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Käferbäume? Gefahr in Verzug!


Autor: Anette Schreiber

LKR Bamberg, Dienstag, 05. Februar 2019

Kleine Käfer, große Wirkung: Vom Borkenkäfer befallene Bäume sind forstwirtschaftlich "tickende Zeitbomben" und müssen aus dem Wald.


Friedrich Lindner blutet das Herz. "Der auch noch!" Der Blick des Landwirts wandert traurig den fast 40 Meter langen Stamm einer stolzen, etwa 80-jährigen Fichte nach oben. Die fehlende Rinde sticht auch dem Laien ins Auge. Ebenso die grell-orangefarbene Markierung. Das Todesurteil sozusagen.

Revierleiter Michael Bug hat auch hier die Spraydose zücken und die Fichte kennzeichnen müssen: Ein Käferbaum, und der muss so schnell wie möglich aus dem Wald. "Den hätte ich eigentlich als Bauholz für meine Kinder aufheben wollen", sagt der Haupterwerbslandwirt. Stattdessen muss er den stattlichen Baum nun schnellstmöglich fällen und auf den Markt bringen.

Da kommt dann Patrick Hammerschmidt ins Spiel: Er ist Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung (WBV) Bamberg. der Hohenhäuslinger Lindner ist eines von rund 2400 Mitgliedern, die zusammen über rund 11 500 Hektar Wald verfügen. Beim Management hilft die  WBV vom Beraten übers Bewirtschaften bis hin zur Vermarktung. Kostenlose Beratung leistet auch der Forst, in Lindners Fall ist das eben Michael Bug, dem das Forstrevier Steinfeld untersteht und damit auch die Zusammenarbeit mit Lindner.

Und dem bescheinigen Bug und sein Chef Michael Kreppel, stellvertretender Leiter des Forstamtes Scheßlitz. Gerade nach dem witterungstechnischen besonderen Jahr 2018 kommt der intensiven Pflege des Waldes große Bedeutung zu: Zu großer Hitze gesellte sich langanhaltende Trockenheit mit extrem wenigen Niederschlägen. Insgesamt waren es nur 40 Liter, während es ansonsten jährlich 350 bis 400 Liter sind. "Das hat die Bäume und insbesondere die Fichten geschwächt", erklärt Kreppel.

Käfer gehören dazu

Borkenkäfer, die in Buchdrucker und Kupferstecher unterteilt werden, gibt es immer im Wald, sie gehören sozusagen dazu. Bohren sie in die Rinde eines gesunden Baumes, wehrt der sich mit Harzbildung. Harz, ist eine Art Wundsekret und Abwehrstoff. Doch um dieses zu bilden, braucht der Baum Wasser. Genau das hatten sie im vergangenen Jahr nicht. Fazit: Im wahrsten Sinn ein gefundenes Fressen für Borkenkäfer. Und der schlug dann invasionsartig zu, zeigen die Schilderungen der Forstfachleute.

Wie Forstanwärter Sebastian Feulner deutlich macht, bohrt immer zuerst ein Männchen ein Loch in die Rinde, baut dort eine sogenannte Rammel-Kammer und lockt im Schnitt zwei Weibchen zur Begattung an. Jedes davon legt etwa 150 Eier, wovon die Hälfte wieder Weibchen werden. Statt zwei Generationen gab es vergangenes Jahr drei. Womit nur ein Borkenkäferweibchen über 100 000 weitere Borkenkäfer nach sich zieht, macht Kreppel die Ausmaße deutlich.

Genau deswegen war und ist es wichtig, dass Waldbesitzer ihre Bestände regelmäßig anschauen. So wie es Friedrich Lindner praktiziert hat und weiterhin praktiziert. Wie wichtig das ist, zeigt wohl schon das aktuelle Beispiel mit der neu entdeckten befallenen Fichte. "Ich war mir so sicher, dass sie nicht befallen war", merkt der 60-Jährige dazu an.

Wochenlang waren er und seine ganze Familie täglich acht Stunden im Wald, um die Käferbäume zu fällen und abzutransportieren. Und auch jetzt kontrolliert er seine Bestände mindestens alle zwei Tage, um immer noch neue Käferbäume zu entdecken.

Sie zu entfernen ist das einzige Mittel der Wahl. Denn wenn Käferbäume oder von den Käfern befallene Holzteile, und wenn es nur Äste am Boden sind, im Wald bleiben, dann schwärmen die Käfer aus. Das tun sie bei Temperaturen etwa ab 16,5 Grad. Deswegen drängt die Zeit, betonen die Forstexperten.

Die insgesamt etwa 15 000 Personen im Landkreis Bamberg, denen Wald gehört, haben hier gar keine Wahl: Es gibt eine borkenkäferbezogene Bekämpfungsanordnung der Regierung von Oberfranken, die in dem jeweiligen Mitteilungsblättern veröffentlicht wurde und bindend ist.

"Die Forstverwaltung muss tätig werden", unterstreicht Kreppel. Das heißt, wenn Waldbesitzer nicht tätig werden, drohen Zwangsgelder - durchaus mehrere Hundert bis 1000 Euro - sowie Ersatzvornahmen, dass also Fachleute mit Fällen und Abtransport beauftragt werden und der Waldbesitzer die Kosten tragen muss. Aber so weit sollte es nicht kommen. Kreppel appelliert deswegen an die Vernunft.

Zeitpunkt noch gut

Was geschieht, wenn das Käferholz aus dem Wald ist? Verwertbares wird abtransportiert - etwa zu Sägewerken. Kronen und Äste müssen in jedem Fall etliche Hundert Meer von Waldrändern entfernt gelagert werden. Damit die Käfer beim Ausfliegen sich nicht gleich wieder auf Bäume stürzen können. Äste und Kronen werden gehäckselt und als Brennstoff genutzt.

Jetzt sei noch ein guter Zeitpunkt, Käferholz zu vermarkten: Aus den schneereichen Gebieten kann derzeit nichts geholt und zur Weiterverarbeitung transportiert werden so WBV-Geschäftsführer Hammerschmidt. "Wer jetzt schnell ist, kriegt sein Holz weggefahren." Er weiß auch, dass 80 Prozent der Waldbesitzer ihr Holz nicht selbst machen. Und: In regulären Jahren fallen bei seiner WBV einige Hundert Festmeter Käferholz an, aber 2018 waren es 7000.

"Es war ein extrem guter Bestand," seufzt Lindner mit Blick auf eine recht lichte Waldfläche. Auf etwa 3000 Quadratmetern hat er rund 150 Bäume vorzeitig fällen müssen, aber bevor noch mehr befallen werden, der einzige Weg. Zum Glück hat er seinen Wald gut gepflegt, so dass inzwischen etliche Baumarten am Wachsen sind. Nur noch ganz wenige Fichten übrigens.