Druckartikel: Kommt der ehemalige Chefarzt gegen Kaution frei?

Kommt der ehemalige Chefarzt gegen Kaution frei?


Autor: Peter Groscurth

Bamberg, Dienstag, 23. Juni 2015

Der ehemalige Chefarzt Heinz W. betonte am 13. Verhandlungstag, nur in bester Absicht und niemals aus sexueller Motivation gehandelt zu haben. Sein Onkel wäre wohl bereit, die Kaution für den Mediziner zu zahlen.
Der angeklagte Heinz W. mit seinen Verteidigern Archivfoto: Peter Groscurth


Mit fester Stimme und selbstbewusst äußerte sich der wegen Missbrauchs und Vergewaltigung angeklagte frühere Chefarzt Heinz W. (49). Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Patientinnen während Untersuchungen am Unterleib wegen Beckenvenen-Thrombosen ruhiggestellt und sich dann an ihnen vergangen haben. Der Gefäßchirurg dagegen erklärte, aus rein medizinischen Gründen gehandelt zu haben. Eine sexuelle Motivation weist er zurück.

Er bedauerte gestern, dass er das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Frauen hinter "meine medizinischen Interessen gestellt" zu haben. "Ich habe meine Patientinnen nicht genügend über meine Behandlungsmethoden informiert und habe deren Einverständnis vorausgesetzt", fügte er an.

Sein Ziel sei es gewesen, mit neuen Diagnostik- und Therapieformen Beckenvenen-Thrombosen schonender behandeln zu können.

Seine Erfahrungen habe er danach an Kollegen weitergeben wollen, erklärte er weiter. Aus diesem Grund sei es auch zu seinen Videoaufnahmen gekommen, mit denen er festhielt, wie er unter anderem mit sogenannten Butt-Plugs Behandlungen an Patientinnen durchführte.

Dabei handelt es sich um sogenannte Anal-Stöpsel, die eigentlich zur sexuellen Stimulation verwendet werden. Heinz W. erhoffte sich dagegen vom Einsatz solcher Plugs eine effektivere Behandlungsform - die "es galt zu evaluieren", wie er weiter bemerkte. "Ich wollte strahlende Methoden wie etwa Röntgen oder Kernspin-Tomographie vermeiden. Das habe ich zum Wohl meiner Patienten gemacht.

Nur wenige Mitarbeiter wussten von meinen Absichten. Ich bin kein Sex-Arzt oder gar ein Dr. Pervers. Ich wollte nie die Intimsphäre verletzen, ich hätte mich besser erklären sollen", führte er mit ernster Miene aus.

Fotos und Filme hatte der Angeklagte nach eigenen Aussagen auf einer mobilen Festplatte gespeichert, die er im Büro sowie zuhause benutzte.

Alle seine Daten seien für seine Mitarbeiter dort zugänglich gewesen - da sie auch das Passwort für die Festplatte gehabt hätten, stellte der Mediziner fest. Richter Martin Barnickel hakte in diesem Punkt nach, fragte den Angeklagten, ob er auf dem Datenträger etwa auch private Bilder gesichert hatte.

Dies wurde von Heinz W. bestätigt. Barnickel aber kam dann auf einen heiklen, neuen Punkt im Prozess zu sprechen, denn er erwähnte pornografisches Material, das Ermittler anscheinend auf der Festplatte von Heinz W. sichergestellt hatten.

Bislang war das im Verfahren noch nicht zur Sprache gekommen. Die Verteidiger des Chefarztes protestierten sofort energisch. Der Richter aber entgegnete: "Ich möchte nicht gar näher beschreiben, was sich im aufgespalteten Bereich der Festplatte befunden hat. Aber ein Forensiker hat das Bild- und Filmmaterial als pornografisch bezeichnet. Zudem hat der Angeklagte vorher geäußert, dass alle Dateien für Mitarbeiter zugänglich gewesen seien."

Dies war aber nicht der Fall, da es Bereiche gab, die versteckt abgelegt waren, wie auch Heinz W. einräumen musste. "Ich bin aber in der Speicher-Logistik kein Fachmann", ergänzte er. Sein Anwalt Dieter Widmann schob nach, dass sein Mandant zwar "bewusste Bilder und Filme versteckt gespeichert" habe, alle anderen Dateien seien aber ungeschützt gewesen. Darunter etwa die Bilder und Videos von den Behandlungen an den Patientinnen.

Dieter Widmann stellte zudem am Ende des 13. Verhandlungstages einen Antrag auf Haftprüfung. Der Haftbefehl gegenüber Heinz W. solle außer Vollzug gesetzt werden. Eine mögliche Kaution, die sich im sechsstelligen Bereich bewegen könne, würde der Onkel des Mediziners stellen. Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb lehnte seine Zustimmung zu diesem Antrag ab, will dazu noch eine schriftliche Stellungnahme an die Zweite Kammer des Landgerichts abgeben. Diese muss entscheiden über den Antrag auf Haftaussetzung entscheiden.