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Klinikum zum Chefarzt-Prozess: "Froh, dass alles aufgeklärt wird"


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Montag, 13. April 2015

Im Klinikum, wo sich Heinz W. an Patientinnen und Mitarbeiterinnen vergangen haben soll, verfolgt man das Verfahren mit viel Interesse. Oberbürgermeister Starke erwartet von den bundesweiten Schlagzeilen keinen Ruf-Schaden für Bamberg.
Während einer der früheren Chefärzte auf der Anklgebank sitzt, geht im Klinikum der Betrieb normal weiter. Foto: FT/Archiv


Der namhafte Gefäßchirurg soll sich an 13 Frauen vergangen haben, indem er sie - unter dem Vorwand einer medizinischen Studie - im Intimbereich untersucht und manipuliert habe. Die Anklagebehörde hält ihm zudem vor, er habe seine mutmaßlichen Opfer jeweils durch ein verabreichtes Medikament ruhig gestellt. Weder über die Gabe eines Narkotikums noch von den Bild- und Filmaufnahmen, die der Arzt dann von den entblößten Frauen machte, waren diese informiert.

Nach den Andeutungen, die der Mediziner am ersten Prozesstag zur Sache machte, will er die Vorwürfe widerlegen. Was er getan hat, soll medizinisch zu begründen und absolut nicht sexuell motiviert gewesen sein.

Neuer Chefarzt kommt im Mai
Im Bamberger Klinikum am Bruderwald, wo W. bis zu seiner Festnahme am 20. August 2014 die Klinik für Gefäßchirurgie, Gefäßmedizin und Phlebologie geleitet hat, verfolgt man die juristische Aufarbeitung des mutmaßlichen Missbrauchs-Skandals mit großem Interesse. Man sei "froh, dass jetzt alles aufgeklärt wird", sagte die Sprecherin der Sozialstiftung Bamberg (SSB), Brigitte Dippold, auf Anfrage. Die Arbeit im Krankenhaus selbst sei vom Beginn des Strafprozesses und dem bundesweiten medialen Echo nicht beeinträchtigt. Der Gegenstand des spektakulären Verfahrens sei aber "natürlich noch immer Thema".

Im Klinikum hat man inzwischen die Nachfolge von Heinz W. geklärt. Im Mai will die SSB den neuen Leiter der Klinik für Gefäßchirurgie vorstellen. Dem früheren Chefarzt war wenige Tage nach Bekanntwerden der Vorwürfe außerordentlich gekündigt worden.

Anlass für die Kündigung waren, wie Brigitte Dippold betont, nicht die strafrechtlichen Ermittlungen gegen W., sondern seine Verstöße gegen ärztliche Grundregeln wie die Patientenaufklärung oder die Dokumentation von Untersuchungen und Medikamentengaben.

Das Klinikum hat nach dem Dafürhalten von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) durch "das schlimme Fehlverhalten eines Einzelnen" sehr wohl einen Image-Schaden erlitten. Von der juristischen Aufarbeitung des Skandals und den weiteren Schlagzeilen, die das Strafverfahren noch machen dürfte, erwartet Starke dagegen keine negativen Auswirkungen - weder auf das Krankenhaus und die Sozialstiftung Bamberg als Trägerin noch auf "den guten Ruf unserer Stadt". Soweit er die ersten Berichte über das Strafverfahren bisher verfolgt hat, gehe es in allen um die Straftat eines Einzelnen.

OB Starke: Bürger differenzieren
Froh zeigte sich der Oberbürgermeister, der kraft seines Amtes auch Vorsitzender des SSB-Stiftungsrats ist, "dass die Bürger differenzieren": Die Patientenzahl sei nach dem Bekanntwerden des Falles nicht gesunken. "Jeder weiß", so Andreas Starke, "dass die medizinische Versorgung und Pflege dort auf höchstem Niveau angeboten wird".