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Jetzt gibt's "die Bar, die's nicht gibt" in Bamberg


Autor: Petra Mayer

, Montag, 17. Sept. 2012

Mit Bars, die nur einen Abend lang existieren, sorgt Moritz Niederstrasser seit zwei Jahren in ganz Deutschland für Furore. In seiner ersten Filmdokumentation erzählt der Bamberger diese und viele andere Geschichten. Premiere feiert sein Leinwandprojekt am Samstag an der Regnitz im Lichtspielkino.
Von Bamberg aus startete Moritz Niederstrasser seine Karriere, die ihn nun wieder nach Bamberg zurückführt. Fotos: pr


"Scharf" liebte George W. Bush seine "Bloody Mary", die Moritz Niederstrasser unter schärfster Bewachung rührte und schüttelte. Während sich Gerhard Schröder als experimentierfreudiger Cognac-Fan zeigte und Angela Merkel an der Bar bei Tees und Säften blieb. Ja, für diverse Promis mixte der gebürtige Bamberger Bartender schon Drinks, der am 22. September nun als Initiator der "Bar, die es nicht gibt" an die Regnitz zurückkehrt. Im Lichtspielkino stellt der 30-Jährige ab 21 Uhr die "tatsächlich erste deutsche Filmdokumentation zur Barkultur" vor, wie der Franke betont, der in 16 deutschen Städten Locations aus dem Boden stampfte, feierte und sie anschließend wieder verschwinden ließ.

Ja, Moritz Niederstrasser ist unkonventionell - ein kreativer Kopf, der lieber unbequeme Wege geht als im Mainstream unterzugehen. Das zeigen Gespräche mit dem Bamberger, sein Werdegang und Erfolgsrezept: das Konzept eines gelernten Hotelfachmanns, der in renommierten Häusern wie Münchens Bayerischem Hof, dem Kempinski-Hotel "Vier Jahreszeiten" oder dem Grand Hotel Heiligendamm (vor seiner Insolvenz) arbeitete. Sich dann jedoch als Projektleiter im Consulting-, Promotion- und Eventsektor selbstständig machte und die "Bar, die es nicht gibt" ersann.

"Ich wollte Neues kreieren und die klassische Barkultur mit einem verrückten Konzept verbinden", meint Niederstrasser. Und zog eines Tages mit einem Kamerateam los, um zu dokumentieren, wie sich ein Bartender in Städten quer durch die Republik nachts mit Szene-Mixern und einem dementsprechenden Publikum trifft. Die außergewöhnlichsten Locations loteten die Protagonisten aus. Obgleich es der 30-Jährige selbst als verrückt bezeichnete, "knappe 5000 Kilometer durch Deutschland zu fahren, um mit Kollegen an sonderbaren Orten die Cocktailkultur zu zelebrieren".

Einer der Bartender, den Kinobesucher erleben, ist Florian Rupp. Er führte Studenten in einer Heidelberger Jugendstilvilla mit alten Tea Pot Shakern in die "Cocktailkunst" ein. Während Arnd Hennig Heissen seine Zelte in einem Kreuzberger Imbiss aufschlug und Drinks inmitten eines Ambientes fabrizierte, in dem sonst asiatische Hühnerkeulen und Süßkartoffelchips über die Tresen gehen. Statt dessen gab's nun auch den Cocktail "Sakura", der als Special zur Berliner Stippvisite im Booklet des Films näher erläutert wird.

Im Keller des Kaulbergs

Selbstverständlich führte die Tour um die Drink-Kultur nach Bamberg, wo Barmeister Peter Rosen mit Niederstrasser und zahlreichen Gästen im gerade leer stehenden Club Kaulberg logierte: "Einer Baustelle, auf der wir Säue durch den Ofen drehten, mit internationalen Hip-Hop-Beats instrumentalisierten und Interessenten an dem Abend sogar tätowierten." Obwohl sich der Bartender in Frankfurt mit einer eigenen Agentur etablierte, die er übrigens auch "Die Bar, die es nicht gibt" nannte, schlägt sein Herz eben weiter für die fränkische Heimat. Wo Niederstrasser vor Jahren das E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium besuchte, aber schon nach der mittleren Reife absprang, um im Hotel-Restaurant St. Nepomuk Hotelfachmann zu lernen. "Während mir mein Vater als Konrektor der Breitengüßbacher Grund- und Hauptschule den längsten machbaren Schulweg nahelegte. Nur bin ich nun mal ein Praktiker, kein Theoretiker."

Seine Liebe zur Barkultur entdeckte der Bamberger Jahre später im Grand Hotel Heiligendamm. "Mit der besten Benotung schloss ich mein Management Trainee im Food and Beverage Segment ab", erinnert sich 30-Jährige, "musste aber erkennen, welches Fachwissen mir im Barbereich fehlte, den ich leiten sollte". So bildete sich Niederstrasser weiter und sammelte als Manager diverser Gastronomieprojekte Erfahrungen - bis hin zur Whisky-Bar des Berner Lenkerhofes und der Bar des Frankfurter Fünf-Sterne-Hotels "Villa Kennedy". Dementsprechend schüttelte und rührte sich der Franke 2010 bis zum Deutschen Vizemeister des Bacardi Martini Grand Prix vor.

Export nach Slowenien

Sein Konzept der "Pop-up-Bars" führt Niederstrasser übrigens auch nach dem Leinwandstart weiter - "durch 26 deutsche und österreichische Städte allein in diesem Jahr und ab Herbst Slowenien". Einschlägige Literatur ist das Ziel der neuen Tour, nachdem die erste Etappe ein filmisches Kapitel prägte.

Ja, und was konsumieren deutsche Kanzler/innen an Bars, wie sie der Franke führte? "Gerhard Schröder ist ein Cognac-Fan, der bei mir diverse Sorten ausprobierte, aber nie zu den ganz teuren Posten griff - sehr sympathisch." Noch sparsamer orderte Angela Merkel Säfte und Tees statt Alkoholischem. "Sie tummelte sich an der Bar abends auch selten, während Schröder zu den ausdauernden Gästen zählte."

Bush rückte in Heiligendamm, wo Niederstrasser die Polit-Prominenz traf, übrigens mit einer Eskorte von 200 Begleitern an. "Scharf gewürzt liebte er seine ,Bloody Mary'", erinnert sich der Bamberger Bartender. Allerdings wurde der amtierende Präsident auch so scharf bewacht, "dass jeder Handgriff unter Beobachtung stand und man schwerlich frei arbeiten konnte". Was den Geschmack von Wodka mit Tomatensaft, Salz, Pfeffer und anderem nicht beeinträchtigen konnte. "Zumindest bedankte sich Bush zum Schluss auch bei mir als Mann an der Bar, der ihm seine Drinks gemixt hatte.