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Kein Frohsinn auf Kommando!


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Freitag, 14. Februar 2014

Der Fasching tobt - zumindest außerhalb von Bamberg. Auf den Bühnen der Domstadt aber ignoriert oder karikiert man allenfalls die "tollen Tage". Mancher Humorist sucht nach dem tieferen Sinn im Unsinn. Andere Theaterleute drehen den Spieß rum, lehnen sich zurück und spielen Publikum.
Loten den tieferen Sinn im Fasching aus: Carl Herbert Braun und Martin Neubauer. Foto: Brentano-Theater


In Narrenhand ist das Bamberger Land. Rund um die Domstadt toben Pappnasen, während im Zentrum allenfalls der Wahlkampf komische Züge annimmt. Knall auf Fall gibt's dann den Rosenmontagsball, einen schrillen Umzug - und die "Fünfte Jahreszeit" ist wieder Geschichte. "Was für ein Theater!" denken sich offenbar gerade Vertreter der darstellenden Kunst, die auf der Bühne normalerweise den Ton angeben: Sie ignorieren das Spaßgeschehen, karikieren den kalendarisch verordneten Frohsinn oder interpretieren ihn literarisch - wie Martin Neubauer und der köln-flüchtige Carl Herbert Braun. Aber dazu später.

Null Stimmung, nur Prosecco bis zum Abwinken
Seid Ihr zur Heiterkeit bereit? "Kenni net", heißt's erstmal am TaM. Hier erwartet die Leute am 15. Februar eine spontane "Faschingsparty", bei der die Stimmung trotz heftigen Prosecco-Konsums auf der Strecke bleibt.

Eine Episode aus Klaus Karl-Kraus neuem Stück, das sich um's Fremdsein, Briefkästen und Eigenheiten der fränkischen Seele dreht. So geben sich die drei Protagonistinnen (Johanna Wagner-Zangl, Gisela Volk und Agnes Zimmermann) anfangs zwar witzig-spritzig, um letztendlich aber nur mit erheblich mehr Promille wieder restlos desillusioniert heimzuschwanken - verkleidet als Karpfen, Faschingskrapfen und sexy Biest. Genießt Johanna Wagner-Zangl als Intendantin des Theaters am Michelsberg (TaM) wenigstens privat die "tollen Tage"? "Nein, sicher nicht. Jubel, Trubel, Heiterkeit tobt bei uns rund ums Jahr - das reicht!"



Der Widerstand ist am E.T.A.-Hoffmann-Theater das alles beherrschende Thema: Bis "Stauffenberg" am Faschingssamstag abtritt. Und was erwartet Bühnenfans am Faschingsdienstag? "Nichts. Da verlassen wir als Mitarbeiter der Stadt pünktlich um 12 Uhr das Haus", sagt Anja Simon als Dramaturgin. Bewegt sich der Gaudiwurm an dem Tag endlich auch durch Bamberg, sei das "eine Gelegenheit, sich mal auf die Zuschauerränge zu begeben, um dem Publikum die Bühne zu überlassen". Schließlich müsse man "Menschen beobachten, um ihnen dann wieder den Spiegel vorhalten zu können".

Kehraus mit den Glitzerboys
Zum Abgesang auf den Fasching lädt abends übrigens ein Kollege Anja Simons, der sich in seiner Freizeit mit David Saam als "Hitz- und Glitzerboy" verdingt: Felix Pielmeier. Den "letzten Scheiß aus der Schämecke" mischen die DJs ab 20 Uhr im Morphclub unters Volk - bei einer "After-Faschingsumzug-Party".



"Karneval? Das Größte für mich als Kind, während mich heute andere Facetten der Fastnacht als der Schenkelklopfer-Humor bei Prunksitzungen reizen", meint Martin Neubauer als Brentano-Theater-Prinzipal. So präsentiert er Seelenverwandten ab Rosenmontag das Programm "Die Alltagskleider abgetan", das Neubauer mit dem kölnflüchtigen Carl Herbert Braun auf die Bühne bringt. "Bamberg ist keine Faschingshochburg - leidergottseidank!" ist das Motto, unter dem das Gespann die Poesie des Karnevals jenseits von Humtata, Tätärä und Helau auslotet - zwischen Venedig, Paris, Rom, Wien und München. Einen "schillernder rhetorischen Maskenzug von Hans Sachs über Goethe, die Romantiker und Otto Julius Bierbaum bis hin zu Karl Valentin" dürften Besucher erwarten. Wobei neben anspruchsvollen Texten Blödeleien nicht zu kurz kämen, wie Neubauer versichert.

Ekstase als Berufsalltag
"Theaterleute haben großes Verständnis für den Faschingstrubel, aber keinerlei Motivation, sich daran zu beteiligen", bekennt Jan Burdinski als Intendant des Fränkischen Theatersommers. Bewundernswert sei der Esprit, den Karnevalisten in der "Fünften Jahreszeit" zeigen. "Nur gehört für uns die Ekstase zum Berufsalltag." Ein eigenes Faschingsprogramm hat die Landesbühne heuer auch nicht konzipiert, "wir sind mitten in den Vorbereitungen für die kommende Spielzeit". Immerhin gönnt sich der Intendant im Karnveal einen literarischen Kappenabend, "wie ihn Menschen lieben, die Freude an skurrilen Ideen haben".

Leichenstarre und Totentanz
Business as usual auch beim Nana-Theater: Bis kurz vorm Faschingswochenende trällert "Hanuta Gonzales" im Club Kaulberg noch "Lass mich dein Trostpflaster sein!", zelebriert das Trio Morbido mit Gruselfans Kriminächte. Dann aber Sendepause, Totentanz, während vor der Tür der Bär steppt. Eingemottet hat Arnd Rühlmann selbst seine "Leichen im Keller", die sich von den letzten Lesungen wohl erholen müssen. Helau!


Sämtliche Termine

Zu erleben ist die Fastnachtspoesie des Brentano-Theaters unter dem Titel „Die Alltagskleider abgetan!" am Rosenmontag, 3., Faschingsdienstag, 4., und Aschermittwoch, 5. März, jeweils ab 20 Uhr. Plätze für   die Gartenstraße 7 kann man sich unter der Nummer 0951/54528 reservieren lassen.

Im Theater am Michelsberg ist Klaus Karl-Kraus Stück „Kenni net“  am 15. Februar, ab 20 Uhr, zu sehen. Die „Hitz- und Glitzerboys“ bitten am Faschingsdienstag ab 20 Uhr im Morphclub zur „After-Faschingsumzugs-Party“.