Kleiner Eklat im "Kulturboden"
Autor: Anette Schreiber
Hallstadt, Mittwoch, 13. Juli 2016
Hallstadts Mitte soll neugestaltet werden. Beim ersten Planentwurf gibt es offenbar noch grundsätzlichen Handlungsbedarf.
So war es nicht geplant. Andreas Friedmann wollte früher sprechen, die Position der Gewerbetreibenden schildern und eine Unterschriftenliste übergeben. Als der Vorsitzende des Gewerbevereins an der Reihe war, behielt er aber die Liste und sorgte damit für einen kleinen Eklat. Bei der Übergabe im Stadtrat erhofft er eine größere öffentliche Bühne für die Anliegen des Vereins.
Bekanntlich soll das Herz der Stadt, also der Marktplatz und die Lichtenfelser Straße, im Zuge des Städtebaus neu gestaltet werden. Der Prozess umfasst auch die Beteiligung der Bürger. Dienstagabend hatten sich rund 200 Hallstadter im Kulturboden eingefunden, wo der Planungsentwurf, der bereits im Stadtrat präsentiert worden war, vorgestellt wurde.
Bürgermeister Thomas Söder (CSU) betonte, es gehe darum, dass die Bürgerschaft mitreden und mitplanen dürfe.
Zur Vorgeschichte: Für die Neugestaltung der Stadtmitte wurden Grundlagen erarbeitet: bei einer ersten Infoveranstaltung vor einem Jahr, bei einem Workshop mit Anliegern und Gewerbetreibenden. Ferner wurde ein Verkehrskonzept erstellt. Wegen der Fahrbahnbreiten ist eine Befahrung mit Landwirten und Feuerwehr erfolgt. Zudem liegt eine Parkraumanalyse vor. Planungsthemen umfassen demnach die Breite der Verkehrsflächen, eine Verkehrsberuhigung, die Schaffung von Ausweichmöglichkeiten sowie eine Neuordnung für Parkbereichen und -Plätze. Zudem sollen Aufenthalts- und Veranstaltungsflächen entstehen.
Nach ausgiebiger Vorstellung des ersten Planentwurfs durch Planer Stadter hatten die Bürger die Möglichkeit nachzufragen beziehungsweise zu hinterfragen.
Besonders kritisch gesehen wurde das Verkehrskonzept. Es besagt, dass man das Verkehrsaufkommen von etwa 13 000 Fahrzeugen pro Tag auf annähernd die Hälfte reduzieren könnte, auch durch gestalterische Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und eine Temporeduzierung. Angedacht sind dabei 30 oder sogar 20 km/h. Neben der funktionalen ist auch die optische Umgestaltung Teil des Entwurfs, dazu gehört beispielsweise die Pflanzung von Bäumen. Das und weiteres Grün sowie andere Elemente (Bänke) sollen die Aufenthaltsqualität erhöhen. Zudem sollen auf dem Marktplatz auch Bereiche geschaffen werden, die Veranstaltungen und Gastronomie ermöglichen.
Unter dem Strich entstehen insgesamt sogar zehn neue Parkplätze, jedoch größtenteils an anderen Stellen.
Den Bürgern brannte Etliches unter den Nägeln. Insbesondere die Anlieger der Kilianstraße und der Mainstraße befürchten, dass diese zur Umfahrung genutzt und zur Rennstrecke werden könnten. Andererseits bestehen Bedenken zur Geschwindigkeitsbegrenzung in der Lichtenfelser Straße in Verbindung mit schmälerer Straßenbreite, und so genannten Torzitaten. Daraus werde wohl Stop-und Go-Verkehr resultieren, was entsprechende Geräusch- und Geruchsbelästigung mit sich brächte.
Barrierefreiheit nicht optimal
Zum Vorschlag, eine Baumreihe nur im nördlichen Bereich anzulegen, erwiderten Anwohner, dass es aus ihrer Sicht keinen Sinn mache, dafür die auf der Nordseite bereits stehenden zu fällen.
Dass beim Straßenausbau die Bordsteinkanten wegfallen (Barrierefreiheit), sei nicht optimal, weil dann bis an die Häuser gefahren werden könne, was in Sachen Sicherheit bedenklich ist. Zu große Verkehrsberuhigung schade dem Handel, immer hin 38 Einzelhändler liegen an der umzugestaltenden Ortsdurchfahrt. Weil nach Einzelgesprächen mit Planern und der Beurteilung (Punktvergabe) viele gegangen waren, übergab Friedmann seine Unterschriften nicht.Bürgermeister Söder wies abschließend auf Bürgersprechstunden mit Fachplanern und Verwaltung hin: "Wir werden mit jedem reden." Vorschläge, Anregungen und Kritik dieser Veranstaltung werden nun erst einmal Planer und Stadtrat beschäftigen.
Standpunkt
Die Quadratur des Kreises
allstadts Mitte soll neu gestaltet, aufgewertet werden. Man will das Beste. Die Stadt an Glanz und sonst jeder für sich selbst. Denjenigen, die nicht in Marktplatznähe, an der Lichtenfelser Straße oder möglichen Bypässen wohnen oder arbeiten, lässt alles ziemlich kalt. 200 Bürger bei der Infoveranstaltung klingen viel, was sich aber angesichts von 8800 Einwohnern relativiert. Das ist auch bei den über 600 Unterschriften des Gewerbevereins so.
Das Gewerbe im Zentrum lebt auch vom Durchgangsverkehr. Wird das Zentrum schön gestaltet, grün und verkehrsberuhigt, bleiben genervte Autofahrer und damit Kunden weg. Schön, ruhig und tot also? Weiterhin unattraktiv, laut und vielbefahren ist aber wohl keine echte Alternative.
Die Kunst wird darin liegen, einen leidlichen Verkehrsfluss zuzulassen, ebenso wie relativ bequemes Kurzzeitparken und obendrein eine attraktive Begegnungs- und Veranstaltungsfläche zu schaffen. Die Quadratur des Kreises sozusagen. Kritisiert wird am Ende immer, auch wenn anfangs alle die Möglichkeit zur Mitsprache hatten. Man darf gespannt sein.