Druckartikel: In welche Richtung steuert Maschinenbau Leicht?

In welche Richtung steuert Maschinenbau Leicht?


Autor: Sebastian Schanz

Hallstadt, Mittwoch, 29. Januar 2020

Im krisengebeutelten Hallstadt haben auch Mitarbeiter der Maschinenbaufirma Leicht Sorgen. Probleme gibt es tatsächlich. Die Führungsriege kündigt Stellenabbau an - will mittelfristig aber wachsen. Rückenwind kommt aus München.
Foto: Sebastian Schanz


Der Wirtschaftsstandort Hallstadt wurde in den vergangenen Monaten immer wieder von heftigen Beben erschüttert, deren Epizentren bei Michelin und Brose lagen. Werkschließung hier, Stellenabbau dort. Kein Wunder, dass die Unsicherheit groß ist - auch bei anderen Technikunternehmen.

"Ich höre die ganze Zeit nur Berichte über Michelin und Brose. Ist Ihnen vielleicht entgangen, dass die Mitarbeiter der Firma Leicht um ihre Arbeitsplätze bangen?", schreibt ein Leser unserer Redaktion und berichtet von finanziellen Problemen, wechselnden Geschäftsführern und Stellenabbau. Es blieb nicht bei dieser kritischen Einzelstimme. Wir haben nachgehakt.

Was sagt die Führungsriege zu den Vorwürfen? "Die Situation ist insgesamt nicht besser geworden, was an der Konjunktur liegt", räumt Rolf Welzmiller ein, der seit November als Geschäftsführer tätig ist. "Die Aufträge sind nicht mehr so, wie sie waren. Darauf müssen wir reagieren, unter anderem durch Personalanpassungsmaßnahmen. Dafür sind wir im Gespräch mit dem Betriebsrat." Gibt es eine Hausnummer in Sachen Stellenabbau? "Nein", antwortet Eigentümer Gerhard Mey. "Wir wollen hier gemeinsam mit unserem Betriebsrat zu einer Einsicht kommen und nichts vorwegnehmen."

Ende vergangenen Jahres hatten Mey und Welzmiller bei einer Vollversammlung ähnlich gesprochen. Kurz vorher war der damalige Leicht-Geschäftsführer überraschend verstorben. Mit Welzmiller hat Mey nun einen alten Vertrauten aus der großen Industrieholding seiner Münchener Unternehmerfamilie auf dem Posten platziert. Die beiden kennen sich seit 25 Jahren. Mit Welzmiller solle Kontinuität in die Führungsebene einkehren, sagt Mey. Der 63-jährige Unternehmer ist Gesellschafter beim Automobilzulieferer Webasto, der gerade mit Corona-Virus-Fällen zu kämpfen hat. Als Privatmann wollte er 2017 den Fußballverein 1860 München kaufen - bisher ohne Erfolg. Seine Industrieholding setzt den Fokus auf die Bereiche Maschinenbau und Automotive - da passt Leicht in Hallstadt ins Portfolio. Dort ist kein Geheimnis, dass finanzielle Schwankungen durch Geld aus München aufgefangen wurden.

"Ich stehe absolut zu dem Investment. Auch wenn das nicht zu allen Zeiten so leicht war. Aber ich komme aus einer großen Industriellenfamilie. Wir machen nichts Leichtfertiges, sondern stehen zu den Themen", versichert Mey. Zusammen mit Welzmiller gibt er sich im Gespräch mit unserer Zeitung aber selbstbewusst, was Stärken Leichts angeht. Schweißbau, Drehen, Fräsen, Schleifen, Großteile, Oberflächenbeschichtung, Montage und Qualitätssicherung: "Unsere große Trumpfkarte ist unsere Präzision", sagt Mey und nennt Kunden wie DMG Mori, Sauer, Forst, Klingenberg im gesamten deutschsprachigen Raum. "Auf dieser Klaviatur wollen wir weiter spielen", kündigt Welzmiller an: sich breit aufstellen in den Bereichen Werkzeug- und Sondermaschinenbau, Energiewirtschaft, Schiffs-, Bahn-, Wehrtechnik und Großanlagenbau.

80 Prozent der Mitarbeiter bei Leicht haben demnach dort gelernt - auch künftig wolle man den Fokus auf die eigene Ausbildung legen, um Fachkräfte zu sichern. Aktuell nennt der Geschäftsführer 50 Auszubildende.

Investieren will man heuer auch am Standort: 2020 soll ein Jahr der Optimierungen werden. Welzmiller will einen siebenstelligen Betrag in die Maschinenoptimierung und -erneuerung stecken. Positives berichtet er auch von einem "sehr interessanten Projekt im Bereich Energie, wo wir Schlüssellieferant sind". Positives ist auch unter Mitarbeitern zu hören. Eine gute Stimmung herrsche in seiner Abteilung, berichtet ein Beschäftigter, vor Stellenabbau fürchte er sich aktuell nicht, auch wenn er keinen Einblick in die Buchhaltung habe.

Dort werden keine Partys gefeiert. Die Tendenz ging in den vergangenen Jahren nach unten. Aktuell liegt Maschinenbau Leicht bei rund 35 Millionen Euro Jahresumsatz. Mey kündigt jedoch an: "In zehn Jahren werden wir die 100-Millionen-Euro-Grenze beim Jahresumsatz durchstoßen haben." Für diese Verdreifachung werde man auch bei der Mitarbeiterzahl "trotz Automatisierung eine signifikante Erhöhung haben, vor allem im Produktionsbereich", sagt Welzmiller.

Es sind Worte, die bei der Gewerkschaft gern gehört werden. "Es ist absolut zu begrüßen, wenn der Eigentümer zu der Firma steht und Perspektiven sieht", sagt Matthias Gebhardt, erster Bevollmächtigter der zuständigen IG Metall Bamberg. Er mahnt aber: "Wenn die Firma Stellenabbau plant, dann ist es wichtig, das mit dem Betriebsrat abzustimmen. Der Werkzeugkasten sozialverträglicher Lösungen ist groß, die Regularien sind eingespielt." Die Marktsituation im Maschinenbau schätzt auch die Gewerkschaft als "keinen leichten Bereich" ein.

Kommentar des Autors:

Unter Insidern werden Gerhard Mey und seine Holding in Hallstadt gelobt. Dafür, dass sie finanzielle Schwankungen bei Maschinenbau Leicht abfedern und eine gewisse Ruhe reinbringen. Münchner Selbstvertrauen einer Großholding, die in der Finanzwelt für viele Beteiligungen und eher langfristige Entwicklungen bekannt ist.

Wachsamkeit ist für Gewerkschaft und Betriebsrat dennoch gefragt, wenn das ebenso ungelenke wie beschönigende Wort "Personalanpassungsmaßnahme" im Chefbüro genannt wird. Wenn allerdings langfristig von einer Vergrößerung die Rede ist, klingt das zumindest hoffnungsvoll. Mehr aber erst einmal noch nicht.

Für Hallstadt hat die ehemalige Firma des Unternehmers Josef Leicht nach einem halben Jahrhundert des kontinuierlichen Aufbaus einen noch zentraleren Stellenwert erhalten, als Michelin auf der anderen Stadtseite die Schließung angekündigt hat. Leicht wird nach dem Weggang der Franzosen Hallstadts zweitgrößter Arbeitgeber sein.