Kleine Windkraftanlagen für Jedermann
Autor: Matthias Litzlfelder
Bayreuth, Sonntag, 07. April 2013
Zwei Gründer wollen mit ihrer Bayreuther Firma dem Windenergie-Markt in Franken neue Impulse geben. Sie setzen auf kleine genehmigungsfreie Windanlagen, die auch auf Garagendächern installiert werden können.
Nein, mit einem großen Windrad wollen Achim Keppner und Alexander Nordhus ihre Anlage nicht vergleichen. "Das ist nichts für Renditejäger, kein Investitionsmodell", sagt Nordhus. Dafür aber "ein Energiebaustein für die Zukunft", um sich eigenständig mit Energie versorgen zu können.
In Hirschaid (Landkreis Bamberg) konnten die beiden Ingenieure ihr erstes Referenzobjekt errichten. Auf dem Dach einer ehemaligen Fabrik, die gerade zu einer Art Energiepark umgebaut wird, haben sie zwei vertikale Kleinwindkraftanlagen installiert. Das Modell verbindet zwei altbewährte Systeme: den Darrieus-Rotor (außen) und den Savonius-Rotor (innen). Entwickelt und gebaut wird diese überschaubare Windanlage mit einer Nennleistung von 300 Watt von einer Firma in Taiwan. "Auf unsere Vorgaben hin", sagt Keppner. Seit drei Jahren laufe dort die Fertigung in Großserie.
Im August vergangenen Jahres begannen Keppner und Nordhus von Bayreuth aus mit ihrer Firma Kenovent. Kennengelernt hatten sie sich Anfang 2012 beim Businessplan-Wettwerb des Netzwerks Nordbayern. Der Westfale Nordhus ging damals mit einer Geschäftsidee für die dezentrale Energieversorgung in kleinen Unternehmen an den Start. Zuvor war der 38-jährige Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik als Heeresfliegertechniker in der Bundeswehrkaserne Roth beschäftigt.
In Asien unterwegs
Keppner wiederum ist Asienkenner. Viele Jahre hat der Ingenieur für Maschinenbau, Energie- und Kraftwerkstechnik in Shanghai und Hongkong gelebt. Als damaliger Mitarbeiter des Tüv Süd war der 50-Jährige sogar an der Abnahmeprüfung der Magnetschwebebahn Transrapid beteiligt.
Für eine weitere Firma war der gebürtige Karlsruher vor Ort als eine Art Einkäufer tätig. Damals wurde er auf die Firma mit der kombinierten Kleinwindkraftanlage aufmerksam. "Die haben einen Wettbewerb der taiwanesischen Regierung gewonnen und gingen danach mit ihrem Produkt vor drei Jahren in Großserie", erzählt Keppner.
Noch nicht viele in Europa
Mittlerweile stehen nach Angaben der beiden Ingenieure weltweit schon mehr als 100.000 solcher kleiner Windanlagen. "Zum überwiegenden Teil aber nicht in Europa", sagt Nordhus. Das soll sich jetzt ändern. Vor allem in Deutschland. "Kleine Windkraftanlagen - da wollte ich immer tätig werden", sagt Keppner.
Er und Nordhus haben ihre Geschäftsideen gebündelt. Es geht ihnen insgesamt um Energiemanagement. Privathaushalte sollen ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen können. Deshalb beschäftigen sich die Gründer auch mit Kombinationen aus Solar und Wind und suchen nach intelligenten Speichersystemen.
Momentan aber gehört die größte Aufmerksamkeit den Kleinwindkraftanlagen. "Man könnte noch besser Kleinstwindanlagen sagen", meint Keppner. Für das von Ihnen favorisierte taiwanesische Modell, das sie sich europaweit haben schützen lassen, gibt es vier verschiedene Leistungsgrößen. Die beiden in Hirschaid wartungsfrei laufenden Anlagen sind die kleinsten. Sie schaffen jeweils 300 Watt und haben einen Durchmesser von 1,20 Meter. Das größte der vier Angebots-Modelle hat eine Nennleistung von drei Kilowatt. "Mit seinen vier Meter Durchmesser kann es auch nicht mehr aufs Hausdach", sagt Nordhus. Ein großer Mast sei notwendig. Insgesamt käme eine solche 3-KW-Anlage auf 20.000 Euro. Das in Hir schaid laufende 300-Watt-Modell sei mit Installation dagegen schon für 3000 Euro zu haben. Zum Vergleich: Ein großes Windrad, wie derzeit immer mehr auch in Franken geplant werden, kostet mehr als zwei Millionen Euro, hat aber auch eine Leistung von durchschnittlich zwei bis drei Megawatt.
Rentiert sich dann eine Kleinwindkraftanlage oder ist sie nur eine Spielerei? "Es kommt auf den Wind, auf den Standort an", sagt Nordhus. Bei einer Windstärke von mehr als fünf Meter pro Sekunde sei so eine Kleinwindanlage an sich schon rentabel. Zukunftsweisend werde aber die Kombination derartiger Anlagen und Photovoltaik sein. "In unserer Region haben sich diese kleinen Windkraftanlagen in einem Zeitraum zwischen zehn und zwanzig Jahren amortisiert", meint dazu Kollege Keppner.
Betrieb in reinem Wohngebiet
In Bayern können die Anlagen, die vorwiegend aus Aluminium bestehen, laut Keppner genehmigungsfrei aufgestellt werden. Der 50-Jährige nennt drei große Vorteile durch die Kombination aus Darrieus- und Savonius-Rotor: "Die Anlaufgeschwindigkeit ist sehr kurz, die Anlage ist unabhängig von der Windrichtung und kann auch Böen nutzen. Und drittens ist sie sehr leise." Sie erfülle dadurch die Lärmschutz-Anforderungen bei Betrieb nachts in einem reinen Wohngebiet. "Das wurde durch den Tüv Süd 2011 bestätigt", berichtet Keppner.
Auch optisch lasse sich die Windkraftanlage nach Meinung vieler Architekten gut in Gebäude integrieren. Der Savonius-Rotor innen laufe schon bei mäßigem Wind an, beim Darrieus-Rotor außen sei stärkerer Wind nötig. Dafür sei letzterer dann deutlich effizienter.
Jetzt hoffen die beiden Windkraftexperten, dass ihr neuartiges Angebot vor allem in der Region angenommen wird. Zielgruppe sind die Besitzer von Einfamilienhäusern, Landwirte, aber auch Unternehmer, die mit einer solchen Anlage Aufmerksamkeit erregen wollen.
Im Mai werde erstmals eine Anlage auf einem Privathaus installiert. "700 Watt, in Pegnitz", berichtet Nordhus. "Wir sind in einer frühen Phase der Markteinführung", ergänzt Kollege Keppner. Aber er ist überzeugt: "Franken ist der beste Windkraftstandort in Bayern."