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"K.o.-Tropfen"-Prozess: Urteil wegen fahrlässiger Tötung


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Donnerstag, 10. Dezember 2015

Das Urteil im Mordprozess gegen einen 24-Jährigen ist gefallen: Er wurde vom Landgericht Bamberg wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
Der Angeklagte (links) mit seinem Verteidiger Jochen Kaller im Landgericht Bamberg. Foto: Nicolas Armer/dpa


Nach dem Urteil wurden dem 24-Jährigen die Fußfesseln abgenommen. Er konnte am Donnerstagabend vom Gerichtssaal direkt nach Hause gehen und musste nicht in die Justizvollzugsanstalt zurück. Doch ist er kein freier Mann. Das Schwurgericht des Landgerichts Bamberg verurteilte ihn zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe, die er antreten muss, sobald das Urteil rechtskräftig ist.

Verteidiger Jochen Kaller zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ausgang. Schließlich war sein Mandant wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Das Gericht verurteilte ihn nun wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung - darauf hatte auch der Verteidiger plädiert.


Staatsanwaltschaft forderte siebeneinhalb Jahre

Bis zuletzt hatte dagegen Staatsanwalt Markus Reznik an der Mordanklage festgehalten. Er forderte siebeneinhalb Jahre Haft für den Mann. Dieser hat aus Anklagesicht billigend den Tod eines 27-Jährigen und eines heute 25-Jährigen in Kauf genommen.

Vor fast einem Jahr hatte der Beschuldigte Gammabutyrolacton (GBL) - sogenannte "K.o.-Tropfen" - in einer Flasche zur Party mitgebracht. Die beiden Männer tranken daraus unkontrolliert. Nach dem Konsum war der 27-Jährige an Heiligabend 2014 im Klinikum Bamberg gestorben, weil zu spät der Notarzt gerufen worden war. Der Jüngere überlebte nur knapp.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wusste der Beschuldigte, dass der Konsum von GBL lebensbedrohlich sein kann. Er habe mit der Flasche eine Gefahrenquelle geschaffen und hätte deshalb die Pflicht gehabt, sofort zu handeln, nachdem er bemerkt hatte, dass das spätere Opfer viel erwischt hatte. Doch habe er nichts unternommen. "Er hatte Angst, dass bei einem Notruf auch die Polizei verständigt wird", so Reznik.

Anders als der Staatsanwalt gingen die Richter nicht von einem bedingten Vorsatz aus. Das verdeutlichte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt in der Urteilsbegründung. Der Beschuldigte habe wohl nicht mitbekommen, wie schlecht es den beiden Konsumenten gegangen sei. Auch habe er vor der Einnahme der Droge GBL gewarnt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann keine Fluchtabsichten hatte. Er sei schließlich, nachdem die Party aufgelöst worden war, mit einer Zeugin normal nach Hause gelaufen.


Auch in die Entziehungsanstalt

Der Angeklagte sei dennoch schuld am Tod des 27-Jährigen und dem damals kritischen Zustand des heute 25-Jährigen. Er sei knapp an einer Verurteilung wegen Mordes vorbeigeschrammt, betonte Schmidt. Schließlich habe der Beschuldigte die gefährliche Droge in großer Menge (über 250 Milliliter) bei sich gehabt. In der Wohnung musste er damit rechnen, dass die Partygäste, die alkoholisiert waren und zum Teil unter dem Einfluss anderer Drogen standen, leichtfertig aus der Flasche trinken würden. Er selbst wusste schließlich, dass davon nur wenige Milliliter genommen werden dürften.

Der Verurteilte hat bereits ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbracht. Demnach muss er von der Strafe noch zwei Jahre verbüßen. Einen Teil davon soll er in einer Entziehungsanstalt verbringen, um seine Mehrfachabhängigkeit von chemischen Drogen in den Griff zu bekommen. Er müsse aus dem Teufelskreis herauskommen, "sonst nimmt Ihr Leben keine entscheidende Wendung", so Schmidt zum Verurteilten. Das Geschehen sei tragisch für alle Beteiligten. Ein Gutes habe der Prozess allerdings: Durch die vielen Berichte in der Presse sei die große Gefahr, die von GBL ausgehe, verdeutlicht worden.