Kindergarten-Lücke in Bamberg soll kleiner werden
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Montag, 10. Oktober 2016
CSU und SPD wollen 2017 eine Million Euro in den Ausbau von 72 neuen Kindergarten- und Krippenplätzen stecken. Doch das scheint lange nicht zu reichen.
Gute Nachrichten für die Eltern von kleinen Kindern in Bamberg: CSU und SPD, die beiden größten Fraktionen im Stadtrat, wollen dem steigenden Mangel an Kindergartenplätzen im kommenden Haushaltsjahr mit einer beträchtlichen Finanzspritze begegnen. Rund eine Million Euro, so teilten Helmut Müller (CSU) und Heinz Kuntke (SPD) dieser Zeitung am Montag mit, sollen im nächsten Jahr in den Ausbau der Kinderbetreuungskapazitäten fließen. Damit könnte die bestehende Lücke bei Kitas um einiges kleiner werden.
Konkret wollen CSU und SPD in den Haushaltsberatungen Anfang Dezember 774 000 Euro locker machen. Mit dem Geld sollen 60 neue Kindergartenplätze im Kinderhaus Luise Scheppler in der Gartenstadt und im "Haus für Kinder" am Stadion geschaffen werden. Weitere zwölf Kinderkrippenplätze sollen im Kindergarten St. Gisela in der Gereuth dazukommen.
Rücknahme eines Beschlusses
Gleichzeitig möchten die beiden großen Fraktionen einen im Juli dieses Jahres gefassten Beschluss des Jugendhilfeausschusses wieder korrigieren. Anders als damals entschieden, soll der freiwillige Zuschuss der Stadt von 50 Euro pro Kind 2017 nun doch wieder an die freien Kindergartenträger ausbezahlt werden. Das Vorhaben, den Posten von insgesamt 274 000 Euro entgegen den Versprechungen von 2015 zu streichen und zur Finanzierung des Kindergartenbaus zu verwenden, hatte in der Sitzung erheblichen Unmut bei den Verantwortlichen der Kindergärten ausgelöst. "Wir haben uns dazu entschlossen, uns über einen anderslautenden Beschluss hinwegzusetzen, weil in der Politik der Grundsatz gelten muss, dass man Zusagen einhält", begründete Müller die Abkehr von der Strategie im Sommer. Die gemeinsam mit der SPD getroffene Vereinbarung, 2017 nicht zu kleckern, sondern zu klotzen und statt 274000 Euro knapp 800 000 Euro in die Hand zu nehmen, bezeichneten Müller und Heinz Kuntke unisono als "Kindergartenoffensive" für Bamberg. Damit gebe die Politik ein klares Signal für Familien in der Stadt.
Freilich: Die Zahlen, die wir bei der Verwaltung erhalten, belegen, dass die Fraktionen mit ihrem Vorstoß den gesetzlichen Verpflichtungen allenfalls hinterhereilen. So stieg die Kinderzahl in Bamberg zuletzt so stark wie seit 20 Jahren nicht mehr. Mit der Folge, dass die Wartelisten für die Online-Anmeldung für Kindergärten von Jahr zu Jahr länger werden. Schon macht man sich Jugendamt der Stadt ernste Sorgen, dass die Stadt den gesetzlichen Anspruch vieler Eltern kaum noch wird erfüllen können, wenn 2018 die Zahl der Kinder über drei Jahren auf 2275 steigt - bei derzeit 1929 Kindergartenplätzen.
Günter Diller vom Jugendamt der Stadt ist deshalb froh, dass die Politik die dringliche Situation erkannt hat. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass es mit dieser einmaligen Investition nicht getan ist. Ein Fakt: Nach Jahren starken Wachstums durch Zuzüge, Geburten, aber auch Flüchtlingszuweisungen ist Bamberg von einer 100-Prozent-Abdeckung für Kindergartenplätze mittlerweile meilenweit entfernt.
Was muss passieren, um an früher selbstverständliche Quoten von 100 Prozent und mehr heranzukommen? Im Jugendamt schätzt man den aufgelaufenen Investitionsbedarf für den Neubau von Kitaplätzen auf fünf Millionen Euro - nur für Investitionen. Für Personalkosten kommen pro Kindergartengruppe rund 50 000 Euro hinzu. Ganz abgesehen von den Vorschriften im Sozialgesetzbuch rät Diller, die Bedeutung dieser Frage ernst zu nehmen: "Die Einrichtungen der Kinderbetreuung sind mittlerweile ein Standortfaktor geworden."
Grüne wollen "schnell handeln"
Niemand zweifelt deshalb, dass es in den im Dezember stattfindenden Haushaltsberatungen der Stadt für die zusätzliche Million eine Mehrheit über die Fraktionen von CSU und SPD hinaus geben wird. Auf Nachfrage lehnt Ursula Sowa von den Grünen zwar eine neuerliche Wende bei den freiwilligen Zuschüssen für die Träger ab, signalisiert aber Unterstützung für die Mehrung bei den Bauinvestitionen. Der Mangel an Betreuungsplätzen sei bekannt. Bamberg habe vor allem auch bei Kinderkrippenplätzen Nachholbedarf. Und es müsse schnell gehandelt werden, meint Ursula Sowa.
Zu den bedeutenden Trägern von Kitas gehört in Bamberg die katholische Kirche. Entsprechend erfreut ist man im erzbischöflichen Ordinariat über die Aussicht, dass versprochene Fördergelder der Stadt nun doch ausgezahlt werden sollen. Es sei zu begrüßen, dass sich die Fraktion an gegebene Zusagen hielten, sagte Harry Luck von der Pressestelle. Der Betrieb von Kindertagesstätten gehöre zu den Pflichtaufgaben der Kommunen. Um diese Anmerkung zu verstehen, muss man wissen: Bamberg ist die einzige Freie Kreisstadt im weiten Umkreis, die keine einzige Kindertagesstätte selbst betreibt.