Kandidatenflut in Bamberg überfordert Viele
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Donnerstag, 12. Sept. 2013
Nie war der Plakatwald so dicht und die Verwirrung so groß wie im Wahljahr 2013. Der Herbst 2013 fordert die Bürger wegen wechselnder Stimmkreisgrenzen und fünf (!) Volksentscheide. Bei der Landtagswahl kandidieren 13 Bewerber für Bamberg, 12 im Landkreis. Realistische Chancen haben nur vier.
Frensdorfs Bürgermeister Jakobus Kötzner (CSU) blickt der Wahl am Sonntag mit zwiespältigen Gefühlen entgegen. Er hat Sorge, dass es in den Wahllokalen seiner Gemeinde nie da gewesene Schlangen geben könnte. Auch im Rest der Region könnte es gewissermaßen zum Notstand vor der Wahlkabine kommen. Der Grund: Die fünf (!) Volksentscheide zur Verfassungsänderung sind wenige Tage vor der Wahl immer noch so gut wie unbekannt.
Doch die Ratlosigkeit, die Uninformierte angesichts komplizierter juristischer Begleittexte beschleichen könnte, muss nicht sein: Es handelt sich bei den Entscheiden um kaum umstrittene und mit großer Mehrheit vom Landtag abgesegnete Verfassungsänderungen, über die nun das Volk mit ja oder nein beschließen darf.
Gleichwohl ist das Verwirrspiel um die im Schatten der Landtagswahlen stehenden Volksentscheide symptomatisch in einem Wahlherbst, der allem Werbeaufwand zum Trotz mit einer gehörigen Portion Desinformation einhergeht. Es ist nicht nur der sich im Stadtbild optisch unauflösbar vermischende und rekordverdächtig große Kreis der Bewerber - es sind auch die nach wie vor unbekannten Stimmkreisgrenzen dreier Wahlen, die eine Vielzahl von Bürgern schlicht überfordern. Am besten kann man die derzeitige Qual mit der Wahl an der explosionsartig steigenden Zahl von Briefwahlwünschen erkennen. Christine Feldbauer vom Ordnungsamt der Stadt Bamberg, spricht davon, dass der Behörde die Anträge heuer "nur so um die Ohren fliegen". Viele Leute wollen ihre Entscheidungen offenbar in aller Ruhe treffen, was verständlich ist, aber seinen Preis hat: "Der Aufwand für die Doppelwahl ist immens", sagt Feldbauer.
Auch an der Front der Infostände müssen die Politakteure heuer ungewöhnlich viel Zeit für Basis-Information aufwenden. Für den SPD-Landtagskandidaten Felix Holland ist die Zusammenstellung der Stimmkreise gewöhnungsbedürftig. Auch Staatssekretärin Melanie Huml spricht von einem erhöhen Informationsbedarf.
Verteidigt CSU Direktmandate?
Der Vielzahl von insgesamt 25 Direktkandidaten zum Trotz hält sich die Spannung bei der Landtagswahl in den Stimmkreisen Bamberg-Stadt und Bamberg- Land in Grenzen. So wird es angesichts der günstigen Prognosen für die CSU niemanden überraschen, wenn die beiden Inhaber der Direktmandate, Staatssekretärin Melanie Huml und Heinrich Rudrof (beide CSU), ihre Mandate verteidigen könnten. Allenfalls das Ergebnis und das Verhältnis zum Zweitstimmenergebnis der Partei dürfte ein Gradmesser für ihre Popularität sein. Dies vor allem deshalb, weil die CSU 2008 herbe Verluste einstecken musste.
Deutlich unwägbarer ist das Ergebnis bei den Mandaten, die über die Listenvorschläge vergeben werden, immerhin die Hälfte aller Sitze. Hier zeichnet sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit ab, dass der Raum Bamberg 2013 zusätzliche Verstärkung in München bekommt. Dieser "dritte Abgeordnete" könnte den Auguren zufolge ein Kandidat der Grünen sein, was auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Andreas Lösche und Ursula Sowa hinausliefe. Wer von den beiden am Ende die Nase vorn hat, das hängt dabei nicht von der Platzierung auf der Liste, sondern von den Erst- und Zweitstimmen ab, die bei der Landtagswahl in Bayern anders als bei der Bundestagswahl addiert werden.
4000 Studenten mehr
Der jüngsten Prognose der Forschungsgruppe Wahlen zufolge zeigen die Stimmanteile der Grünen mit zehn Prozent zwar wieder nach unten. Dennoch sind sich Sowa als auch Lösche sicher, dass selbst ein Ergebnis von neun Prozent für die Grünen in Bayern reichen würde, um einem zusätzlichem Bamberger das Ticket nach München zu verschaffen. Ganz abwegig scheinen die Spekulationen nicht: So gilt der Raum Bamberg seit Jahren als Hochburg der Grünen in Oberfranken, eine Rolle, die durch das Wachstum der Bamberger Universität um 4000 Studenten seit der letzten Wahl noch gestiegen sein dürfte. Ob die Hoffnungen der Alternativen wahr werden, hängt freilich auch davon ab, ob die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringt und wie gut die Freien Wähler abschneiden. Das Hamburger Institut Election zumindest hat in einer Oberfranken-Umfrage im August ermittelt, dass die CSU sämtliche Direktmandate gewinnt. Zusätzlich würden im Regierungsbezirk acht Mandate über die Liste verteilt:Vier für die SPD und je zwei für Freie Wähler und Grüne.