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Ist das Hochhaus in der Wunderburg eine Bausünde?


Autor: Andreas Thamm

Bamberg, Mittwoch, 25. Juli 2018

Vier Bauprojekte in der Wunderburg standen am Informationsabend im Pfarrsaal zur Diskussion. Im Mittelpunkt ein nicht unumstrittenes Hochhaus.
Dieses Gebäude soll das Autohaus Sperber am Kunigundendamm ersetzen - was in der Bürgerversammlung in der Wunderburg wenig Begeisterung auslöste. Foto: Klappan-Gruppe


Am Anfang der Präsentation von Architekt Florian Heim sind vor allem Grundrisse und Draufsichten zu sehen. Und die annähernd 100 Gäste im Pfarrsaal der Wunderburg lauschen still seinen Ausführungen zum Bauprojekt Kunigundendamm 80. Erst als die erste dreidimensionale Modellansicht, Perspektive Kunigundendamm, auf der Leinwand erscheint, entsteht eine Geräuschkulisse: Murren, angewidertes Stöhnen, "oh Gott".

Das vom Münchner Architektur- und Planungsbüro betreute Projekt ist nur eines von vieren, das an diesem Dienstagabend in der Bürgerinformationsveranstaltung diskutiert wird. Das mit dem größten Konfliktpotenzial.

Das Autohaus Sperber zieht an den Berliner Ring, dafür wird Wohnraum für etwa 290 Menschen geschaffen. Investor ist die Klappan-Gruppe. Nach der ersten Informationsveranstaltung im Februar haben sich Änderungen am Bauvorhaben ergeben. So ist nicht mehr von zehn, sondern acht Geschossen die Rede, der Wohnblock soll eine Durchwegung bekommen und die Tiefgarage direkt vom Kundigundendamm befahren werden.

Für die Anwohner aus der Wunderburg bleiben trotzdem drei Kernprobleme bestehen: Höhe, Parkplätze, Verkehr. Das Gebäude wird vom Looshornweg etwa 29 Meter hoch sein - wenn man die Aufbauten für das Treppenhaus mitrechnet. Rein juristisch kein Hochhaus, so Florian Heim, der sich dafür den Vorwurf der Augenwischerei gefallen lassen muss.

Dramatisch klingen die Szenarios hinsichtlich der Parkplatzsituation. Die Anwohner fänden keine Parkplätze mehr, parkten jetzt schon in zweiter und dritter Reihe. Gleichzeitig sind für Kundigundendamm 80 nur sieben Besucherparkplätze außen vorgesehen. "Die fahren dann alle bei uns durch ...", so ist zu hören. In der Theorie soll die großzügige Tiefgarage auch Besucher mit aufnehmen können.

Das erhöhte Verkehrsaufkommen jedenfalls könne der Kundigundendamm verkraften, so Ingo Jacobsen vom Planungsbüro Strunz. Den Berechnungen des Büros zufolge werde es sich um rund 340 Ein- und Ausfahrten aus der Garage pro Tag handeln. "Das hat kaum Auswirkungen auf den Verkehr." Zudem wird den Anwohnern eine neue Bushaltestelle in diesem Bereich in Aussicht gestellt.
Dass Wohnraum dringend gebraucht wird, insbesondere bezahlbarer, ist unzweifelhaft, auch bei Kritikern des Projekts. Die Frage bleibt: Ist das "Hochhaus" eine "Bausünde"? Andreas Burr, Leiter des Stadtplanungsamtes, verweist an diesem Abend mehrmals auf die Möglichkeit, sich die Pläne bis 17. September noch einmal in Ruhe anzuschauen, im Amt sowie online. Letzten Endes heißt es wie immer: "Geschmäcker sind verschieden."


Gute Kunde für Senioren

Deutlich besser kommen offenbar die anderen drei Bauprojekte an, auch wenn sie, wegen ihrer geringeren Größe auch auf geringeres Interesse stoßen. Das Gesundheitszentrum am Ulanenpark soll noch in diesem Jahr fertig gestellt werden, so Veit Bergmann, Geschäftsführer der Stadtbau. Hier wird es Ärzte, eine Apotheke, eine Tagespflege sowie 49 Eigentumswohnungen für Nutzer ab 60 Jahren geben.

Und das neue Gesundheitszentrum der Sozialstiftung. Jutta Weigand verspricht eine zukunftsfähige Form von Altenhilfe: dezentral, individuell und nah am bisherigen Sozialraum der Bewohner. Denn: "98 Prozent der Senioren wollen nicht ins Heim." Das Servicezentrum versetzt die Sozialstiftung daher in die Lage, Senioren auch in der Wunderburg zu Hause betreuen zu können.

Zuletzt der Komplex neuer Rewe - alter Nahkauf. Der Supermarkt im Ulanenpark wird am 15. November eröffnen, so Stefan Grob von Sontowski Immobilien. Etwa zur gleichen Zeit sollen auch die ersten der 57 neuen Wohnungen bezogen werden, rund 50 Prozent seien derzeit vermietet. Ein asiatischer Gastronom, bislang in Forchheim aktiv, wird sich neben dem Supermarkt niederlassen - inklusive Außenbestuhlung in Richtung Jägerstraße.

Die Parkplätze von Markt und Gastronomie, insgesamt 58, sollen den Anwohnern über Nacht kostenfrei zur Verfügung stehen. Dafür gibt's Applaus. Grob versucht die Parkplatz-Angst generell zu entschärfen: "Wir beobachten, dass die Parkplätze teilweise nicht abgerufen werden, weil die Leute urban leben wollen, ohne Auto. Wir können Tiefgaragen-Plätze an Anwohner aus der Wunderburg vermieten."

Schon rund drei Wochen vor der Eröffnung des Rewe-Marktes schließt der Nahkauf. Eine Versorgungslücke entsteht, unter der vor allem weniger mobile Senioren leiden werden.

Die Postler-Wohnanlagen realisiert dann an dieser Stelle ein Projekt, das schon vor vier Jahren hätte realisiert werden sollen, so Gerhard Haßfurther. Das Gebäude sei mittlerweile marode: "Wir haben schon ein Abo beim Dachabdichter." In der neuen Friedrich-Ebert-Straße 11-20 wird es sowohl Ein- als auch Fünf-Zimmer-Wohnungen geben. Da auch die Sozialklausel der Stadt erfüllt wird, macht das möglicherweise Hoffnung auf bezahlbare Mieten. Baubeginn ist Anfang 2019, Haßfurther geht von einer Bauzeit von 14 bis 17 Monaten aus.


Schwierige Wohnungssuche

Das ist nach wie vor das dringendste Anliegen abseits von Parkplätzen und Gestaltungswünschen: Ein junger Vater, eine alleinerziehende Mutter, alteingesessene Wunderburger sind sich einig: Man findet nix, wenn man hier wohnen will. Die Investoren gehen von zu hohen Quadratmeterpreisen aus.

Zweiter Bürgermeister Christian Lange (CSU) setzt darauf, das Wohnungsangebot auf dem Markt zu erhöhen. "Die Stadt wächst, die Schaffung von Wohnraum hinkt derzeit hinterher." Auch dank der Projekte in der Wunderburg werde das größere Angebot aber schon bald die Miet- und Kaufpreise eindämmen.