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Kellerkommando: "Franggn is scho a Lifestyle"


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Montag, 19. Mai 2014

Kaum eine Band schafft es besser, Tradition und Moderne zu verbinden, als Kellerkommando aus Bamberg. Am 24. Mai sind die Musiker beim City-Golf-Cup in Coburg zu hören. Ein Gespräch über Franken, Texte und erstaunliche Auftritte.
Männer mit Hüten: Dada Windschi und Dré Soulo von der Bamberger Band Kellerkommando  Foto: Matthias Hoch


Es ist eine besondere Kunst, die das siebenköpfige Kellerkommando aus Bamberg musikalisch erschafft. Sänger und Akkordeonist Dada Windschi (David Saam) sowie Rapper Dré Soulo (André Wedel) philosophieren über regionale und globale Seiten dieser Kunst.

Was ist das für eine Musik, die Ihr macht, ist das regionale Weltmusik, ist es Popmusik, ist es Volksmusik?
Dada Windschi: Wir nehmen die Popmusik unserer Urgroßeltern...

... die traditionelle Volksmusik...
Dada: Genau, die traditionellen Lieder, die sie damals gesungen haben, und die Blasmusik waren ihre Popmusik, dazu haben die damals getanzt.

Wir verbinden das mit der Popmusik von heute mit urbanen Beats und Rap und machen daraus die Popmusik von morgen.

Was sagt Eure Musik über Franken aus?
Dré Soulo: Franggn is scho a Lifestyle, des is scho so! Man muss nur mal in der Metzgerei gewesen sein mittags um eins, um zu wissen, was da überhaupt abgeht. (Dada lacht) Es is' scho so.

Geht Ihr dann auch gezielt in eine Metzgerei, um euch Inspiration zu holen an der Leberkäs'-Theke?
Dada zu Dré: Hopp wir müssen a neues Lied schreiben, ab in die Metzgerei! (lacht) Ne, ganz so konkret ist es nicht, aber es ist schon so, dass wir immer wieder auf dem Bierkeller landen oder in den Brauereien. Allein, wenn man auf der Straße in Bamberg unterwegs ist und man hört ein zorniges "Des is fei kei Fahrradwech", dann weiß man ja, wo man ist (lacht). Und das fließt ein. Ich glaub', Franken ist der ideale Ort, um unsere Musik zu machen.

Warum?
Dada: Die Franken sind schon verwurzelt, aber auf der anderen Seite sind sie a bissl zerrissen. Kein Wunder: Wir liegen zwischen Bayern, Hessen, Thüringen und Tschechien. Bei uns sind wahnsinnig viele Leute durchgezogen. Franken ist keine homogene Kultur, sondern ein Flickenteppich. Das begünstigt, dass wir nicht gezwungen sind, genau die eine Musik zu machen, denn der Franke an sich bringt schon mal eine gewisse Flexibilität mit. Also ist Franken ein guter Ort für Innovationen aller Art - auch in der Musik.

Ihr spiegelt diesen Flickenteppich wider, aber Ihr bildet auch so was wie die Konstante...
Dada: Wir sind die Konstante, die immer bleiben wird (lacht). Wir saugen das Ganze auf, verändern es und machen was Neues daraus. Deshalb sind wir modern, weil wir einen regionalen, aber auch globalen Bezug haben. Das ist doch auch das Lebensgefühl der Menschen: Regionale Theken in den Supermärkten zeigen es. Die Leute haben ein Interesse an der Region, aber andererseits bewegen sie sich im Internet in der großen Welt.
Dré: Gerade Bamberg ist ein gutes Beispiel. Es gibt sauviele Studenten hier, die sich inzwischen auch in den Kachelofen (Bamberger Wirtshaus, Anm.d.R.) setzen und etwas essen. Das war nicht immer so. Bamberg ist bunt gemischt mittlerweile.

Wie bunt gemischt sind Eure Konzerte?
Dré: Es ist alles dabei. Wenn man auf ein Konzert von Kellerkommando geht und in die erste Reihe schaut, dann kann es schon sein, dass ein paar Fans ihre Kinder mitgebracht haben, daneben ist ein Hipster, daneben sind ein paar Punks, die einen Pogo-Kreis machen, und daneben sind ein paar Rentner. Das ist wirklich so! Ich find' schön, dass es keine Grenzen gibt. Dass sich keiner fehl am Platz fühlt.

Eure Texte sind teilweise derb. Wie war der Text Eures Liedes "Maus"? Sie trinkt Sperma...?
Dada: Das ist ja missverständlich. Darin heißt es doch: "Ach mei Maus, ich geb noch ann aus, was willstn trinken? Sie sagt: Sperr ma dei Auddo auf." Wer da was anderes hört, dem spielt das Gehirn einen Streich!

Der will das wahrscheinlich hören!
Dada: Genau, der will das (lacht)! Bei den traditionellen Stücken gibt es noch viel schlimmere Ausdrücke als die, die wir benutzen... Ich find' dabei immer wichtig, dass es einen Witz hat, dass man sagt, okay, da kann man noch schmunzeln.

Ist der Franke an sich derb? Ich hab kürzlich einen Junggesellenabschied in der Fränkischen Schweiz gesehen, da steckte der Bräutigam in einem Peniskostüm... So ist die Realität!
Dada: Ich hab' noch keine Untersuchung angestellt (lacht), ob das nur in Franken passieren kann oder auch woanders. Mir persönlich ist jedenfalls noch nicht aufgefallen, dass in unserer Gegend übermäßig viele Menschen in Peniskostümen rumlaufen und das zum fränkischen Brauchtum gehört. Aber vielleicht entsteht da ja grad' was Neues...? Au weiala.

Habt Ihr nicht Angst, dass der regionale Zug mal abfährt und es vorbei ist mit Eurem Erfolg?
Dada: Uns ist es wichtig, dass die Musik nicht nur darüber funktioniert, dass wir was Regionales machen. Die Regionalität ist nur ein Element. Deshalb mache ich mir echt keine Gedanken darüber, ob die Regionalität nicht mehr aktuell ist und wir damit untergehen. Nein, das nicht.
Dré: Die Regionalität ist ein Trend, aber ich glaube, dass wir noch am Anfang stehen. Das ist auch eine Folge der Globalisierung: Je mehr Facebook, je größer alles wird, umso mehr ziehen sich die Leute zurück. Das wird noch stärker werden.

Habt Ihr noch irgendwas, was Ihr gerne machen würdet? Vielleicht in Afrika spielen?
Dada: Wir wollen gerne überall auf dieser Welt spielen. In Mexiko waren wir schon...

Wie war das?
Dada: Das war unglaublich, es kannte uns ja keiner. Es waren 3000 Mexikaner da. Und die Leute sind dermaßen ausgerastet. Das war ein unglaubliches Gefühl, auch befremdlich, weil wir dachten: Was ist mit Euch los? Aber das war toll.
Dré: Ich glaub', das ist eine der schönsten Sachen, die man erreichen kann über ein Projekt wie Kellerkommando. Man kann so viele Mauern einschlagen: Da sind 3000 Mexikaner, die jetzt eine Vorstellung haben, wie fränkische Musik überhaupt klingt.
Dada: Es hört sich vielleicht übertrieben an, aber Kellerkommando kann Frieden stiften! Wir bringen auf unseren Konzerten die verschiedensten Leute zusammen, die da miteinander friedlich Party machen. Es ist das Schönste, wenn du merkst, dass du den Menschen ein gutes Gefühl mitgeben kannst.
Dré: Wenn 'ne Rentnerin in Zukunft Punks in einem anderen Licht sieht, weil sie gemerkt hat: "Okay, die tanzen zur selben Musik, die ich gut finde", dann ist das doch was Großes, das wir erreicht haben.