Druckartikel: Kaltfront im Wohnzimmer

Kaltfront im Wohnzimmer


Autor: Sebastian Schanz

Bamberg, Mittwoch, 23. Januar 2019

Schon seit Weihnachten ist in einem Wohnkomplex in der Kloster-Banz-Straße die Heizung defekt. Bewohner klagen über Temperaturen von 14 Grad und kritisieren den Verwalter: die Joseph-Stiftung. Die hat nun reagiert und entschuldigt sich.
Warm anziehen, ist nicht nur draußen nötig: Auch in diesem Wohnkomplex im Bamberger Osten haben Bewohner gefroren.   Ronald Rinklef


Wann es in ihren eigenen vier Wänden zum letzten Mal wohlig warm war, daran kann sich Irmgard P. (Name geändert) gar nicht mehr erinnern. "Irgendwann vor Weihnachten", sagt die 73-Jährige. Über 20 Grad sei das Thermometer in ihrem Flur seither nicht geklettert. Die Heizung im Wohnkomplex Kloster-Banz-Straße 2 bis 4: defekt. Da kann Irmgard P. aufdrehen, wie sie will. "Ich bin angezogen wie in Alaska."

Auch ihr Nachbar Hartmuth W. hat seit acht Wochen die dicken Socken im Wohnzimmer an. "Für uns ist das wirklich ein Notfall. Ich bin 81 Jahre alt, ich bin den ganzen Tag daheim", sagt der Rentner. Junge Bewohner seien oft außer Haus und auf der Arbeit. "Aber für uns alte Leute ist das schon schlimm."

Rund 80 Wohnungen sind betroffen, 50 im Hochhaus, 30 im zweiten Gebäude. "Im Flachbau hat es in den Wohnungen etwa 18 Grad, im Hochhaus teilweise nur 14 Grad", berichtet Hartmuth W., der sich bei den Nachbarn umgehört hat: "Jetzt sitzen wir hier und frieren." Er habe sich jetzt auch eine Erkältung zugezogen, was die Sache nicht einfacher mache.

Beide Anwohner berichten, dass sie der Hausverwaltung schon an Weihnachten den Defekt gemeldet hätten. Die Wohnungen in der Kloster-Banz-Straße 2 bis 4 werden von der Joseph-Stiftung im Auftrag einer Eigentümergemeinschaft verwaltet. "Die Joseph-Stiftung weiß seit Wochen von dem Defekt. Passiert ist seither gar nichts", kritisieren die beiden frostgeplagten Bewohner.

Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt die Joseph-Stiftung den Defekt. "Die Wohnungen werden von insgesamt zwei Heizkesseln beheizt. Einer von diesen war seit Weihnachten 2018 defekt", erklärt Thomas Heuchling.

Der Pressesprecher berichtet, dass unmittelbar nach Bekanntwerden des Schadens eine Heizungsfirma beauftragt worden sei. Ein Heizbetrieb sei auch mit einem Kessel möglich. Allerdings könne die Anlage so nicht ihre volle Leistung abrufen. Dementsprechend wird es in den Wohnungen kälter.

"Erst ab der zweiten Januarwoche, als die Temperaturen deutlich und dauerhaft in den Minusbereich fielen, haben einige Mieter einen Verlust der Wärmeleistung bemängelt", widerspricht Heuchling den Bewohnern. "Die Lieferzeit des Dichtmittels von rund einer Woche, eine zweitägige Aushärtungszeit des Mittels, diverse Angebotserstellungen sowie Feiertage und Urlaubszeit über Weihnachten und den Jahreswechsel haben die Reparaturdauer leider in die Länge gezogen." Heuchling betont: "Die Joseph-Stiftung bittet die betroffenen Mieter, auch im Namen der Eigentümer, hierfür um Entschuldigung."

Was die schnelle Behebung des Defekts verzögert hat, ist auch die Eigentumsstruktur in dem Komplex. Die Joseph-Stiftung ist nur Verwalter, nicht aber Vermieter. Alle Eigentümer sind über eine Vereinigung organisiert. Über gewählte Beiräte, von den Eigentümern bestimmte Interessensvertreter. Das erfordert Absprachen. Das erfordert Konsens. Das zieht sich gerne einmal in die Länge. "Das Problem ist, dass keine Einigkeit besteht", erklärt Hartmuth W. "Viele hier sind sauer", sagt Irmgard P. dazu.

Warme Worte reichen nicht

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Schadens gab es laut Joseph-Stiftung Vororttermine mit den Beiräten, der Heizungsfirma und einem Ingenieurbüro. Die anfängliche Überlegung, den defekten Kessel durch einen neuen zu ersetzen, wurde demnach verworfen. "Es wären zusätzlich aufwendige Arbeiten am Kamin nötig gewesen und man hätte einen mittleren fünfstelligen Betrag in ein veraltetes System investiert." Für die Zukunft steht außerdem im Raum, den Wohnkomplex an das Fernwärmesystem der Stadtwerke anzukoppeln. Warum also vorher groß investieren? Alle Schritte erfordern allerdings erneut einen Beschluss der Eigentümerversammlung. Man entschied sich für die Reparatur.

Zufall oder nicht: Nach der Presseanfrage am Montag ging es dann plötzlich sehr schnell. "Laut Heizungsfirma sollte die Anlage seit Dienstag wieder mit beiden Kesseln laufen. Allerdings hat sich ein Teil des Dichtmittels gelöst und eine Pumpe verstopft. Dieses Problem wurde am Mittwochmorgen behoben", versicherte Stiftungssprecher Heuchling gestern. Im Laufe des Tages sei die Vorlauftemperatur angestiegen und man habe Rückmeldungen der Mieter erhalten, dass die Heizungen wieder ihre volle Wärmeleistung bringen würden. "In den kommenden Wochen wird die Heizungsanlage täglich von der Wartungsfirma geprüft." Sollten erneut Probleme auftreten, setze die Joseph-Stiftung umgehend ein mobiles Heizgerät ein, verspricht der Verwalter.

"Heute morgen hat es mal kurz 20 Grad gehabt in meiner Wohnung, aber jetzt ist es wieder abgekühlt": Irmgard P. will den warmen Worten am Mittwochnachmittag noch nicht so recht glauben. Erst wenn der Heizkörper dauerhaft warm bleibt.