf und gute Besserung. Selbstverständlich sind wir uns unserer Verkehrssicherungspflicht bewusst. Derzeit haben wir keine Rückmeldung, dass der Verkehrssicherungspflicht nicht Genüge getan wurde", sagt Ulrike Siebenhaar, die Sprecherin der Stadt.
Sollte eine Schadensmeldung eingehen, werde man sie "prüfen und der kommunalen Haftpflichtversicherung übergeben".

Bei den Fußballern von ASV und DJK Gaustadt steht das Kunstrasenfeld nicht erst seit Mittwoch Abend in der Kritik. ASV-Vorsitzender Dietfried Fösel nennt es "eigentlich unbespielbar". Das sei "bloß noch eine Sandwüste".
Glaubt man Markus Möhrlein, dem Leiter der DJK-Fußball-Abteilung, dann schlucken einige Kicker vorbeugend Schmerzmittel, wenn sie auf dem harten Boden trainieren oder spielen müssen - so sehr belaste er die Gelenke.

Übereinstimmend berichten beide Funktionäre, dass der Platz bei oder nach Regen so glatt wie eine Eisbahn sei. Möhrlein führt das unter anderem auf eine nicht mehr funktionierende Drainage zurück. Bei den Verantwortlichen der Stadt, so sein Eindruck, nahm man die Klagen aus Gaustadt bisher nicht ernst.

Wenn sein Unfall dazu führe, dass endlich etwas getan wird, dann wäre er wenigstens für etwas gut gewesen, meinte am Freitag ein schon wieder gefasst wirkender Jonas Reinfelder.

Er wird noch einige Tage im Klinikum bleiben und sich voraussichtlich kurz vor Weihnachten einer zweiten OP unterziehen müssen. Dann sollen die Metallplatte und fünf Schrauben entfernt werden, mit denen sein rechter Knöchel jetzt fixiert ist.

Passiert ist das Malheur schon beim Warmmachen, nach einem Kopfballduell, berichtet er. Er sei mit dem rechten Fuß unglücklich auf dem Boden gelandet. Dann habe es "einen Riesenschlag" und "einen Knacks" getan - so laut, dass die umstehenden Sportler gehört hätten, "dass 'was passiert ist".

Laut Amtsleiter Robert Neuberth hat sich das Gartenamt nichts zu schulden kommen lassen. Man pflege den in die Jahre gekommenen Gaustadter Kunstrasenplatz nach besten Möglichkeiten.

Man wisse auch um den Handlungsbedarf und es gebe auch einen Antrag der SPD. Sein Amt habe im Kultursenat schon im Juli 304 000 Euro für die Erneuerung beantragt. Falls der Antrag in den Haushaltberatungen nicht abgelehnt wird, könne der Platz 2015 hergerichtet werden.

Selbst bei auswärtigen Mannschaften soll das Gaustadter Stadion wegen seines alten Kunstrasens schon einen zweifelhaften Ruf genießen. "Die Gegner kommen nicht mehr gern zu uns", berichtet Möhrlein.
Fösel erwähnt ähnliches: Viele Gäste würden schimpfen, wenn sie erfahren, dass sie darauf spielen müssen.

Eine Alternative scheint es nicht zu geben, soll der Trainings- und Spielbetrieb für die fünf Herren- und neun Junioren- und Schülermannschaften nicht zum Erliegen kommen. Man ist jetzt schon abends auf Flutlicht angewiesen. Und das steht am Kunstrasenfeld, heißt es in beiden Vereinen. Außerdem sei das Hauptspielfeld im Winter gewöhnlich gesperrt.

Weil nach Fösels Kenntnisstand alle Vereinsplätze im Stadtgebiet ausgelastet sind, sieht er keine Ausweichmöglichkeit. Eine Platzsperre wäre aber auch keine Lösung, meint Möhrlein: "Dann stehen wir da!"