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Kneipiers in der Corona-Krise


Autor: Markus Klein

Bamberg, Montag, 16. März 2020

Der Katastrophenfall wird für Bamberger Hotels, Restaurants und Kneipen eine Katastrophe. Unternehmer äußern sich, wie sie wirtschaftlich zu überleben versuchen.
Geschäftsführerin Linda Le wird im "Dude" auf unbestimmte Zeit keine Drinks mehr mixen.  Foto: Matthias Hoch/Archiv


"Am Donnerstag war noch alles normal", sagt der Bamberger Restaurant-Betreiber You Xie hinsichtlich seines Umsatzes in Corona-Zeiten. "Freitag ging es 20 Prozent runter, am Samstag fast 50 Prozent, am Montag über 70 Prozent. Jetzt mache ich erstmal zu."

Gastronomie wird leiden

Damit ist er nicht alleine: Kein Zapfhahn kräht ab heute mehr an Bambergs Theken. Die Öffnungszeiten von Restaurants werden stark eingeschränkt - ob sich der Betrieb überhaupt noch lohnt, ist ungewiss. Hotels haben mit einer Stornierungsflut zu kämpfen - "und das kurz vor der Tourismus-Hauptsaison", klagt Florian Müller, stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Bamberg. Er befürchtet, dass die ausländischen Gäste in diesem Jahr komplett ausbleiben werden, selbst wenn die Zahl der Corona-Infizierten wieder abflacht - denn auch der Sommerurlaub werde jetzt bereits gebucht, oder eben storniert. Rund 6000 Menschen in Bamberg arbeiten laut Müller in der Gastronomie. "Das wird für Einige existenzbedrohend. Viele Unternehmer haben erst kürzlich investiert."

So auch Lars Baldes und Till Deininger, Inhaber der Bars Kawenzmann, Dude und Schluckspecht sowie des Burger-Restaurants Zapfhahn. Ein hoher Betrag floss kürzlich in die Renovierung des Restaurants, dafür haben sie einen Kredit aufgenommen. "Wir haben kaum gespart und immer viel investiert, so wie es immer jeder empfohlen hat", sagt der 36-jährige Unternehmer Baldes. "Das ist schon bitter: Da baut man sich acht Jahre lang etwas auf und kommt dann unverschuldet in Existenznöte." Denn er rechne bis Ostern mit einem Verlust in mittlerer fünfstelliger Höhe.

47 Angestellte arbeiten in den Betrieben, darunter sind etwa 20 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. "Wir wollen unser Team halten und versuchen, niemanden abzumelden", sagt Baldes. "Aber wenn wir normal weiterbezahlen, ist der Laden pleite. Da hat keiner etwas davon."

Die festen Mitarbeiter würden Überstunden abbauen oder bezahlten Urlaub bekommen, andere in Kurzarbeit wechseln, Werkstudenten notgedrungen in den unbezahlten Urlaub geschickt - mit Ausnahmen: "Einer hat kürzlich ein Kind bekommen, da stehen wir natürlich in der Verpflichtung." Deininger und Baldes würden auch sich selbst für mindestens zwei Monate kein Gehalt mehr ausbezahlen können.

You Xies fünf Mitarbeiter nehmen jetzt ihren Jahresurlaub. Der Restaurant-Betreiber habe ein wenig Geld zur Seite gelegt, aber länger als 30 Tage könne auch er nicht ohne Förderkredit auskommen.

Verluste schwer aufzuholen

Zwar wird es wohl, wie am Montag von der Staatsregierung beschlossen, relativ unbürokratisch Überbrückungskredite geben, die Baldes und Deininger auf jeden Fall benötigten. "Aber jeder muss sich überlegen, ob er das Geld danach auch wieder zurückzahlen kann", gibt Müller vom Gaststättenverband zu bedenken. Denn weder Müller noch Baldes gehen davon aus, dass sich die Lage nach dem - nicht abzusehenden - Ende des Katastrophenfalls schnell erholen wird. Sie rechnen damit, dass etwa viele Studenten, die oft in Mini- oder Midi-Jobs in der Gastro arbeiten und also massive Lohnausfälle zu befürchten hätten, schon mit der Miete Probleme bekommen könnten. Und damit nichts zum Ausgehen übrig hätten. Und dann sind da die Gastro-Unternehmer, "für mich ist jeder Tag, an dem ich geschlossen haben muss, ein unwiederbringlicher Verlust", sagt Baldes.

Um diesen zumindest etwas abzufedern, will er das Burger-Restaurant Zapfhahn samstags und sonntags zum Mittagstisch öffnen, sowie Essen zum Mitnehmen anbieten. "Aber auch da müssen wir schauen, ob sich das überhaupt lohnt", sagt Baldes. Denn ob überhaupt noch jemand ausgehen will, ist fraglich. Außerdem muss im Restaurant 1,5 Meter Abstand gehalten werden, maximal 30 Personen dürfen in einem Raum sein. Diese Regelung hält Baldes für unpassend: "Das müsste man schon pro Quadratmeter machen. Das Schlenkerla hat hunderte Quadratmeter - sollen da genauso viele rein, wie in eine kleine Eckkneipe? "

Andere Einfälle, etwa die Möglichkeit für Kunden, ihre Lieblingskneipen mit Gutschein-Käufen zu unterstützen, wie dies in Berlin angeboten werde, sollen bei einem gemeinsamen Gespräch unter den Bamberger Gastronomen geklärt werden. "Da gibt es viel Hilfsbereitschaft, man gibt sich gegenseitig Tipps", sagt Müller. Einige Ideen gibt es bereits, zum Beispiel verkündete die Bar "Schwarzes Schaf", ab heute einen "Cocktail-Lieferservice" anzubieten. Beim Schlenkerla können von montags bis sonntags Essen und Flaschenbiere mit nach Hause genommen werden. Dennoch schätzt Baldes: "Da werden jetzt wohl einige Unternehmen hops gehen."

Auch nach Müllers Einschätzung können die Ideen für die Krise die Verluste höchstens ein wenig abmildern. Es gelte zu überlegen: "Was kann die Stadt tun, um die Gastronomen zu unterstützen, wenn es wieder losgeht?" An die Bürger könne er nur appellieren: "Wir haben hier eine schöne gastronomische Vielfalt aufgebaut. Um diese zu erhalten, hoffen wir, dass die Bamberger sich danach solidarisch zeigen und wieder fleißig ausgehen."