Kemmerer "Gaaßbockreiten": Was steckt hinter der Kirchweih-Tradition und was wird geboten?
Autor: Melina Mark
Kemmern, Montag, 28. August 2023
"Kerwa ist nur einmal im Jahr!" Für viele Franken ist die Kirchweih-Zeit die schönste Zeit des Jahres. Nicht jede Stadt oder Gemeinde feiert dabei auf die gleiche Art. In Kemmern steht jedes Jahr aufs Neue das "Gaaßbockreiten" auf dem Plan - eine für Außenstehende mitunter seltsame Prozedur. Worum geht es dabei genau?
Es gibt viele unterschiedliche Brauchtümer, die in der Kirchweih-Zeit ausgelebt werden. Der "Hahnenschlag" ist in Franken wohl die bekannteste Tradition. Dabei wird mit verbundenen Augen ein Tontopf - früher war es tatsächlich ein Hahn (!) - mit einem Dreschflegel zerschlagen. Der Hahnenschlag gehört zum Beispiel bei der Bamberger Sandkerwa zum traditionellen Programm.
In Kemmern (Landkreis Bamberg) und einigen umliegenden Dörfern, ist das sogenannte Gaaßbockreiten Teil der Kirchweih-Zeit. In diesem Jahr findet es am 28. August um 14 Uhr statt. Was dahinter steckt und was bei diesem Event geboten wird, hat uns Rüdiger Gerst (CSU), erster Bürgermeister von Kemmern, erklärt.
Kemmerer "Gaaßbockreiten": Was hat der Ziegenbock mit Kirchweih zu tun?
"Am Kirchweihmontag gibt es jedes Jahr einen Kirchweihszug", berichtet Gerst. Gewöhnlich fällt der auf den Montag nach dem letzten Wochenende im August. Bei dem Festzug spieße man "örtliches Geschehen satirisch auf" - es sei "spaßig gestaltet". Veranstalter des Umzugs ist der Sportclub Kemmern (SCK). Beim "Gaaßbockreiten" handelt es sich um einen "spontanen Umzug", erklärt der Bürgermeister weiter. Er wird unter anderem von Vereinen oder spontanen Initiativgruppen gebildet, die sich zu diesem Anlass treffen.
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Nun stellt sich allerdings die Frage, was das Ganze mit einem Ziegenbock (auch Geißbock genannt) zu tun hat. "Gaaßbockreiten ist das Mundartliche", so Gerst, denn eigentlich heißt das Brauchtum "Geißbockreiten". Es sei eine sehr alte Tradition, die Jahrhunderte zurückreiche. "Anlässlich dieser Feiern (gemeint sind Kirchweihfeste, Anm. d. Red.) ist in den Familien geschlachtet worden. Wenn man einen Geißbock hatte, ist der Geißbock geschlachtet worden", so Gerst. Diese Schlachtung wurde später spaßig aufgegriffen. Inzwischen wird sie jedes Jahr von Freiwilligen nachgespielt und ist von der Kemmerer Kirchweih nicht mehr wegzudenken.
Die geschauspielerte Rahmenhandlung, die den Festzug begleitet, dreht sich um einen Geißbock, der von Bauern über einen Händler verkauft wird. "Der Geißbock soll, weil der immer wieder ausreißt, geschlachtet und an den Metzger verkauft werden. Der Geißbock geht dann durch und auf Personen am Rande des Zuges los."
Ablauf des Gaaßbockreitens: Das ist der Weg des Festzugs
Der "Gaaßbock" ist im Laufe der Jahre von "einer ganzen Reihe an Personen" verkörpert worden, "aber die meisten machen es ziemlich lang". Auf dem Festzug gibt es immer nur einen "Gaaßbock". "Sie (die jeweiligen "Gaaßböcke") haben eine Holzlatte zwischen den Beinen, vorne ist der Geißbock-Kopf aufgestülpt und dann rennen sie zwei, drei Stunden herum und machen 'Mäh'."
Der Kirchweihzug startet an der Volksschule Kemmern und zieht zweimal die Hauptstraße entlang. Im Anschluss führt der Umzug über die Mainbrücke und kommt am Sportheim Kemmern zum Ende. "Da ist ein Wasserloch und da wird der Bock 'geschlachtet'. Der wehrt sich dagegen und schmeißt alle Umstehenden ins Wasser hinein. Bis er schließlich erfolgreich 'geschlachtet' wird." Diese "Schlachtung" werde durch das Anstechen von roten Farbsäckchen dargestellt. "Dann ist allgemeines Halligalli", beschreibt Gerst den Ablauf.