Aus Plastikmüll: Junger Oberfranke baut ein Recycling- Dorf auf Sumatra
Autor: Diana Fuchs
Bamberg, Donnerstag, 08. August 2019
Auf der indonesischen Insel Sumatra entsteht ein Recycling-Dorf, das Menschen helfen, Tiere retten und die Umweltverschmutzung aufhalten soll. Oberfranke Sebastian Keilholz (25) treibt das Projekt mit Hilfe von Freunden und Einheimischen maßgeblich voran.
Uns prägt, was wir erleben. Was wohl der junge Mann für eine Geschichte hat, der per Fahrrad zum Interview kommt? Seine Klamotten sind bunt, aber er strahlt eine große Ernsthaftigkeit aus. Schnell wird deutlich: Das ist keiner, der auf Dinge wie "mein Haus, mein Auto, mein Pferd" hinarbeitet. Sebastian Keilholz denkt an die Zukunft. Aber nicht zuerst an seine eigene.
Ein schrecklicher Unfall in Neuseeland, bei dem eine Freundin zu Tode kam, änderte alles. "Es kam plötzlich nicht mehr infrage, weiterzumachen wie bisher", sagt der 25-Jährige. "Ich war mir sicher: Ich will nicht zuschauen, wie die Welt den Bach runtergeht." Er wollte etwas tun. Aktiv werden gegen die Ungerechtigkeit auf der Welt. Dass es gleich auf den Bau eines Umweltschutz-Dorfes in Indonesien herauslaufen würde, war zunächst nicht abzusehen.
Sebastian Keilholz hatte sich um ein "normales" Leben bemüht. Nach dem Abitur hatte er Forstwirtschaft studiert, das Studium aber abgebrochen. Dann machte er auch mit der Ausbildung zum Erzieher Schluss. "Mir ging es nicht gut, vor allem seelisch nicht. Ich war nie Mainstream gewesen, schon in der Schule nicht. Oft habe ich mich wie ein Außenseiter gefühlt. Während der Ausbildung zum Erzieher kam das alles hoch." Staatlich anerkannter Kinderpfleger war Keilholz mittlerweile. "Ich hab' damals zu mir selbst gesagt: Leg' nen Stopp ein. Finde erst mal raus, wer du bist und was du willst." Seine Eltern waren nicht begeistert, als er ihnen sagte, er wolle nach Neuseeland. "Aber sie haben mir keine Steine in den Weg gelegt."
Bei einer mehrtägigen Wandertour mit zwei Bekannten durch die neuseeländische Natur geschah das Furchtbare: Beim Überqueren eines Flusses starb die junge Frau, die zu Sebastians Dreier-Team gehörte. "Sie wurde einfach von den Wassermassen fortgerissen.Wir konnten nichts tun."
Wieder daheim in Bamberg versuchte Sebastian das Geschehen aufzuarbeiten. Nach einiger Zeit nahm er, um Geld zum Leben zu verdienen, einen Job als Fundraiser an - Fundraiser sind Menschen, die professionell Spenden für gemeinnützige Zwecke sammeln. Er bekam Kontakt zu der jungen Bamberger Aktivistin Lila Behr, der Gründerin des Vereins "Gaia Protection", die auf Sumatra war und gesehen hatte, wie das dortige Naturparadies vermüllte. "Das hat mich interessiert. Ich habe ja für die Hilfsorganisation ,Plan International' Funraising für Projekte auf Sumatra betrieben."
Als Sebastian die Möglichkeit bekam, ein SOS-Dorf und zwei Hilfsprojekte, unter anderem von "Plan international", zu besuchen, fing er richtig Feuer: "Die Menschen, die dort arbeiteten, um anderen zu helfen, haben mich schwer beeindruckt. Mir wurde die Verantwortung bewusst, die jeder von uns hat. Jeder kann die Welt verändern, damit die kommenden Generationen nicht unter den Folgen unserer Konsumgesellschaft leiden müssen."
Im April 2018 flog der Bamberger nach Sumatra. "Ich war völlig fasziniert von der wundervollen Natur. Aber genauso erschrocken über deren enorme Verschmutzung und darüber, dass überall Urwald abgeholzt wird, um Palmöl-Monokulturen anzulegen", erinnert sich Keilholz. "Nach kurzer Zeit ist der Boden dann ausgelaugt und regeneriert sich nicht mehr, weil ihm der Nährstoffkreislauf fehlt." Die indigenen Völker auf Sumatra haben das Nachsehen, sie verlieren ihren Lebensraum. "Außerdem lag überall Müll herum, an den Ufern, in den Flüssen. Unglaublich viele Plastikflaschen waren darunter."