Klaus Rubach über Bambergs Bambados und die Gaspreise

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Sind die Stadtwerke zu teuer? Klaus Rubach plädiert für eine ganzheitliche Sicht auf der Leistungen des städtischen Unternehmens. Foto: R. Rinklef
Sind die Stadtwerke zu teuer? Klaus Rubach plädiert für eine ganzheitliche Sicht auf der Leistungen des städtischen Unternehmens.  Foto: R. Rinklef

Wird Gas billiger? Was haben Busse und Bäder mit dem Strompreis zu tun? Welchen Einfluss haben "Stadtwerke-Aussteiger" auf das Gemeinwesen in Bamberg? Ein Interview mit Stadtwerke-Chef Klaus Rubach.

Klaus Rubach (56) kam vor elf Jahren nach Bamberg. Damals steckte der Wettbewerb um Gas- und Stromkunden noch in den Kinderschuhen. Heute tobt er heftig wie nie. Manche Kunden kehren den Stadtwerken den Rücken - aber längst nicht alle. Ein Interview.

FT: Herr Rubach, die Stadtwerke haben in diesem Jahr einen wichtigen Stammkunden verloren - die Amerikaner. Was bedeutet das für die Stadtwerke und ihre Kunden?
Klaus Rubach: Das ist eine Belastung, aber auch eine Chance. Zunächst fallen natürlich Umsätze und auch Deckungsbeiträge weg. Andererseits besteht natürlich das Potenzial, dass wir eine Stadtgestaltung offensiv angehen. Ganz klar ist: Die finanziellen Handlungsspielräume werden zunächst mal enger. Wir müssen den Gürtel enger schnallen.


Heißt das, die Bamberger müssen mehr Geld für Gas und Strom zahlen?
Nein, das nicht. Es gibt ja einen Wettbewerb mit anderen Anbietern, der das verhindert. Unsere Botschaft ist klar: Die Investitionsspielräume sind enger geworden, aber wir werden das nicht auf die Kunden umwälzen. Weil die Amerikaner abgezogen sind, wird es zu keinen Preisveränderungen kommen.

Es wird nicht teurer. Aber auch nicht günstiger?
Genau.

Zumindest Gas könnte ja auch billiger werden. Der Ölpreis sinkt seit Monaten rapide.
Der Gaspreis ist aber nicht mehr ölgebunden. Die Preisbindung ist aufgehoben und der Gaspreis hat eine eigene Börse. In den letzten Jahren tendierten die Gaspreise seitwärts, abhängig von Angebot und Nachfrage. Sie fielen nicht so stark wie der Ölpreis.

Man hört ja auch, dass Bosch nicht mehr zu ihren Kunden gehört.
Die ganz großen Topunternehmen sind dazu übergegangen, dass sie ihren Energiebedarf für einen gewissen Zeitraum sehr börsennah einkaufen. Es gibt dann eine Ausschreibung, und es ist nicht möglich bei jeder Auktion der beste zu sein. Hier ist der Wettbewerb extrem.

Amerikaner weg, Bosch weg. Ist das nicht ein bisschen viel auf einmal?
Man muss hier einwerfen, dass wir nicht nur Kunden verlieren, sondern dass wir auch außerhalb der Region in ganz Deutschland unterwegs sind und auf diesem Weg genauso Kunden dazugewinnen. Zum Beispiel ist es uns gelungen, Ausschreibungen für bundesweite Energielieferungen an große Konzerne zu gewinnen, unter anderem bei der Firma Brose. Unterm Strich ist es nicht so, dass wir Mengen verlieren; wir können das bundesweit kompensieren.

Sie sprachen von "geringeren Spielräumen". Das ist vor allem eine Botschaft für die Akteure im Rathaus, die die Stadtwerke gerne vor den Karren ihrer Projekte gespannt haben.
Es ist eine doppelte Herausforderung, vor der wir stehen: Wir haben auf der einen Seite Wegfall von Umsatz, auf der anderen Seite stehen mögliche Investitionen für Infrastruktur auf dem Konversionsgelände. Diese Zangenbewegung heißt für uns, dass die Spielräume für zusätzliche Leistungen, die die Stadtwerke möglicherweise erbringen sollen, immer enger werden.

Ein Großprojekt, in das Sie investieren, ist die Wasserversorgung. Hier kam es im vergangenen Jahr zu einer kräftigen Anhebung der Grundgebühren und zu kritischen Stimmen.
Natürlich, das kann ich verstehen, jeder Verbraucher, der mehr bezahlen muss für eine Leistung, ist erstmal angefasst. Der Grund, weshalb wir das Thema Wasserversorgung angegangen sind, ist jedoch unabweislich. Die Ursprünge der zentralen Wasserversorgung liegen über 150 Jahre zurück. Die Wasserversorgung in Bamberg ist über die Jahre gewachsen und insbesondere in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder angeflickt worden. Unser Ziel ist es die Wasserversorgung so zu modernisieren, dass sie rationell, automatisch, verschleißarm, aber auch mit Rücksicht auf die veränderten Nachfrage- und klimatischen Bedingungen betrieben werden kann. Denken wir an die Grundwasserneubildung. Heute können wir sagen, dass wir mit der Ausweisung eines Wasserschutzgebietes einen großen Schritt in Richtung auf eine moderne und zukunftsfähige Wasserversorgung unternommen haben. Und die Kollegen blicken mit einem gewissen Neid auf uns in Bamberg und fragen uns, wie sie ihre Wasserversorgung ebenfalls optimieren können.

Klar, Trinkwasser mit hoher Qualität will jeder. Aber beim Blick auf den Wasserpreis wird gejammert. Ist es richtig, dass Bamberg bei den Wasserkosten deutlich über dem Schnitt anderer Städte liegt?
Da habe ich eine ganz andere Wahrnehmung. Ich habe gestern noch mit Kollegen gesprochen und wir haben die Situation verglichen. Der Vorwurf, dass Bamberg vergleichsweise teure Wasserpreise hat, ist nicht belegbar. Wir liegen nicht an der untersten Grenze, aber wir sind auch nicht der teuerste Wasserversorger der Region und beim Preisleistungsverhältnis, also Modernität und Zukunftsfähigkeit der Wasserversorgung, sind wir vorne dabei. Die anderen Kollegen haben teils erheblichen Investitionsstau und werden auch an der Preisschraube drehen müssen.

Beim Wasser stellt sich. die Frage zu wechseln, ja nicht. Da sind Sie Monopolanbieter. Das ist beim Strom und beim Gas anders. Und ohne die Preisdebatte der letzten Jahre zu wiederholen. Es gibt Bamberger, die sagen, sie wollen nicht länger mit ihrem Gaspreis das Bambados subventioneren oder die Busse und Parkhäuser. Können Sie das verstehen?
Aus meiner Sicht beruht diese These auf einem Missverständnis. Die Bäder und der ÖPNV sind ja eine Leistung, die als öffentliche Daseinsvorsorge bezeichnet wird. Es ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Dass in den Stadtwerken Energieversorgung, Bäder und Parken und Verkehr gebündelt sind, ist Folge einer steuerrechtlichen Regelung, die es den Kommunen erlaubt, die Gewinne aus der Sparte mit den Verlusten aus der anderen Sparte zu verrechnen. Das heißt die Gewinne, die die Verluste abdecken, müssen nicht versteuert werden. Würde man zur Finanzierung defizitärer Leistungen den indirekten Weg über den städtischen Haushalt wählen, also dass man Verkehr und Bäder direkt aus dem städtischen Haushalt bezahlt, würde unterm Strich weniger Geld zur Verfügung stehen.

Aber ist es nicht so, dass Stadtwerke höhere Gewinne machen müssen, um die Verluste aus den Bädern auszugleichen?
Es ist falsch zu glauben, dass das Gas billiger wäre, wenn die Stadtwerke nicht die Bäder hätten und ebenso ist die These falsch, dass der Bürger sich nicht an der Finanzierung der Bäder beteiligen müsste, wenn die Kosten ausschließlich auf die Nutzer umgelegt würden. Wenn wir die Bäder nicht als Sparte hätten, würde der Gaspreis dadurch nicht sinken, denn er ist im Wettbewerb gebildet. Und die Stadt würde einen angemessenen Gewinn aus der Energieversorgung im städtischen Haushalt einfordern. Und das zweite Missverständnis: Würde das Bambados so zusagen direkt aus dem städtischen Haushalt finanziert, dann würde der jeweilige Kunde dennoch zur Finanzierung des Bads herangezogen, weil seine Steuern und Abgaben im Haushalt der Stadt Bamberg landen und damit zur Abdeckung des Defizits des Bads herangezogen würden. Er würde indirekt über seine Steuern und direkt auch über mögliche andere Leistungen, die er in Anspruch nimmt, dazu beitragen, weil sie wie Theater oder Konzerte ebenfalls aus dem Haushalt der Stadt finanziert und dann möglicherweise gekürzt würden.

Doch dieser Zusammenhang beeindruckt nicht mehr alle. Sie verabschieden sich aus dem Solidarpakt und versuchen schlicht und einfach Geld bei der Gas- oder Stromrechnung zu sparen. Ist das ein Modell, das Zukunft hat?
Natürlich gibt es den Trend, dass sich einzelne entsolidarisieren, und sich an den Staatskosten nicht mehr beteiligen wollen. Das kann man auch nicht negieren. Das ist aber ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht auf der Ebene der Stadt Bamberg zu lösen. Unsere Gesellschaft basiert darauf, dass sich an den Finanzierungsinstrumenten für gesellschaftliche Leistungen alle beteiligen müssen. Der steuerliche Querverbund ist die logische Konsequenz aus diesem System, ohne den es nicht möglich wäre, diese vielfältigen Aufgaben einer Kommune zu finanzieren.

Merkwürdigerweise kommt es zu dem Effekt, dass andere Stadtwerke in Bamberg Gas günstiger anbieten können als die Stadtwerke.
Ja natürlich. Das machen wir ja an anderer Stelle auch. Das ist auch vom Gesetzgeber so gewollt. Wir tun das aus dem gleichen Grund wie die konkurrierenden Stadtwerke, die bei uns einen Wettbewerbspreis gestalten und in ihrem Heimatmarkt die teuere Grundversorgung vorhalten müssen.

Also müssen die Bamberger umziehen, um günstigeres Gas der Stadtwerke zu kommen?
So könnte man es auch sehen. Aber im Ernst: Auf der einen Seite haben die Bürgerinnen und Bürger an uns als Grundversorger den Anspruch, dass niemals das Licht ausgeht und dass es niemals kalt wird in der Wohnung, aber andererseits dass Wettbewerb herrscht. Zudem müssen wir als Grundversorger umfangreiche gesetzliche Vorgaben erfüllen, die viel Geld kosten.Wenn wir außerhalb Bambergs Strom und Gas verkaufen, haben wir diese Verpflichtungen nicht. Beispielsweise können wir hier einen Kunden, der eine schlechte Bonität hat, sogar ablehnen.

Doch in Bamberg hält sich diese Neigung - zu Ihrem Glück und dem der Stadt - ja in engen Grenzen.
Das ist so. Wir haben einen Marktanteil, der über dem von anderen Stadtwerken liegt. Und wir gewinnen auch außerhalb Bambergs Kunden dazu. So werben wir beispielsweise im Umland dafür, dass wir günstigere Preise als der dortige Grundversorger haben.

Was haben die Stadtwerke Bamberg, was andere nicht haben?
Der entscheidende Vorteil eines Heimatstadtwerks ist, dass wir nah dran sind an den Kunden, dass wir einen Service vor Ort bieten, den andere möglicherweise so nicht bieten können. Daher ist es so, dass wir überdurchschnittlich niedrige Wechselquoten haben. Wir haben beispielsweise beim Strom eine Kundenbindungsquote von rund 90 Prozent und beim Gas von deutlich über 85 Prozent aller Haushaltskunden.

Und wenn Kunden doch zu den Angeboten der Konkurrenz überlaufen?
In vielen Fällen kommen sie zurück. Denn oft ist es so, dass Lieferanten ihre Kunden mit einem Lockpreisangebot binden und dann nach Ablauf der Bindungsfrist alle Wege und Mittel nutzen, um die Preise wieder anzuheben. Auf lange Sicht lohnt sich das Wechseln nur für den, der von Jahr zu Jahr zu dem jeweils Billigsten geht. Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob sich das noch rechnet, wenn ein Lieferant unzuverlässig ist oder wenn man berücksichtigt, wie viel Zeit man im Internet beim Vergleichen von Tarifen verbringt, die möglicherweise nicht vergleichbar sind. Am Ende des Tages muss ja jeder Anbieter mit den Kunden das gleiche Umsatzpotenzial erreichen, sonst kommt er nicht auf seine Kosten.

Muss man trotzdem nicht davon ausgehen, dass die Quote der Wechselwilligen steigt?
Ja, natürlich, das ist eine Perspektive, die die Gesellschaft hat. Wir als Stadtwerke Bamberg können dem nur entgegenwirken, indem wir sagen, bei uns brauchst du nicht zu wechseln, weil wir über die lange Schiene einen Preis haben, der als Mischpreis ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bietet. Und darüber hinaus bieten wir noch zahlreiche zusätzliche Servicemerkmale und Produktqualitäten, die die Kunden besser stellen als bei anderen Lieferanten.

Das Gespräch führte Michael Wehner

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