In Bamberg wird über einen "kurzen Bahntunnel" diskutiert
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 13. Sept. 2016
Warum einen langen Tunnel unter Bamberg bauen, wenn es auch ein kurzer täte? Der Vorschlag einer kombinierten Lösung stößt auf spontanen Zuspruch.
Ist es eine gute oder eine schlechte Nachricht? Die für Ende des Jahres geplante Bürgerbeteiligung für den Bahnausbau verschiebt sich nach hinten und mit ihr vermutlich auch die Entscheidung des Stadtrats für eine der verbliebenen Trassenvarianten. Wollen die Bamberger nun den Ausbau im Bestand oder einen Tunnel? Oder gibt es gar einen Kompromiss in Form einer Kombilösung, eines "halben Tunnels" bis zur Geisfelder Straße?
Ausgerechnet die Bahn, die das ehrgeizige Ziel einer Trassenentscheidung bis 2017 diktiert hatte, ist nun einen Teil ihrer Hausaufgaben schuldig geblieben. "Wir warten auf die eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung. Sie war schon vor Monaten zugesagt", sagt Claus Reinhardt aus der Bauverwaltung.
Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung - das Wortungetüm steht für eine ganze Reihe von Arbeitsaufträgen, die der Erledigung harren, die die Trassenwahl in Bamberg aber in eine ganz bestimmte Richtung lenken könnten. Da geht es um die befürchtet hohen Lärmwände von sechs Metern Höhe, es geht um den komplizierten Bauablauf für ein Jahrhunderprojekt, die Grundwasserprobleme durch Trogbauwerke und die in jedem Fall beträchtlichen Folgekosten für Bambergs Bürger.
Verwaltung für neues Gutachten
Auch die ohnehin raren Gärtnerflächen im Norden zwingen die Entscheider, Aussagen der Bahn in Frage zu stellen: So möchte das Baureferat ganz genau geprüft wissen, warum ein Tunnelbau ein deutlich größeres Verbindungsgleis Richtung Schweinfurt in der Nordflur erforderlich macht als der Ausbau im Bestand.
Ist es wirklich alternativlos, wie die Bahn darlegt oder hat Peter Gack Recht, der von einem fragwürdigen Bauwerk für nur wenige Güterzüge am Tag spricht? Einem externen Gutachten, das in all diesen Fragen Klarheit schafft, steht man in der Verwaltung mittlerweile offen gegenüber. Die Grünen und andere hatten eine solche Studie vor der Ablehnung der Ostumfahrung vergeblich gefordert. Nun bricht die Verwaltung eine Lanze dafür: "Wir greifen die Idee auf, weil wir glauben, dass es den Erkenntnisprozess in Bamberg voranbringt", sagt Reinhardt.
Externer Sachverstand kann der Debatte in Bamberg wohl kaum schaden. Dies gilt umso mehr, als sich seit kurzem eine dritte Variante im Rennen befindet, die manche Sympathien auf sich vereinen kann, obwohl eine Prüfung noch aussteht.
Die Idee einer kombinierten Lösung aus Tunnel im Süden und Ausbau im Bestand im Norden entwickelte sich spontan bei einer Ortsbegehung des Stadtrats Ende Juli an der Gleistrasse. Sie fand Gefallen bei Gärtner-stadträten, denen die möglichen Verluste von zehn Hektar wertvollster Anbaufläche schwere Sorgen bereiten. "Ich bin für die Lösung mit den geringsten Eingriffen", sagt Hans-Jürgen Eichfelder. "Das ist durchaus ein Lösungsansatz, weil er Vorteile für die Gereuth mit geringeren Eingriffen in die Gärtnerflur verbindet", meint Kollege Sebastian Niedermaier (SPD).
Mittlerweile sprechen auch CSU-Vorsitzender Helmut Müller, Heinz Kuntke (SPD), ebenso Peter Gack von den Grünen vom "Charme der Kombilösung".
Was ist dran an dieser neuen Idee? Hört man die Befürworter, so sprechen vor allem drei Punkte für den etwa einen Kilometer langen Tunnel in Trogbauweise. Er würde Lärmschutz für die Anwohner im Süden mit einer parkartigen Entwicklungsmöglichkeit auf der gedeckelten Gleistrasse kombinieren und die Einschnitte im Gärtnerland im Norden verringern. Daneben würde er sehr wahrscheinlich auch deutlich geringere Kosten als der geplante bergmännische Tunnel unter dem Bahnhof verursachen.
Ob die Kombilösung deshalb auch für die Deutsche Bahn eine Alternative wäre? Dazu mochte die Bahn am Dienstag nichts sagen. Sprecher Frank Kniestedt betonte aber, dass die Bahn großes Interesse an einer schnellen Lösung habe. "Wir wollen endlich Sicherheit".