Druckartikel: Kein Reformer, aber ein Brückenbauer

Kein Reformer, aber ein Brückenbauer


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Montag, 11. Februar 2013

Aus heiterem Himmel kam die Nachricht vom Rücktritt des Papstes. Inmitten der "Fünften Jahreszeit" erreichte sie die Menschen. Wie sieht man in Bamberg den Abschied Joseph Ratzingers, wie seine sieben Jahre auf dem Stuhl Petri, in denen sich der Bayer eher als Bewahrer als Reformer zeigte? Wir hakten nach.
Margit Steger-Böhnlein, Leiterin der Bamberger Beratungsstelle von Donum Vitae: "Er erfüllte nicht die hohen Erwartungen."


"Die Kirche lebt, die Kirche ist jung", verkündete Papst Benedikt XVI. bei seinem Amtsantritt vor 350 000 Menschen. Der erste deutsche Pontifex nach fast einem halben Jahrtausend weckte viele Hoffnungen. Fast acht Jahre später inmitten des Faschingstreibens nun der Rücktritt des 85-Jährigen aus Marktl am Inn, der die nötige Kraft für seine Aufgabe nicht mehr findet. Wie sieht man in Bamberg den Abschied Joseph Ratzingers, wie seine sieben Jahre auf dem Stuhl Petri, in denen sich der Bayer eher als Bewahrer als Reformer zeigte?


Neue Impulse

"Zunächst mal gebührt Benedikt XVI. Respekt. Er besaß den Mut, einzugestehen, sein Amt nicht weiterführen zu können", meinte Domkapitular Gerhard Förch.

"Als Papst, der Brücken schlug", empfand der Dompfarrer Benedikt XVI.: Brücken zwischen Ländern, an die sich Friedensappelle des Pontifex richteten, und Brücken zwischen den Religionen, deren Dialog er zu stärken suchte. Darüber hinaus sei es dem Heiligen Vater darum gegangen, "zwischen den Extremen innerhalb der Kirche zu vermitteln, sie unter dem gemeinsamen Dach wieder zusammenzuführen", so Förch. Der überraschende Rücktritt Ratzingers könnte seiner Ansicht nach nun den Anstoß geben, einen Jüngeren ins Amt zu wählen und somit neue Impulse setzen.


Die Krise "verwaltet"

"Benedikt XVI. hat die Krise eher verwaltet als die katholische Kirche aus ihr zu führen", sagte Margit Steger-Böhnlein als Leiterin der Bamberger Beratungsstelle von Donum Vitae. Trotz hoher Erwartungen, die sich an Ratzinger richteten, habe der Papst den konservativen Kurs fortgesetzt. "So spricht die Kirche immer weniger die Sprache der Menschen - und immer weniger hören ihr zu." Margit Steger-Böhnlein erhofft sich nach dem Ausscheiden Benedikts XVI. einen Nachfolger, der den "Mut zu Veränderungen hat, um Probleme und Themen der Zeit anzugehen", wie sie es nannte: Als Leiterin einer Beratungsstelle, die sich "auf Grundlage des christlichen Menschenbildes für den Schutz des ungeboren Lebens einsetzt und dennoch gegen die Weisung des Papstes arbeitet".


Beim Skifahren interviewt

"Aus der Spur" warf die Rücktrittsnachricht Hans Lyer gestern im wahrsten Sinne des Wortes. So überraschten wir den katholischen Gefängnispfarrer beim Freizeitsport auf einer Langlaufloipe. "Auch ich setzte viele Hoffnungen in diesen Papst, nur blieb die große Erneuerung aus, wie wir mittlerweile wissen", bekannte der Seelsorger. Eine deutlichere Abgrenzung gegen fundamentalistisch-konservative Gruppierungen habe er sich gewünscht, ein stärkeres Engagement für die Ökumene. Darüber hinaus kritisierte der Franke, dass man Frauen in der Kirche bis heute zu wenig Mitspracherecht einräumt: "Wie viele von ihnen sieht man in den Kirchenbänken, während Männer auf der anderen Seite weiterhin das Sagen haben und Entscheidungen treffen!"

"Mehr denn je suchen die Menschen unserer Zeit nach Gott", meinte der evangelische Dekan Otfried Sperl. "Und ich wünsche der katholischen Kirche - wie uns allen - nun Mut und Vertrauen, sie dabei zu begleiten." Allen Respekt habe er davor, "wenn auch ein Papst die Grenzen seines Alters erkennt - wie nun Benedikt XVI."
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