Druckartikel: inFranken trifft...: Unsere Reporter ziehen Fazit

inFranken trifft...: Unsere Reporter ziehen Fazit


Autor: Christian Pack, Günter Flegel, Klaus Angerstein

Bamberg, Mittwoch, 17. Sept. 2014

Treffer auf Felder und Flüsse, an Dorfränder und Waldwege: Zu Beginn der Sommerserie ist die Skepsis bei den drei Reporter doch recht groß. Nach sechs Wochen und tollen Erlebnissen ziehen sie aber ein positives Fazit.
Reporter Christian Pack



Franken - Einheit in Vielfalt
Von Günter Flegel
Zufallstreffer - kann das etwas werden? Franken besteht ja, wenn man sich die Landkarte anschaut, zum allergrößten Teil aus Nichts: Wälder und Felder, Seen, Brachland und Industriegebiete. Wie soll man da zufällig auf interessante Geschichten stoßen, Menschen treffen, die etwas zu sagen haben? Die Skepsis ist erst einmal groß, als es Richtung Steigerwald geht, in den Frankenwald und ins Unterfränkische. Baudenbach und Ebersbrunn, Rannungen und Sparneck ... Der Reporter von Infranken, er muss es zugeben, war da vorher noch nie, ja hat die Namen zum Teil noch nicht einmal gehört.

Spannend ist schon die Reise, immer dem Dartpfeil nach, die Vielfalt der fränkischen Landschaften erstaunt auch den Altfranken immer noch, ebenso die unübersehbare Tatsache, dass die neue Zeit vieles gleichmacht: überall die gleichen Windräder und Solardächer, die Kreisverkehre und Gewerbegebiete mit der immer gleichen Werbung der immer gleichen Discounter. Verschwindet das Fränkische? Nein, es verschwindet nicht. Der Blick auf die vom Pfeil aufgespießten Plätze, sei es eine Wiese, ein Acker, ein Waldweg oder ein Dorfrand, offenbart viel Typisches. Das Verschachtelte, liebevoll Verkrutschelte, vielleicht a weng Chaotische ist vielen Dörfern erhalten geblieben, oft halt versteckt unter der Oberfläche der Baumarkt-Romantik in den Siedlungen und der bisweilen doch sehr standardisierten Dorf-Erneuerung.

Die Dörfer werden erneuert, und sie werden immer älter. Demographie. Zauberwort und Schreckgespenst - in Franken übrigens schon immer. Bei der Begegnung mit den Menschen in Franken spielt es allenfalls am Rande eine Rolle. Die Franken sind stolz auf ihre Heimat, leben gerne da, wo sie leben, ohne es mit der Heimatliebe zu übertreiben. Manchem ist es wohl einfach auch nur liebevoll wurst. Die fränkische Liebenswürdigkeit ist quer durch die Bezirke borstig geblieben, egal, ob der Main Maa oder Mee heißt, ob der Frühschoppen ein Schoppen ist und das Feierabendbier ein Seidla.

Liebenswürdig sind sie, die Franken, selbst wenn sie den Reporter mehr oder weniger sanft aus dem Wirtshaus scheuchen, weil sie am Stammtisch ihre Ruhe haben wollen. Sie haben ja Recht. Franken, das zeigt die Reise auch, war und ist ein Schmelztiegel. Unglaublich die Vielfalt der Einflüsse, die man entdecken kann, etwa in Baudenbach, wo die Namen österreichischer Glaubensflüchtlinge, die hier eine neue Heimat fanden, die Jahrhunderte überdauert haben. Es waren lauter Zufallstreffer - aber ins Nichts segelte keiner meiner Pfeile!


Eine unglaubliche Erfahrung
Von Klaus Angerstein
So ein Schmarrn. Zugegeben, das war mein erster Gedanke, als die Geschichte mit den Dartpfeilen und der Frankenkarte aufkam. Als ich dann auch noch mit einem meiner Pfeile mitten in den Altmain bei Limbach warf, hätte ich am liebsten hingeschmissen. Wo bitteschön, sollte ich mitten auf dem Wasser jemanden treffen, mit dem ich mich unterhalten könnte? Die anfängliche Skepsis wich zunehmender Begeisterung. Auch weil viele Leser toll reagierten. Eine frühere Röslauerin, die zwischenzeitlich in Baiersdorf heimisch geworden ist, schickte mir gleich nach der Veröffentlichung des ersten Artikels eine E-Mail, pries ihre frühere Heimat über den grünen Klee. Als ich, der ich noch nie in der Gegend war, Röslau besuchte, konnte ich die Begeisterung verstehen.

Oder die Helferin meines Zahnarztes. Seit zig Jahren kenn ich die von der regelmäßigen Untersuchung. Ein zurückhaltendes Mädel, mit dem ich prinzipiell nie ein Wort wechselte. Was ja auf dem Stuhl des Zahnarztes auch etwas schwierig ist. Heuer war's anders. Mit einem Mal machte sie den Mund auf. Erzählt mir, wie toll sie die Idee mit den Pfeilen fand. Ich war - offen gestanden - baff. Und fand selbst immer mehr Gefallen an den Geschichten. Bei normalen Terminen, weiß der Reporter, was auf ihn zukommt. Die Themen sind ebenso bekannt wie deren Protagonisten. Bei den Infran-ken trifft-Geschichten war alles anders. Du fährst früh los und hast überhaupt keine Ahnung, was passieren wird. Eine neue, eine unglaubliche Erfahrung. Und eine außerordentlich spannende dazu. Weil man es nicht mit Bürgermeistern, Landräten oder Abgeordneten zu tun hat, sondern mit Zufallsbekanntschaften. Menschen, die dir einfach so über den Weg laufen. Einfach verrückt, was da passiert.
Da begegnet dir auf dem Wasser ein Ungar, der sich seinen Lebenstraum erfüllt und mit dem Boot auf dem Weg ist von Rotterdam nach Budapest. Den triffst du auf dem Main, einfach so. Genauso unglaublich die Rohrbacher, die ihre Partys im Steinbruch in halbierten Badewannen feiern.

Ohne meine ausgefeilte Wurftechnik hätte ich auch den Friseur in Bad Neustadt nicht kennen gelernt, dessen Struwelpeter-Geschäftsidee ich großartig fand. Toll auch die Mazedonierin in Röslau, die um nichts in der Welt ihre neue Heimat im Fichtelgebirge verlassen würde. Es waren hochinteressante Wochen, die ich nicht mehr missen möchte. Weshalb ich den Kollegen vorschlagen werde, diesen "Schmarrn" nächstes Jahr unbedingt zu wiederholen.


Sechsmal ein Volltreffer
Von Christian Pack
Den Satz, den ich bei meinen sechs Infranken trifft-Reportagen am häufigsten gehört habe: "Das ist ja spannend." Die Menschen, denen ich auf Feldern, Wiesen und an Flüssen begegnet bin, sind begeistert, interessiert und fast ein wenig neidisch wenn sie erfahren, warum ich mit Stift, Schreibblock und Kamera quer durch das schöne Frankenland wandere. Fast alle meine Dartpfeile hatten sich in die unberührte Natur Mittel- und Oberfrankens gebohrt. Sprich: Im direkten Umkreis gab es fast immer ganz viel Grün und ganz wenig Zivilisation. Enttäuscht wurde ich aber trotzdem nie. Sechs Würfe auf die Franken-Karte, sechs mal ein Volltreffer.

Auf meinen Entdeckungsreisen begegneten mir freundliche, authentische Franken, die mich anfangs zwar meist etwas argwöhnisch beäugten, mir dann aber bereitwillig von ihrem Leben und ihrer Heimat erzählt haben. Ich lernte Wahlfranken kennen, die sich in ihrer neuen Heimat mittlerweile pudelwohl fühlen und hier nicht mehr weg wollen. Und ich entdeckte, wie vielfältig und schön die fränkische Natur ist. Ob im Aurachtal, an der Wiesent oder am Camping-Fluss: Überall hätte ich getrost länger bleiben können.

Eines hat mich besonders positiv überrascht und nachhaltig geprägt. Nicht nur bei meiner ersten Station im beschaulichen Örtchen Roschlaub hatte ich mir im Vorfeld immer die gleiche Frage gestellt: Was soll ich denn dort erleben? Doch die Skepsis war unbegründet. Wer offen auf fremde Menschen zugeht, wird nicht enttäuscht und erlebt Spannendes. Egal wann, egal wo. Da fährt mich ein Roschlauber mit seinem grünen Traktor durch den Wald. Da nimmt sich der Platzwart des "Maincampings" Zeit, lädt mich zu einem Espresso ein und zeigt mir seinen Arbeitsplatz. Da treffe ich mitten im Wald bei Siegersdorf eine sympathische Schnaittacherin, die für eine Alpenwanderung trainiert. Da zeigt mir ein älterer Herrnsdorfer einen verwunschenen Felsen-Bierkeller. Da landet der Dartpfeil in einem Naherholungsgebiet von Herzogenaurach, das sich als meditativer Gesundheitswald entpuppt. Und da treffe ich einen gebürtigen Münsteraner, der sich - obwohl noch nie dort gewesen - ein Haus in der Fränkischen Schweiz gekauft hat, um dort seinen Lebensabend zu verbringen.

Kurzum: Die Serie "Infran-ken trifft" war für mich nicht nur aus journalistischer Sicht eine echte Bereicherung. Die sechs Touren haben mir überaus ereignisreich auch die Vielfalt Frankens näher gebracht. Gerne wieder!